Referat

Was bedeutet Opposition?

Christoph Mörgeli
Christoph Mörgeli
Nationalrat Stäfa (ZH)

Die SVP hat sich am 19. Oktober zur arithmetischen Konkordanz bekannt. Wir wollen weiterhin, dass SP, CVP und FDP mit uns gemeinsam die Regierung bilden. Die vier Regierungsparteien müssen gemäss ihrer Wählerstärke im Bundesrat vertreten sein. Konkret heisst das: Die CVP hat einen Sitz zugunsten der SVP abzutreten. Wir ziehen grundsätzlich eine SVP-Regierungsbeteiligung der Opposition vor, denn sie erlaubt es, von Anfang an und viel kreativer auf die politischen Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Damit die Konkordanz aber mehr ist als ein System von Verwaltern, muss sie mit neuem Leben erfüllt werden. Also gehören die besten Köpfe in die Regierung, die von ihrer Partei getragen werden und deren Positionen sie prononciert einbringen können.

Ende des „Doppelspiels“

Falls Christoph Blocher und Samuel Schmid von der Bundesversammlung nicht gewählt werden, zieht sich die SVP aus der Regierung zurück. Sollte nur einer der beiden Kandidaten gewählt werden und an seiner Wahl festhalten, erfolgt der sofortige und konsequente Ausschluss aus der Fraktion. Das gälte auch für alle nichtoffiziellen Gewählten unserer Partei. Warum?

Die Zeit der halbherzigen Lösungen, des uns aufgezwungenen „Doppelspiels“ ist endgültig vorbei. Wir können und wollen nur dann Verantwortung für die Regierung übernehmen, wenn wir unsere Politik auch mit den stärksten und fähigsten Vertretern im Bundesrat einbringen. Mit Kandidaten überdies, die von der Fraktion offiziell nominiert wurden und so deren Rückhalt geniessen. Wir akzeptieren keine Regierungsbeteiligung mehr, in der die SVP nicht ihrer Stärke gemäss vertreten ist. Das gilt auch für alle anderen Parteien einer Proporzregierung. Von der Angewohnheit, den anderen Parteien jeweils einen unliebsamen Vertreter in die Regierung zu wählen, müssen wir uns verabschieden. Sonst vergiften wir nur die Zusammenarbeit.

Die Bundesratswahlen dürfen auch nicht zum Tag der Revanche verkommen, an dem die Verlierer und Versager – dank geheimer Wahl – dem Erfolgreicheren endlich heimzahlen können, was sie selber verpasst haben. Eine solche, übrigens parteienübergreifende Koalition rachsüchtiger Spiessbürger darf nicht zur dominierenden Kraft bei Bundesratswahlen werden.

Was heisst Opposition für uns?

Woher kommt die Opposition in der Schweiz? Von unten. Vom Volk. Mit den Instrumenten der direkten Demokratie. Mit Referendum und Initiative opponiert das Volk gegen die verordnete Politik von oben. Unser Weg in die Opposition ist also der Weg von unten. So mussten wir es teilweise in den vergangenen Jahren schon handhaben. Was wir nicht mehr wollen, ist das Mittragen von Verantwortung für eine Regierungspolitik, die wir nicht angemessen mitgestalten können. Halbbatzige Entscheidungen und Kompromisse sind in Zukunft für uns kein Thema mehr. Für die anderen Parteien wäre es sicherlich komfortabel, irgendein SVP-Feigenblatt in der Regierung zu wissen. Doch eine solche Konkordanz verdient ihren Namen nicht. Warum wollen viele unserer politischer Gegner Christoph Blocher nicht im Bundesrat? Ihr Motiv ist viel wichtiger als das, was sie vordergründig sagen: Weil sie schwache SVP-Vertreter wollen, die unsere Politik nicht durchsetzen können. Damit würden unsere Wähler enttäuscht und die SVP würde die nächsten Wahlen verlieren. Da spielen wir nicht mit. Dieser Weg wäre selbstmörderisch, dumm und ohne jeglichen Nutzen für unsere Partei wie für das Land insgesamt. Es liegt an uns – und nur an uns! – falschen Verlockungen zu widerstehen. Unsere Devise muss deshalb lauten: Entweder in der Regierung mit Christoph Blocher und Samuel Schmid oder Opposition. Alles was dazwischen liegt, schadet unserer Partei, unseren Zielen und widerspricht dem Wählerauftrag.

Wie sieht unsere Opposition konkret aus?

Opposition heisst ganz einfach: Keine Regierungsbeteiligung der SVP auf nationaler Ebene. Der Gang in die Opposition findet in Bundesbern statt und nicht in Frauenfeld oder Mümliswil. Die vom Volk gewählten Regierungsräte und Gemeinderäte bleiben selbstverständlich im Amt. Es geht hier um die Bundespolitik, um den vom Parlament gewählten Bundesrat. Es geht darum, dass wir diese Schuldenwirtschaft nicht mehr mitverantworten dürfen. Der Schweizer Wohlstand wurde in den letzten Jahren fahrlässig aufs Spiel gesetzt. Wir leben von unserer Substanz, höhlen den Mittelstand und das Prinzip der Eigenverantwortung aus. Wir können doch nicht kommentarlos hinnehmen, dass dem Bürger heute die Hälfte seines Einkommens vom Staat weggenommen wird. Nun stellt sich die Frage: Wie können wir dieser verheerenden Entwicklung entgegen treten? Entweder in der Regierung – mit den fähigsten Leuten. Oder als konsequente Opposition. Und Opposition heisst: Wir werden anprangern, wo es nötig ist. Wir werden die besseren Lösungen bieten. Wir werden Volksabstimmungen erzwingen. Wir werden durch eine starke Oppositionspolitik die trägen Parteien zu besserer Arbeit antreiben.

Die SVP geht in Opposition zur Regierung, nicht aber zum Parlament. Wir werden nach wie vor in beiden Kammern Mehrheiten suchen und fallweise Koalitionen eingehen. Wir werden weiterhin in den Kommissionen und Kommissionspräsidien vertreten sein und dort versuchen, die politischen Entscheidungen in unserem Sinne vorzuspuren. Sollten die anderen Fraktionen am 10. Dezember unsere beiden Bundesratskandidaten nicht wählen, dürfen wir uns keinesfalls vor dem letzten Wahlgang beleidigt in die Cafeteria zurückziehen. Wir nehmen unseren Auftrag nur dann ernst, wenn wir bis zum Schluss auf die Personenauswahl Einfluss nehmen.

Opposition hiesse keinesfalls, dass wir einfach immer nein sagen würden. Wenn die Regierung gute Vorschläge bringt, die unserem Wahlprogramm entsprechen, dann applaudieren wir. Und bei einer zehnprozentigen Steuerreduktion ist uns sogar die Unterstützung der Kommunisten willkommen. Wir würden aber noch massiver gegen Steuererhöhungen opponieren, wirtschaftsschädigende Vorlagen bekämpfen und noch vehementer gegen den unglaublichen Asyl- und Sozialmissbrauch antreten. Aber voreilige Kompromisse wird es nicht mehr geben.

Opposition heisst, dass wir Fehlentwicklungen gründlicher verhindern können. Durch die ständige Referendumsangst werden CVP und FDP sich hüten, noch mehr nach links zu rutschen. Falls doch, ergreifen wir selbstverständlich das Referendum. Dafür sind wir schliesslich gewählt worden. Das ist unsere Pflicht. Das ist unser Wählerauftrag. Vergessen wir aber nicht: Wenn die Bundesversammlung die SVP in die Opposition weist, dann wird das auch für die anderen Parteien handfeste Konsequenzen nach sich ziehen.

Was heisst SVP-Opposition für die CVP?

Jahrelang hat das verdeckte Paktieren der CVP mit den Linken bestens funktioniert. Allerdings mit schlimmen Folgen für das Land: Null-Wachstum, Schuldenwirtschaft, steigende Steuern, Ausbau des Sozialstaates, EU-Kurs um jeden Preis. Nur kurz vor den Wahlen versuchte die nationale CVP, noch schnell die bürgerlichen Wähler zu gewinnen. Die SP-Präsidentin Brunner drohte prompt, falls die CVP bei der AHV nicht spure, könne sie ihren zweiten Bundesratssitz gleich der SVP abtreten. Damals hörte man keinen Aufschrei von Parteipräsident Stähelin. Wenn die SVP aber den ihr zustehenden zweiten Sitz einfordert, spricht die CVP-Parteileitung von „Diktat“ und „Erpressung“. Nach links wird höflich geschwiegen. Warum ist die CVP nur höflich gegenüber ihren wahren Erpressern? Diese Partei muss sich die Stimmen für ihren zweiten Bundesratssitz regelrecht erkaufen – und zwar von den Linken. Sieht so die viel beschworene Konkordanz der Zukunft aus? Die Christdemokraten werden für ihren Kurs in den nächsten Wahlen nochmals brutal abgestraft. Und eines können wir garantieren: Falls die CVP glaubt, in drei Jahren, kurz vor den Wahlen, einen ihrer Sitze noch schnell an uns abtreten zu können, dann wird sie sich täuschen. Die CVP wird auf ihren zwei Sitzen hocken bleiben bis nach den Parlamentswahlen 2007, und erst dann werden die Karten neu verteilt.

Was heisst SVP-Opposition für die FDP?

Der Vorwurf der CVP, die FDP habe sich uns an den Hals geworfen, gehört ins Reich der linken Rhetorik. Der Freisinn hat – nicht ganz uneigennützig – die arithmetische Konkordanz auch für sich entdeckt. Dass uns ein zweiter Sitz zusteht, sieht allerdings auch die Mehrheit der Bürger und jeder vernünftige politische Kommentator so. Wie sich die FDP künftig positionieren wird, ist alles andere als gesichert. Sie muss sich zuerst programmatisch definieren und dann ihr Führungspersonal entsprechend anpassen. Ob die Partei dazu in der Lage ist, wird sich erweisen. Sollte die SVP in die Opposition gehen müssen und die FDP künftig mit den Linken regieren, wird der Freisinn erneut Wähler verlieren.

Was heisst SVP-Opposition für die SP?

Die SP entscheidet am 10. Dezember letztlich über ihre eigene Zukunft. Steht sie zur Konkordanz, für die sie jahrzehntelang gekämpft hat, oder nicht? Falls die SP den Einzug Blochers in die Regierung verhindert, kann es gut sein, dass die nächste Regierung ohne Linke gebildet wird. Und zwar früher als ihr lieb ist. Zudem sind die beiden gegenwärtigen SP-Bundesräte Leuenberger und Calmy-Rey gar nicht in der Lage, eine starke SVP-Opposition zu ertragen. Mit der SVP in der Opposition würde allerdings noch deutlicher hervortreten, dass es schliesslich linke Politik war, die unser Land ins Mittelmass geführt hat, Arbeitsplätze vernichtete und die Schweiz zu einem unbezahlbaren Sozialstaat aufblies.

Die SVP wird glaubwürdig bleiben

Im Oktober 2003 hat die SVP zum vierten Mal in Folge einen Wahlsieg errungen. Dank einer klaren Politik mit klaren Positionen. Unsere Partei steht für eine starke Wirtschaft. Für einen massvollen Staat, der die Bürger nicht mit Auflagen und Vorschriften drangsaliert. Wir garantieren das Bankgeheimnis und sichern damit den Finanzplatz Schweiz. Wir setzen uns für niedrigere Steuern und Abgaben ein. Bei jeder Budgetberatung haben wir für einen schlankeren Staat plädiert, damit die Schuldenwirtschaft ein Ende nimmt. Wir haben uns nicht verführen lassen, weder beim Krankenversicherungsgesetz, noch bei der Milliarden-Expo, noch beim Swiss-Engagement oder der Solidaritätsstiftung. Wir haben die Missbräuche stets beim Namen genannt, auch wenn die etablierten Parteien und der linke und halblinke Medienkuchen mit allen Fingern auf uns gezeigt haben – statt auf den Asyltourismus, die Scheininvalidität und die Ausländerkriminalität hinzuweisen. Schliesslich haben wir – mit grossem Erfolg und mit der breiten Zustimmung des Volkes – für eine souveräne Schweiz gekämpft. Denn nur in Unabhängigkeit können wir unsere Stärken pflegen und ausbauen. Diese Politik ist von den Wählerinnen und Wählern honoriert worden. Für diese Politik sind wir gewählt worden. Dieser Politik haben wir unsere Wahlerfolge zu verdanken. Und darum ist es unsere Pflicht, für die Umsetzung dieser Politik zu sorgen. Die Frage lautet nur: Wo und mit welchen Personen können wir diese Politik am optimalsten umsetzen. Die Antwort lautet: Mit dem Duo Blocher und Schmid im Bundesrat. Oder in einer konsequenten Opposition. Ein Arbeiter im Zürcher Weinland hat laut „Tages-Anzeiger“ am Stammtisch gesagt, er habe erstmals in seinem Leben SVP gewählt. Sollte die Partei aber bei einer Nichtwahl Blochers entgegen ihrer Ankündigung nicht in die Opposition gehen, werde er nie mehr SVP wählen. So denken Tausende – und sie haben Recht. Allein schon darum werden wir unseren konsequenten Weg zu Ende gehen: doppelt in den Bundesrat oder in die Opposition. Die SVP ist für beide Fälle gerüstet.

Christoph Mörgeli
Christoph Mörgeli
Nationalrat Stäfa (ZH)
 
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