Themen
Verkehr
Vernehmlassung

Fonds für Agglomerationsverkehr und Nationalstrassen (Infrastrukturfonds)

Die SVP lehnt den Dringlichkeitsfonds ab. Dem Infrastrukturfonds können wir mit wesentlichen Änderungen zustimmen.

Antwort der Schweizerischen Volkspartei (SVP)

Die SVP lehnt den Dringlichkeitsfonds ab. Dem Infrastrukturfonds können wir mit wesentlichen Änderungen zustimmen.

I. Dringlichkeitsfonds

Der Härtefall- oder Dringlichkeitsfonds ist insofern verfassungswidrig, als er Projekte finanzieren soll, die nicht mit der Zweckbindung der Mineralölsteuererträge in Einklang stehen. Gemäss Art. 86 Abs. 3 lit. b BV müssen die zweckgebundenen Mineralölsteuermittel für „Aufgaben und Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr“ verwendet werden. Dieser Zusammenhang wird auch mit dem neuen Abschnitt 3bbis nicht aufgehoben. Trotzdem besteht die Projektliste zur Hauptsache aus reinen Schienenprojekten, also aus Vorhaben, die weder explizit noch implizit in Zusammenhang mit dem Strassenverkehr stehen.

Vor diesem Hintergrund spielt es eigentlich keine Rolle mehr, dass der Entwurf vorsieht, von den einzusetzenden Mitteln nur gerade 14% dem verfassungsmässigen Zweck zuzuführen – wovon drei Viertel Kompensationen der Einsparungen im Rahmen der EP 03 und 04 darstellen. Allerdings stellt dieser Umstand ein wichtiges Indiz für die weiter gehenden Absichten in der Verkehrspolitik dar. Denn die Argumentation, dass der Infrastrukturfonds auf laufende verkehrspolitische Vorhaben abgestimmt werden muss, und deshalb zuerst ein Dringlichkeitsfonds geschaffen werden muss, um dringende Projekte anzustossen, ist nicht schlüssig. Einerseits sind die bestehenden Lücken und Engpässe im Nationalstrassennetz und damit auch die dringenden Bedürfnisse seit langem bekannt. Andererseits stehen die Bahnreform 2 und die weitere Entwicklung der Bahn 2000 nicht in Zusammenhang mit dem Strassenverkehr. Dies gilt insbesondere auch für die erwähnte Gesamtschau 2007/2008 und die Leistungsvereinbarungen der Bahnen. Zusammen mit dem Hinweis, dass auch in den Randregionen Finanzprobleme für die Substanzerhaltung bei den Schieneninfrastrukturen bestehen, legt die Argumentation nahe, dass das primäre Ziel der Vorlage eine umfassende Umwidmung der zweckgebundenen Strassenerträge zugunsten der Schieneninfrastruktur ist, wozu mit dem Dringlichkeitsfonds das Präjudiz geschaffen würde. Dieses Ansinnen wie auch die Absicht, die Verfassung schleichend zu ändern, lehnt die SVP entschieden ab.

II. Infrastrukturfonds

Dem Infrastrukturfonds kann die SVP, im Gegensatz zum Dringlichkeitsfonds, unter dem Vorbehalt zustimmen, dass noch wesentliche Änderungen vorgenommen werden und sein Anwendungsbereich auf die verfassungsmässige Zweckbindung beschränkt wird. Sein vorrangiges Ziel muss es sein, die Finanzierung und Planung im Bereich des Strassenverkehrs, namentlich der Nationalstrassen, zu verstetigen sowie die Ungleichbehandlung zwischen Schiene und Strasse zu beseitigen.

Die SVP verlangt, dass alle in der Spezialfinanzierung Strassenverkehr aufgelaufenen Mittel in den Infrastrukturfonds übertragen werden. Gemäss VA 05 sind dies 3’769 Mrd. Franken, die bisher nicht zweckgebunden verwendet worden sind, und – wie der Vernehmlassungsbericht richtig festhält – eine Schuld des Bundes gegenüber der Spezialfinanzierung Strassenverkehr darstellen. Ob diese Überführung in Form einer Einmaleinlage oder in Tranchen vorgenommen wird, ist zweitrangig. Die Zinsen die dem Bund durch die Aufnahme der Mittel auf dem Kapitalmarkt erwachsen, müssen allerdings über das ordentliche Budget abgegolten und nicht dem Fonds belastet werden. Dieses Vorgehen drängt sich umso mehr auf, da der Bund seine Schuld gegenüber der Spezialfinanzierung Strassenverkehr nie verzinst hat.

Die Absicht, das Nationalstrassennetz mit Hilfe des Infrastrukturfonds endlich fertig stellen zu wollen, begrüsst die SVP ausdrücklich. Allerdings hat dies zügig zu geschehen, da bereits heute grosser Sanierungsbedarf besteht und das bestehende Netz diverse Kapazitätsengpässe aufweist. Hinsichtlich der Engpässe darf „Sicherstellung der Netzfunktionalität“ allerdings nicht bedeuten, dass mittels telematischer Lösungen der Zugang zum (National-) Strassennetz und damit die freie Wahl des Verkehrsmittels eingeschränkt werden. Sowohl im Zusammenhang mit dem Verkehrsmanagement Schweiz (VM-CH 2008) als auch in den vorliegenden Unterlagen, mit Hinweis auf „Anlagen für das Strassenverkehrsmanagement“, formuliert der BR seine diesbezüglichen Absichten. Der Ansatz, Kapazitätsengpässe mit zusätzlichen Beschränkungen beheben zu wollen, ist nicht lösungsorientiert und dient letztlich nur dazu, eine Wettbewerbsverzerrung zu bewirken, um den erbärmlichen Kostendeckungsgrad des öV zu optimieren. Die SVP warnt mit Nachdruck davor, die Mittel einfach in eine Verdichtung des öV-Angebotes zu investieren, für das in einem zweiten Schritt durch Beschränkung des Individualverkehrs erst die Nachfrage geschaffen werden muss. Wir erinnern daran, dass weder eine gesetzliche noch eine verfassungsrechtliche Grundlage für die Verlagerung des MIV auf den öV besteht.

Wir sind aber damit einverstanden, wenn der Infrastrukturfonds durch eine Mitfinanzierung von Verkehrsprojekten dazu beiträgt, bestehende Probleme in Agglomerationen und Städten zu lösen. Allerdings müssen diese Projekte dem verfassungsmässigen Anspruch an die Zweckbindung genügen und einen hinreichend engen Zusammenhang zum Strassenverkehr aufweisen. Vor diesem Hintergrund lehnen wir die Finanzierung von Projekten des regionalen und örtlichen Schienenverkehrs, inkl. S-Bahnen, Massnahmen für den Langsamverkehr sowie Massnahmen im Bereich der kombinierten Mobilität als verfassungswidrig ab. Insbesondere die Finanzierung von Infrastrukturprojekten kann der Bund über die Leistungsvereinbarungen der Bahnen sicherstellen. Damit dies möglich wird und schuldenbremsenkonform umgesetzt werden kann, bietet die SVP Hand zur Lösung, dass auch die Beiträge an die Hauptstrassen über den Infrastrukturfonds auszurichten. Damit wäre letztlich auch die Einheit der Materie gewahrt.

Die SVP verlangt allerdings, dass die gesamten Verbrauchssteuern auf Treibstoffen sowie die Nationalstrassenabgabe in den Fonds eingelegt werden. Die Mineralölsteuereinnahmen betragen gem. VA 2005 3’495 Mio. Franken. Zusammen mit den Einnahmen aus der Autobahnvignette stehen also 3’771 Mio. für die zweckgebundenen Aufgaben zur Verfügung. Warum angesichts dieser Summe nur gerade 1 Mrd. Franken jährlich in den Fonds eingelegt werden sollen, ist umso weniger verständlich, als die Unterlagen keinerlei Auskunft darüber geben, wie die übrigen Mineralölsteuererträge verwendet werden sollen. Eine Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags, um neue Aufgaben – insbesondere solche, die verfassungsrechtlich nicht abgestützt sind – zu finanzieren, lehnt die SVP strikte ab.

Die Laufzeit des Fonds ist zudem unbefristet auszugestalten. Denn es ist wenig wahrscheinlich, dass sich die bestehenden Aufgaben im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr nach Auslaufen des Fonds oder nach Fertigstellung des Nationalstrassennetzes wesentlich verringern werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass sich die Finanzierungsbedürfnisse vom Bau und Ausbau hin zu Sanierung und Unterhalt verschieben werden.

Die Anteile, die für die unterschiedlichen Aufgaben eingesetzt werden sollen, müssen im Gesetz verbindlich und abschliessend festgeschrieben werden. Die SVP bietet Hand zur Festlegung eines jährlichen Betrages zur Mitfinanzierung des Agglomerationsverkehrs in der Höhe des von der Arbeitsgruppe Bieri vorgeschlagenen Betrags von 300 Mio. Franken jährlich. Angesichts der Teuerung, der jährlich variierenden Einnahmen und möglicher Auswirkungen der schweizerischen Verkehrspolitik auf die Einnahmenhöhe, erscheint es zielführender, die Anteile prozentual festzulegen und nicht absolut.

Verpflichtungskredite haben sich beim FinöV keineswegs als zweckmässiges Instrument erwiesen, wie die durch Projektänderungen provozierten Mehrkosten beweisen. Es zeigt sich zudem, dass eine solche Regelung zu Entscheiden führt, die der Berücksichtigung spezieller Interessen dienen und nicht dem umfassenden Charakter der Geschäfte entsprechen. So dürfte es beinahe unmöglich werden, im Parlament eine Einigung darüber zu erzielen, in welcher Höhe die Mittel welchem Bereich zufliessen sollen. Eine Folge davon wäre, dass das Parlament vor diesen Debatten jeweils von Vertretern der Kantone, der Agglomerationen und der Städte belagert würde. Das alles dient nicht dem Ziel, die Finanzierung und Planung zu verstetigen. Aus Sicht der SVP reicht es deshalb, wenn das Parlament die Verpflichtungskredite im Rahmen der im Gesetz festgeschriebenen Anteile für die jeweiligen Bereiche auslöst. Primäre Aufgabe des Bundes ist es, die Verfassungsmässigkeit der Projekte, die Gewährleistung der Folgefinanzierung sowie die allfällige Dringlichkeit vorgängig zu prüfen.

Im Gesetz muss auch abschliessend festgehalten werden, dass der Bund Projekte zugunsten des Agglomerationsverkehrs lediglich bis zu einer Höhe von 50% mitfinanziert. Folge-, Betriebs- und Unterhaltskosten sind von den Agglomerationen, bzw. von den Trägerschaften selber zu tragen. Der Nachweis, dass dies den entsprechenden Trägerschaften auch langfristig möglich ist, ist wesentliche Voraussetzung für die Bewilligung eines Agglomerationsprogramms und seine Mitfinanzierung durch den Bund. Eine Härtefallregelung wird ausgeschlossen, weil es sich bei Betreib und Unterhalt um wiederkehrende Kosten handelt und die Agglomerationsträgerschaften gehalten sind, Mehrkosten unbedingt zu vermeiden.

Unter dem Vorbehalt, dass das Gesetz so konkretisiert wird und die verfassungsmässige Zweckbindung bei der Überprüfung der einzelnen Projekte eng definiert wird, kann die SVP dem Infrastrukturfonds zustimmen. Den Dringlichkeitsfonds und die derzeit darin aufgeführten Projekte lehnen wir als verfassungswidrig ab.

 
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