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Ein sofortiger Ausstieg aus der Kernenergie wäre verhängnisvoll

Die Ereignisse in Japan, insbesondere im japanischen Kernkraftwerk Fukushima haben in der Schweiz zu einer wahren Panikmache geführt. Politiker fast aller Parteien verlangen derzeit den sofortigen…

Hans Killer
Hans Killer
Nationalrat Untersiggenthal (AG)

Die Ereignisse in Japan, insbesondere im japanischen Kernkraftwerk Fukushima haben in der Schweiz zu einer wahren Panikmache geführt. Politiker fast aller Parteien verlangen derzeit den sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie oder zumindest Szenarien dafür. Bei dieser Angstmacherei und Hysterie, von den Medien kräftig unterstützt, bleiben die wichtigen Fragen bezüglich der Versorgungssicherheit und den künftigen Energiekosten wie auch jeglicher Realismus komplett auf der Strecke.

Es gilt deshalb Ruhe zu bewahren und eine klare Analyse der Ereignisse abzuwarten, anstatt kopflos Massnahmen zu fordern, die im Nachhinein nicht eingehalten werden können.

Realismus statt politischer Schnellschüsse
Wenn man die Forderungen anschaut, scheinen jedoch keine Grenzen gesetzt: Das Angebot reicht von einer sofortigen Stilllegung der älteren Kernkraftwerke, dem massiven Ausbau der Wasserkraft mit Überflutung ganzer Talschaften, der Aufgabe des Widerstands gegen alternative Energieträger im Bereich des Landschafts- und Naturschutzes bis zu einer massiven Erhöhung der Beiträge für erneuerbare Energien, obwohl diese bereits heute jährlich mit mehr als einer Milliarde Franken gefördert werden. Im Weiteren wird neuerdings auch von linken Parteien der Bau neuer Gas- oder sogar Kohlekraftwerke befürwortet, obwohl diese beiden Energieträger massive Emissionen verursachen. Vergessen ist plötzlich der Umweltschutz; dies alles nur um das Endziel von Rot-Grün zu erreichen: den vollständigen Ausstieg aus der Kernkraft, mit welchen Mitteln und Folgen auch immer. Kurzfristiger Aktivismus, unüberlegte Handlungen wie auch Angst sind jedoch schlechte Ratgeber. Bevor man Massnahmen beschliesst, braucht es eine sorgfältige Lageanalyse und die Kenntnis aller Fakten. Alles andere ist purer Populismus auf dem Buckel der Bevölkerung und der Tausenden von Unternehmen, welche auf eine sichere und bezahlbare Stromversorgung angewiesen sind.

Alternativen zur Kernenergien sind zurzeit nicht in Sicht
Die laufenden Diskussionen und Forderungen blenden diese Punkte bewusst aus. Die Schweiz wird in Zukunft nicht weniger, sondern mehr Strom brauchen, den umliegenden Ländern wird es ähnlich gehen. Neben der massiven Zuwanderung der letzten Jahrzehnte sind auch die Bestrebungen zur Ablösung des Erdöls ein Grund für die starke Erhöhung des Stromverbrauchs. Will man sich von der Erdölabhängigkeit befreien und damit auch die Abhängigkeit von Drittstaaten verringern, braucht man einen anderen Energieträger, in diesem Fall Strom. In diesem Zusammenhang den sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie zu fordern, ist deshalb mehr als gewagt. Denn die Frage, die man sich dabei unweigerlich stellen muss, ist, was die Alternative zur Kernenergie ist. Was passiert, wenn die Kernkraftwerke vom Netz gehen? Welche Energieträger ersetzen den 40% Anteil, welchen die Kernenergie am Schweizer Strommix innehat? Ein Teil könnte durch den Bau von Gas- oder Kohlekraftwerke ersetzt werden.

Dies ist aus umweltpolitischer Sicht ein klarer Nachteil, da diese Kraftwerkstypen massive CO2-Emissionen ausstossen. Abgesehen davon würden wir uns auch hier wiederum in die Abhängigkeit von Ländern begeben, welche in der Vergangenheit diese Rohstoffe als „Waffe“ benutzt haben. Nur zu gut sind die Erinnerungen an die Machtdemonstration von Russland, welches in den letzten Jahren im Streit mit der Ukraine mehrmals den Gashahn zudrehte und die westlichen Länder dabei ebenfalls in Mitleidenschaft zog. Erneuerbare Energien wie Sonnen- und Windkraft können ihren Teil dazu beitragen. Ihr Potential ist aber angesichts der unzuverlässigen Verfügbarkeit und der fehlenden Speichermöglichkeiten immer noch begrenzt. Bleibt noch der Ausbau der Wasserkraft. Die Wasserkraft ist bereits heute fast vollständig ausgebaut, zusätzlich wurde ihr Potential in den letzten Jahren durch massive Regulierungen durch das Parlament wie auch die stetigen Einsprachen durch Umwelt- und Naturschutzverbände noch weiter beschränkt. Als letzte Möglichkeit bleibt der Import von Strom. Auch diese Lösung überzeugt bei näherem Hinsehen nur bedingt, da einerseits zu wenig Netzkapazität vorhanden ist und auch hier wiederum massiver Widerstand gegen deren Ausbau vorliegen, andererseits jedes Land in Europa seine Energie selber benötigt.

Fünfer und Weggli gibt es nicht
Ohne die CO2-freie Stromproduktion durch Kernenergie sind die kürzlich vom Ständerat beschlossenen Reduktionsziele nicht zu erreichen. Zur Illustration: das grösste Kohlekraftwerk der Welt stösst mit jährlich 41,3 Mio. Tonnen mehr CO2 aus, als die gesamte Schweiz! Auch ein modernes Gaskombikraftwerk mit der Leistung eines KKW Mühlebergs kommt auf einen Ausstoss von 700‘000 Tonnen CO2 pro Jahr. Angesichts dieser enormen Umweltbelastung würden die beschlossenen Ziele zur Makulatur.

Arbeitsplatzverlust und erhöhte Abhängigkeit vom Ausland
Ein sofortiger Ausstieg würde zu einer Verknappung von Strom und massiven Preissteigerungen führen. Wer den Aufschrei der Bevölkerung bei den Erhöhungen der letzten Jahre miterlebte, tatkräftig unterstützt von denselben Medien, die nun den Ausstieg predigen, kann sich ausmalen, was bei einem solchen, weitaus schlimmeren Szenario passieren würde. Ein starker Preisanstieg hätte aber auch massive Folgen für die Industrie, welche auf kostengünstige Energie angewiesen ist. Bei einem Anstieg der Kosten wäre die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Schweiz für viele Branchen nicht mehr gegeben. Energieintensive Branchen wie die Zement-, Stahl-, Papier- aber auch die Recycling-Industrie wären in höchstem Masse betroffen. Neben dem drohenden Abbau von Arbeitsplätzen würde die Schweiz damit in zentralen Sektoren noch weiter abhängig vom Ausland.

Bevölkerungswachstum
Ein weiterer Punkt, der in der ganzen Diskussion immer wieder ausgeblendet wird, ist die stetige Zuwanderung. Die Wohnbevölkerung der Schweiz hat seit 1990 um 1,1 Mio. Menschen zugenommen. Der Anstieg des Energieverbrauchs ist deshalb nicht zuletzt auch eine Folge des enormen Bevölkerungswachstums. Öffentlicher Verkehr, Infrastrukturen, wie auch viele andere Anwendungen sind auf grosse Mengen Strom angewiesen. Hunderttausende von Arbeitsplätzen hängen von einer sicheren Stromversorgung ab. Ein Ausstieg hätte enorme Auswirkungen auf das tägliche Leben, die latente Gefahr von Stromausfällen und eine massive Verteuerung der Lebenshaltungskosten zur Folge.

Die zukünftige Energiepolitik braucht klare Richtlinien und Transparenz. Die Gegner der Kernenergie müssen auf die oben genannten Fragen Antworten und vor allem auch Taten folgen lassen. Es kann nicht sein, dass man gegen jegliche Art von Energie opponiert. Die politische Doppelzüngigkeit der Linken muss ein Ende haben. In der zukünftigen Energiedebatte sind die Vor- und Nachteile eines jeden Energieträgers ohne ideologische Scheuklappen zu behandeln. Nur ein seriöses Abwägen garantiert Sicherheit und Wohlstand für unser Land.

Quelle: Schweizerische Elektrizitätsstatistik 2009

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