Editorial

Das Recht als einzige Waffe des Kleinstaates

Die SVP reichte am 3. März 2010 vor dem Hintergrund der widerrechtlichen Beschaffung von Bankkundendaten durch Personen und ausländische Behörden Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft wegen…

Martin Baltisser
Martin Baltisser
Bern (BE)

Die SVP reichte am 3. März 2010 vor dem Hintergrund der widerrechtlichen Beschaffung von Bankkundendaten durch Personen und ausländische Behörden Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft wegen wirtschaftlichen Nachrichtendienstes sowie Anstiftung und Beihilfe dazu ein. „Im Zusammenhang mit der Datenklau-Affäre ist die SVP zutiefst beunruhigt über die Passivität der schweizerischen Behörden bei der Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit in Bezug auf die Wahrung der Privatsphäre von Bankkunden„, so die Begründung im damaligen Communiqué. Für einen neutralen und unabhängigen Kleinstaat wie die Schweiz bilden die Einhaltung der Rechtsordnung einerseits und die konsequente Vertretung der eigenen Interessen andererseits unverzichtbare Eckpunkte zur Sicherung einer Zukunft in Freiheit und Wohlstand.

Das nun bekannt gewordene Vorgehen der Bundesanwaltschaft gegen deutsche Steuerbehörden und das zurzeit in Verhandlung befindliche Abkommen über eine Abgeltungssteuer sollten nicht miteinander vermischt werden. Der eine Vorgang basiert auf der Beurteilung der Rechtslage durch eine unabhängige Justiz. Deren wichtige Aufgabe ist die Durchsetzung der herrschenden Rechtsordnung. Sie bildet ihrerseits den Rahmen für eine freiheitliche Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, die unter anderem sicherstellen muss, dass Recht über Macht steht. An diesen Grundsatz haben sich nicht nur Bürgerinnen und Bürger, sondern auch Staaten zu halten, wenn sie sich zu einem demokratischen und friedlichen Nebeneinander von souveränen Nationen und Gemeinschaften bekennen. Martialische Drohgebärden und politische Rachegelüste passen nicht zu einem solchen Staatsverständnis.

Interessen wahren
Neben diesem grundsätzlichen Rahmen, der die Existenz von Kleinstaaten überhaupt erst sichert, schafft nur die konsequente Wahrung der eigenen Interessen Wohlstand und Zukunftsperspektiven. Bei der Aushandlung eines Abgeltungssteuerabkommens mit Deutschland geht es genau darum. Die SVP-Fraktion hat in der vergangenen Frühjahrssession ihre Strategie rund um die Wahrung des Bankkundengeheimnisses bekräftigt. Die SVP steht ohne Wenn und Aber zum Schutz der Privatsphäre und des Privateigentums der Bürger vor Übergriffen des Staates und Dritter. So soll die Privatsphäre der Bankkunden auch in Zukunft geschützt werden. Dazu gehört die Unterscheidung von Steuerhinterziehung als Übertretung und Steuerbetrug als Verbrechen ebenso wie die ehrliche Selbstdeklaration der Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch die Bürgerinnen und Bürger gegenüber ihrer Steuerbehörde. Steuerbehörde kann dabei per se nur ein Staat sein und nicht etwa eine Bank, wie dies nun teilweise im Rahmen einer sogenannten „Weissgeldstrategie“ gefordert wird. Zur Regularisierung allfällig unversteuerter ausländischer Vermögenswerte auf Schweizer Banken unterstützt die SVP hingegen das Modell einer Abgeltungssteuer, die sich am Prinzip der Verrechnungssteuer in der Schweiz orientiert und damit die Privatsphäre der Bankkunden sichert sowie die steuerlichen Ansprüche anderer Staaten berücksichtigt.

Die politische Beurteilung erfolgt am Schluss
Das heisst nicht, dass ein Abkommen für eine Abgeltungssteuer zu jedem Preis abgeschlossen werden darf. Letztlich stehen sich auch hier jeweils die Interessen zweier Staaten gegenüber. So geht es in solchen Verhandlungen nicht nur um die Sicherung des Steuersubstrats für den Fiskus, sondern auch um den Wettbewerb zwischen Finanzplätzen, um Marktanteile und Arbeitsplätze. Und dabei wird mit harten Bandagen gekämpft. Das wissen wir nicht erst seit dem Bankenstreit mit den USA. Die Schweiz tut gut daran, für ihre Interessen zu kämpfen. Wer bei der kleinsten Gegenwehr nachgibt, verliert rasch seine Glaubwürdigkeit. Auf dem Spiel steht dabei wesentlich mehr als „nur“ die Privatsphäre ausländischer Bankkunden. Es geht um die Qualitäten, welche die Schweiz zu einer erfolgreichen Wirtschaftsnation gemacht haben. Und hier spielen wiederum die Rechtssicherheit, die einmaligen Freiheitsrechte und die demokratische Mitbestimmung eine entscheidende Rolle. Deshalb ist es auch richtig, dass das Parlament und die Bürgerinnen und Bürger das letzte Wort bei der Beurteilung von internationalen Abkommen haben.

Die SVP behält sich deshalb beim Abgeltungssteuerabkommen mit Deutschland ebenfalls eine Beurteilung erst am Schluss, wenn die Details ausgehandelt und bekannt sind, vor. Ein weiteres Entgegenkommen gegenüber Deutschland kommt nicht in Frage. Die Deutschen müssen sich nun entscheiden, ob sie ein solches Abkommen wollen oder nicht.

Martin Baltisser
Martin Baltisser
Bern (BE)
 
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