Editorial

Jetzt erst recht. Damit die Schweiz – Schweiz bleibt!

Die Würfel sind gefallen. Die Schweizer Stimmbevölkerung hat das neue Bundes
parlament gewählt. Lesen und sehen Sie im Video die Analyse von Nationalrat und Wahlkampfleiter Adrian Amstutz an der Delegiertenversammlung in Niederglatt (ZH).

Adrian Amstutz
Adrian Amstutz
Nationalrat Sigriswil (BE)

Ein Viertel der Wählerinnen und Wähler hat der SVP das Vertrauen ausgesprochen. Damit ist unsere Partei mit einem Wähleranteil von 25,6 Prozent zum sechsten Mal in Folge die mit Abstand stärkste politische Kraft in der Schweiz. Einen doppelten Erfolg feiert die SVP im Kanton Obwalden: Kantonalpräsidentin Monika Rüegger hat nicht nur nach acht Jahren den Nationalratssitz zurückerobert, mit ihr entsendet der Kanton Obwalden auch erstmals in seiner Geschichte eine Frau nach Bern. Dies täuscht jedoch nicht über die herben Verluste hinweg, die wir am Wahlsonntag hinnehmen mussten: Im Vergleich zu den Wahlen 2015 hat die SVP 3,8 Prozent Wähleranteil eingebüsst und zwölf Sitze im Bundesparlament verloren. Ein schmerzhafter Verlust, auch wenn nach dem rekordhohen Wähleranteil von 29,4 Prozent bei den Wahlen 2015 und aufgrund der Klimahysterie mit einem Rückgang gerechnet werden musste. Wie der Langzeitvergleich zeigt, entwickelt sich der Wähleranteil in einer Wellenbewegung. 2015 hatte die SVP mit viel Proporzglück und einem um 2.8% höheren Wähleranteil 11 zusätzliche Mandate geholt, nachdem sie 2011 8 Sitze (bei -2.3% Wähleranteil) verloren hatte.

Auch die anderen Bundesratsparteien mussten Verluste hinnehmen. Die SP erreichte noch 16.8 Prozent Wähleranteil – ihr schlechtestes Resultat in den letzten 100 Jahren. Auch die FDP erzielt ihr schlechtestes Ergebnis seit 100 Jahren.  1999 erzielte sie noch einen Wähleranteil von 19,9 Prozent, nach dem letzten Sonntag sind es noch 15,1 Prozent. Der Blick auf die Statistik schmälert zwar die Verluste der SVP nicht, er ist aber dennoch nötig, weil er dabei hilft, die Relationen zu wahren.   

Die Klima-Bewegung und interne Querelen nutzten dem Gegner
Dennoch kommen wir nicht umhin, uns kritisch zu hinterfragen. Denn es ist uns offensichtlich nicht gelungen, die Bürgerinnen und Bürger in gleichem Umfang wie vor vier Jahren für die Unabhängigkeit, eine kontrollierte Zuwanderung und tiefe Steuern und Abgaben an die Urne zu bewegen. Ausser in den Kantonen Obwalden, Graubünden, Tessin, Jura und den beiden Appenzell gehört die SVP zu den Parteien die Wähleranteile verloren haben. Das Ausmass der Verluste reicht von –2.3 Prozent im Wallis bis zu -18,6 Prozent im Kanton Nidwalden (siehe Tabelle, Besonderheit Majorzkantone dabei nicht berücksichtigt). Besonders bedenklich stimmen die grossen Verluste in der Westschweiz und dies erst noch bei sonst schon viel tieferen Wähleranteilen.

Wir werden die Gründe dafür im Detail analysieren. Unbestritten ist, dass die Klima-Bewegung im gegnerischen Lager stark mobilisiert und vor allem unseren politischen Gegnern genützt hat. Die um 3,5 % tiefere Wahlbeteiligung ist ernst. Insbesondere geben uns aber die noch viel tiefere Wahlbeteiligung beispielsweise im Berner Oberland oder allgemein in den SVP-starken Landgemeinden zu denken, im Gegensatz dazu haben die meisten grossen Städte nur 1 bis 2 % weniger Wahlbeteiligung, in der Stadt Bern blieb sie sogar gleich hoch wie 2015.

Für uns ist klar, dass sich nach der Nicht-Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative und der halbbatzigen Umsetzung der Ausschaffungsinitiative bei einigen Wählerinnen und Wählern auch Resignation breitgemacht hat. Fakt ist auch, dass sich parteiinterne Querelen, wie sie leider in Basel oder im Aargau öffentlich ausgetragen wurden, an der Urne rächen. Zu Recht: Wer sich vor allem mit sich selber beschäftigt, statt Lösungen für brennende Themen in unserem Land zu suchen, der muss sich nicht wundern, wenn er das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler verliert.

Zusätzlich haben wir auf schweizerischer Ebene, aber auch in vielen Kantonen, die Grundlagenarbeit ausserhalb der Kernthemen vernachlässigt. Diese Vertiefungsarbeiten in diversen Dossiers muss verbessert werden. Wir müssen noch mehr Verantwortliche einsetzen, welche erneut mit Fachexperten, kantonalen und nationalen Politikern, systematisch den Austausch suchen und entsprechende Lösungsvorschläge mit Varianten erarbeiten. Zudem ist der Austausch mit unserer Wählerschaft, z.B. über die konsequente Durchführung von „Sessionsrückblicken und SVP bi de Lüt Anlässen“ in ausnahmslos allen Regionen zu intensivieren.

Auf allen Stufen gilt es, motiviert und mit Elan für die Schweiz und nicht für sich selber oder entsprechende lukrative Pöstchen, zu arbeiten. Die Wählenden haben einigen Vertretern auch unserer Partei die Quittung erstellt. Ihnen hat man die Motivation für den Einsatz zum Erhalt von Arbeitsplätzen und Freiheit und Unabhängigkeit einfach nicht mehr abgenommen.

Doch mit diesen Erklärungen wollen wir uns nicht begnügen. Wir werden intern schonungslos überprüfen inwiefern uns an den Sitzverlusten auch zusätzliches eigenes Verschulden trifft und offen diskutieren, welche Lehren daraus zu ziehen sind. Parteiarbeit verlangt auf allen Stufen Gründlichkeit, grossen persönlichen Einsatz und eine Personal- und Ressourcenplanung, die diesen Namen verdient. Der vergangene Wahlsonntag hat uns gezeigt, dass wir uns weiter verbessern müssen.

Werte und Überzeugungen streift man nicht ab, wenn Gegenwind herrscht
Was wir aber sicher nicht tun werden: Angesichts dieser Sitzverluste unser Parteiprogramm, unsere thematischen Schwerpunkte ändern. Die SVP setzt sich aus Überzeugung für eine freie, sichere und unabhängige Schweiz ein. Weil wir nicht vergessen haben, dass Eigenverantwortung, ein starker Mittelstand, eine kontrollierte Zuwanderung und eine florierende Wirtschaft massgeblich zum Erfolg und Wohlstand unseres Landes und der Menschen in der Schweiz beitragen, kämpfen wir weiterhin unbeirrt für unsere Werte.

Wir müssen genau untersuchen, weshalb es uns nicht gelungen ist, unser Wählerpotenzial zu mobilisieren. Aber wir brauchen im Gegensatz zu anderen Parteien keine Wertediskussion. Im Gegenteil: Den Linksrutsch im Parlament nehmen wir als Herausforderung und Chance an, in den nächsten vier Jahren noch deutlicher aufzuzeigen, dass migrationspolitischer Schlendrian, Duckmäuserei gegenüber der EU und umweltpolitische Hysterie, verbunden mit staatlicher Abzockerei, unserem Land Schaden zufügen. In diesem Sinn liegt in der Niederlage vom 20. Oktober zugleich unsere Chance für die kommenden vier Jahre.

Adrian Amstutz
Adrian Amstutz
Nationalrat Sigriswil (BE)
 
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