Editorial

Nicht umfallen bitte!

Wie nicht anders zu erwarten war, werden aus der EU im Zusammenhang mit dem Euro-Stabilisierungspaket bereits wieder Stimmen laut, welche die Schweiz „erpressen“ wollen und Zusatzbeiträge fordern…

Martin Baltisser
Martin Baltisser
Bern (BE)

Wie nicht anders zu erwarten war, werden aus der EU im Zusammenhang mit dem Euro-Stabilisierungspaket bereits wieder Stimmen laut, welche die Schweiz „erpressen“ wollen und Zusatzbeiträge fordern. Noch zeichnen sich die schrillen Wortmeldungen aus dem Ausland eher durch eine peinliche Unkenntnis der Sachlage aus – die Schweiz zahlt über den Internationalen Währungsfonds (IWF) bereits mit. Es dürfte aber eine Frage von Tagen sein, bis diese Forderungen besser konzertiert und öffentlich orchestriert in Richtung Schweiz abgesendet werden. Der Bundesrat signalisiert nach aussen vorerst Standhaftigkeit (was er in anderen Fällen auch schon getan hat). Doch bereits der Hinweis, dass bisher keine offizielle Anfrage der EU für einen Zusatzbeitrag eingetroffen sei, tönt eher wie eine Einladung denn eine klare Absage. Es bleibt zu hoffen, dass der Bundesrat wenigstens hier einmal standhaft bleibt und die Schweizer Steuerzahler nicht für die Fehler der Euro-Staaten zahlen lässt.

Die Beteiligung der Schweiz am Stabilisierungsprogramm des IWF zugunsten von Griechenland und der Eurozone ist ärgerlich genug. Klar geht es „nur“ um Bürgschaften und Garantien der Schweizerischen Nationalbank. Letztlich stehen diese Mittel aber nicht für andere Aktivitäten zur Verfügung und im Falle eines Verlustes wären die Steuerzahler wohl zumindest über geringere Gewinnausschüttungen der Nationalbank betroffen. Die SVP hat den Beitritt zum IWF seinerzeit abgelehnt, weil der Nutzen dieser Mitgliedschaft schon damals fragwürdig war. Auch in diesem Fall bestätigt sich diese Skepsis einmal mehr. Das Parlament ist gut beraten, allfällige Vorlagen für neue Kreditvereinbarungen des IWF kritisch zu hinterfragen und nicht einfach durchzuwinken.

Nicht in Frage kommen für die SVP Beiträge an die Euro-Staaten über den IWF-Rahmen hinaus. Die Schweiz steht nach der Finanz- und Wirtschaftskrise gerade deshalb gut da, weil sie ihren Haushalt in den vergangenen Jahren mehr oder weniger im Griff hatte und eine erfolgreiche, eigenständige Währungspolitik verfolgte. Die Euro-Länder haben ihre Hausaufgaben hingegen grösstenteils nicht gemacht und sind ihren eigenen Prinzipien untreu geworden bzw. haben diese nicht durchgesetzt. Bereits werden die ersten Stimmen laut, welche als Flucht nach vorne eine weitere Integration der Euro-Staaten mit einer weitgehenden Aufgabe einer eigenen Finanz- und Wirtschaftspolitik fordern. So ist es nicht überraschend, dass die Krise in den Euro-Ländern zu innenpolitischen Spannungen führt. In solchen Fällen ist es üblich, dass mit Angriffen auf das Ausland von den eigenen Problemen abgelenkt wird. Für die Schweiz ist dies nach den Erfahrungen der letzten beiden Jahre nichts Neues. Neu wäre hingegen, wenn sich der Bundesrat für einmal durch das Ausreiten der Kavallerie nicht beunruhigen liesse und standhaft bliebe.

Martin Baltisser
Martin Baltisser
Bern (BE)
 
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