Editorial

Nun muss die politische Nachlese folgen

Der Ständerat dürfte heute eine PUK zur widerrechtlichen Herausgabe von UBS-Kundendaten und zu verschiedenen Aspekten der Finanzkrise definitiv beerdigen. Damit bleiben zahlreiche Umstände …

Martin Baltisser
Martin Baltisser
Bern (BE)

Der Ständerat dürfte heute eine PUK zur widerrechtlichen Herausgabe von UBS-Kundendaten und zu verschiedenen Aspekten der Finanzkrise definitiv beerdigen. Damit bleiben zahlreiche Umstände dieser schwerwiegenden Angelegenheit im Dunkeln. Der Verzicht auf das stärkste parlamentarische Untersuchungsinstrument ist unverständlich. Mit dem Abschluss der PUK-Debatte muss nun aber umgehend die politische Aufarbeitung beginnen. Fast zeitgleich bedürfen zwei weitere dunkle Kapitel der jüngeren Vergangenheit einer politischen Nachlese. Die Libyen-Geiselaffäre neigt sich mit der Rückkehr von Max Göldi dem Ende zu und das Schicksal des unsäglichen UBS-Staatsvertrags entscheidet sich bis zum Ende dieser Session. Die verantwortlichen Magistraten sind in allen drei Fällen mehr oder weniger die Gleichen. Sie sollten die Konsequenzen ziehen.

Der Ständerat will keine PUK. Er widersetzt sich damit einer umfassenden Aufarbeitung der Ereignisse, welche die Schweiz und ihre Institutionen beschädigt haben wie kaum andere in der jüngeren Geschichte. Diese Verweigerung gibt indes den Startschuss für die politische Aufarbeitung der Angelegenheit, die nun zu erfolgen hat. Mindestens drei Departementsvorsteher müssen sich gravierende Verfehlungen vorwerfen lassen. Die gleichen drei Bundesrätinnen und Bundesräte zeichneten am 19. August 2009 verantwortlich für den UBS-Staatsvertrag, der die Schweiz in einen der grössten innen- und aussenpolitischen Schlamassel der letzten Jahre geführt hat. Schliesslich sind der frühere Bundespräsident und die Aussenministerin auch verantwortlich für die chaotische Führung des Libyen-Dossiers. Wer die Verantwortung trägt, trägt in der Regel auch die Konsequenzen. Ob diese Erkenntnis auch bei den hier zuständigen Departementschefs entwickelt ist, dürfte zu bezweifeln sein. Vielmehr lässt sich Frau Calmy-Rey bei der Rückkehr mit Max Göldi feiern. Und die Justizministerin wird nicht müde, den fatalen Abschluss des UBS-Abkommens schönzureden. Einzig Finanzminister Merz schweigt einstweilen. Er wird wissen, weshalb.

Keine Verantwortungskultur
Was geschieht in der Schweiz in solchen Fällen? Nichts, ist die ernüchternde Antwort. Der Bundesrat verweist auf strukturelle Mängel in der Organisation der Landesregierung. Ein zweijähriges Bundespräsidium und zusätzliche Staatssekretäre sollen die Sache richten. Das Parlament wiederum verschanzt sich hinter einem Forderungskatalog der Geschäftsprüfungskommission und hofft auf die selbstreinigende Kraft der UBS. In anderen Ländern würden nun drei Minister ihren Hut nehmen. Entweder, weil sie selber zur Erkenntnis gelangt sind, dass dies angebracht ist oder weil der Druck von Parlament und Öffentlichkeit unerträglich gross wird. Welches dieser beiden Systeme das Bessere ist, sei dahingestellt. Etwas mehr Verantwortungsbewusstsein wäre den Schweizer Magistraten indes zu wünschen. Spätestens die Volkswahl des Bundesrates dürfte diesen Verantwortungssinn schärfen.

Martin Baltisser
Martin Baltisser
Bern (BE)
 
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