Bundesrat misstraut dem Volk

Der Bundesrat argumentierte an der heutigen Medienkonferenz gegen die Volkswahl des Bundesrates. Diese gefährde die Stabilität der Schweiz. Damit zeigt er ultimativ sein Misstrauen gegenüber den…

Der Bundesrat argumentierte an der heutigen Medienkonferenz gegen die Volkswahl des Bundesrates. Diese gefährde die Stabilität der Schweiz. Damit zeigt er ultimativ sein Misstrauen gegenüber den direktdemokratischen Entscheiden der Bevölkerung. Bundesrätin Sommaruga argumentierte, dass einzelne Bundesräte stärker auf die Volksmeinung schauen würden, um wiedergewählt zu werden. Man reibt sich die Augen und fragt sich, ob es nicht Aufgabe des Bundesrates ist, die Bedürfnisse der Bevölkerung aufzunehmen und Volksentscheide zu akzeptieren? Wäre es etwa schlecht, wenn der Bundesrat vom Volk angenommene Initiativen, wie z.B. die Ausschaffungsinitiative, auch ernst nehmen und rasch umsetzen würde? Für die Initianten der Volksinitiative zur Volkswahl des Bundesrates ist klar, dass beispielsweise die Asylpolitik, welche die Sicherheit der Bevölkerung gefährdet oder auch die Bestrebungen des Bundesrates zu einer institutionellen Einbindung der Schweiz in die EU schon lange korrigiert worden wären, wenn das Volk den Bundesrat wählen würde.

Zudem ist die Argumentation des Bundesrates in verschiedenen Punkten nicht korrekt. So argumentiert er etwa, dass die Rätoromanen von den Initianten vergessen worden seien. Dies ist schlicht eine Lüge. Die Sitzgarantie von mindestens zwei Sitzen für die lateinische Schweiz schreibt endlich die gelebte Praxis bei Bundesratswahlen in der Verfassung fest und stellt damit eine klare Verbesserung gegenüber der aktuellen Situation ohne Sitzgarantie dar. Wäre zum Beispiel am 16. September 2009 Urs Schwaller von der CVP als Nachfolger von Bundesrat Couchepin gewählt worden, hätte die lateinische Schweiz nur noch einen Vertreter im Bundesrat gehabt! Mit der Annahme der Volksinitiative zur Volkswahl des Bundesrates hätte die lateinische Schweiz eine Garantie auf mindestens zwei Sitze (analog Berner Regierungsratsmodell – Sitzgarantie für Berner Jura). Mehr Sitze wären zudem ohne Problem möglich. Konkret formuliert entspricht die lateinische Schweiz der Suisse Romande, dem Tessin und den italienischsprachigen Gebieten Graubündens (italienischsprachige Kreise). Da die Rätoromanen im Kanton Graubünden nicht in einem bestimmten Kreis organisiert sind, sondern die Landessprache Rätoromanisch in diversen Gemeinden offizielle Amtssprache ist, aber manchmal auch Rätoromanisch und Deutsch gemeinsam Amtssprache ist, konnte das Initiativkomitee die rätoromanische Bevölkerung aus Praktikabilitätsgründen nicht als eigene Gebiete in die Verfassungsinitiative aufnehmen.

Der Bundesrat bemängelt die Abhängigkeit von starken Gruppierungen bei einer Volkswahl. Der zeitliche Aufwand „für einen landesweiten Wahlkampf und für Imagekampagnen wäre zu gross". Mit der heutigen Medienlandschaft und den gleichzeitig zu den Bundesratswahlen stattfindenden National- und Ständeratswahlen ist der Aufwand von Bundesratskandidaten zwar hoch, aber dank Fernseh- und Internetauftritten, Interviews in allen Zeitungen usw. gut zu bewerkstelligen. Für bisherige Bundesräte würde der Aufwand nicht grösser als bisher im Umfeld von Nationalratswahlen. Es darf im Übrigen nicht vergessen werden, dass der Bundesrat heute dem Parlament „gefallen" muss und entsprechende Anbiederungen immer wieder offensichtlich sind. Eindeutig ist: Die Volkswahl des Bundesrates würde transparentere Wahlen bringen und die Rechenschaft der Landesregierung gegenüber dem Volk verstärken.

 
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