Themen
Aussenpolitik
Medienmitteilung

Unseriöse Parteigutachten

Die SVP ist erstaunt, dass der Bundesrat zwei abstruse, ideologisch gefärbte Studien veröffentlicht, die ohne jegliche Plausibilität den „Wegfall der bilateralen“ Verträge in apokalyptische Dimensionen rückt.

Die SVP ist erstaunt, dass der Bundesrat zwei abstruse, ideologisch gefärbte Studien veröffentlicht, die ohne jegliche Plausibilität den „Wegfall der Bilateralen I“ in apokalyptische Dimensionen rückt. Erstens hat weder die Schweiz noch die EU ein Interesse an einem Szenario ohne gegenseitige Beziehungen. Und zweitens halten die Annahmen schon den einfachsten Realitätskontrollen nicht stand. Die Glaubwürdigkeit behördlicher Drohungen über Sein oder Nichtsein ohne gewisse bilaterale Verträge mit der EU ist zwar seit dem EWR-Kampf von 1992 hinlänglich bekannt, dennoch schadet der Bundesrat mit solchen untauglichen Publikationen der Schweiz, indem er seine eigene Verhandlungsposition mit der EU untergräbt.

Die gegenseitigen wirtschaftlichen Interessen zwischen der Schweiz und der EU werden in jedem Fall auch in Zukunft dazu führen, dass die entsprechenden Beziehungen möglichst reibungslos verlaufen. Daran haben die einzelnen Mitgliedstaaten ein ebenso grosses Interesse wie die betroffenen Unternehmen. Die EU exportiert nämlich erheblich mehr in die Schweiz, als sie aus der Schweiz importiert: Im letzten Jahr hat die Schweiz aus der EU Waren im Wert von 130,6 Milliarden Franken importiert, während sie für 114,04 Milliarden Franken Waren exportierte. Allein aus Deutschland importierte die Schweiz Güter im Umfang von 51,27 Milliarden Franken, exportierte aber für lediglich 38,60 Milliarden Franken. Vor diesem Hintergrund machen derzeit beispielsweise Wirtschaftsvertreter wie Diplomaten klar, dass eine Kündigung der bilateralen Abkommen I durch die EU als Folge einer Begrenzung der Zuwanderung durch die Schweiz nicht zu befürchten ist. Zu erinnern ist auch an für unsere Nachbarstaaten äusserst vorteilhafte Verträge wie etwa das Landverkehrsabkommen, dessen Kündigung diese Länder nicht zustimmen werden.

Falsche Annahmen
Die heute vom Bundesrat präsentierten Studien bauen auf völlig falschen Annahmen auf: Sie gehen davon aus, dass die Bilateralen I wegfallen und durch keine neuen Abkommen ersetzt würden, weder mit der EU noch mit einzelnen Mitgliedsstaaten. Dass aber die Beziehungen quasi abgebrochen werden, ist absolut unrealistisch und muss als pseudowissenschaftliche Angstmacherei bezeichnet werden. Es wird auch in Zukunft immer eine Form der bilateralen Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU bzw. einzelnen Mitgliedsländern geben. Diese Beziehungen sind auch durch vielfältige Verträge, beispielsweise im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO oder durch das Freihandelsabkommen von 1972 in grossen Teilen abgesichert.

Abstruse Berechnungen
Die Berechnungen in der Studie des Bundesrates sind denn auch abstrus und halten letztlich einem Realitätscheck nicht stand. Die Berechnungen beruhen zu einem überwiegenden Teil auch nicht auf aktuellem, realem Zahlenmaterial sondern auf irgendwelchen Annahmen (z.B. öffentliches Beschaffungswesen). Wichtige Tatsachen werden dabei zudem ausgeblendet, welche den Nutzen der Bilateralen I in einem wesentlich kritischeren Licht darstellen:

  • Es ist nicht einsichtig, weshalb eine Reduktion der Nettozuwanderung um 25% einen negativen volkswirtschaftlichen Effekt haben soll, erfolgt doch heute über 50% der Nettozuwanderung nicht in den Arbeitsmarkt. Das Arbeitsangebot und die Produktivität wären von einer Reduktion in diesem Bereich nicht betroffen.
  • 1945 bis 2001 (vor Einführung der Bilateralen I) betrug das jährliche Pro-Kopf-Wachstum in der Schweiz durchschnittlich 2% – ohne Personenfreizügigkeit. Heute ist dieses Wachstum tendenziell negativ.
  • Der prozentuale Anteil der Schweizer Exporte in den EU-Raum ist seit Einführung der Bilateralen I und noch deutlicher seit Einführung der vollen Personenfreizügigkeit markant zurückgegangen (von 65% auf 54%). Andere Märkte haben an Bedeutung gewonnen.
  • Seit Einführung der vollen Personenfreizügigkeit 2007 hat sich der Wohlstand – gemessen am BIP pro Kopf – nicht positiv, sondern tendenziell negativ entwickelt.
  • Die Kosten der derzeitigen Masseneinwanderung und ihre Auswirkungen in der Zukunft im Bereich der Sozialwerke, der Infrastrukturen, der Raumplanung, der Einschränkung des flexiblen Arbeitsmarktes usw. werden völlig ausgeblendet.
  • Andere Studien konnten bisher kaum relevante Effekte durch den Wegfall einzelner Verträge nachweisen.
  • Die Schweiz erhält auch ohne Personenfreizügigkeit jederzeit alle ausländischen Arbeitskräfte, die sie braucht.

Solche untauglichen Studien bringen in der aktuellen Debatte nichts. Der Bundesrat untergräbt damit vielmehr seine eigene Verhandlungsposition gegenüber der EU.

 
Wir verwenden Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten und Zugriffe auf unsere Webseite analysieren zu können. Ausserdem geben wir Informationen zur Nutzung unserer Webseite an unsere Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.Details ansehen Details ansehen
Ich bin einverstanden