Referat

Asylgesetz muss Missbrauchsbekämpfung ermöglichen

Die knappe Ablehnung der Asylinitiative am 24. November 2002 ändert nichts daran, dass unser Land mit einem Problem konfrontiert bleibt, das sich wie folgt charakterisiert…

Regierungsrätin Rita Fuhrer, Vorsteherin der Direktion für Soziales und Sicherheit, Zürich

Die knappe Ablehnung der Asylinitiative am 24. November 2002 ändert nichts daran, dass unser Land mit einem Problem konfrontiert bleibt, das sich wie folgt charakterisiert:

  • Pro Kopf der Bevölkerung sind die Asylbewerberzahlen um ein doppeltes und mehr höher als jene des benachbarten Auslandes;
  • rund 90% der Asylsuchenden erfüllen die Voraussetzung für eine Asylgewährung nicht;
  • es wird über das Asylgesuch bzw. über das Vorliegen von Asylgründen entschieden, ohne dass die entscheidenden Instanzen die Identität und Herkunft des Asylsuchenden kennen;
  • diese versucht man erst im Rahmen des Vollzuges abzuklären, wobei sich oft genug herausstellt, dass seine für das Verfahren relevante Identität mit der Realität nicht die geringste Übereinstimmung hat;
  • lange dauernde erstinstanzliche Verfahren, ordentliche und ausserordentliche Rechtsmittelverfahren und (angeblich) fehlende Papiere führen dazu, dass Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller trotz fehlender Asylvoraussetzungen vielfach lange in unserem Land bleiben und nicht in ein Drittland oder ihr Heimatland zurückgeschafft werden können;
  • unter den Gesuch stellenden Personen befinden sich viele, die auf Grund ihrer Qualifikation nie eine ordentliche Einreise- oder Aufenthaltsbewilligung erhalten würden bzw. denen früher eine solche verweigert wurde;
  • renitentes bis aggressives Verhalten von Gesuchstellenden, etwa solchen – nicht nur, aber in letzter Zeit vermehrt zu beobachten – aus schwarzafrikanischen Ländern, führt zu einer zunehmenden Verunsicherung und Verärgerung der Bevölkerung mit der Folge, dass es schwierig ist, die Bereitschaft zur Aufnahme von Asylsuchenden zu erhalten oder gar zu erhöhen.

Diese unliebsamen Tatsachen sind für die Kantone problematischer als für den Bund. Zwar sind die Formulierung der Asylpolitik und die Asylgesetzgebung Sache des Bundes. Im Alltag sind es aber die Kantone und die Gemeinden, die das Asylwesen bzw. dessen Auswirkungen konkret erleben, da der Bund die Fürsorge für Asylsuchende, und damit den Aufenthalt in der Schweiz und schlussendlich das Zusammenleben mit uns, an die Kantone delegiert. Da der Vollzug von rechtskräftigen Wegweisungen nach negativem Asylverfahren – trotz zugegebenermassen erheblicher gemeinsamer Anstrengungen des Bundes und der Kantone – sich nach wie vor nicht in der gewünschten Effektivität gestaltet, werden die Asylstrukturen in Kantonen und Gemeinden mit Personen belastet, die unser Land – zum Teil seit langer Zeit – wieder verlassen müssen.

Es besteht Handlungsbedarf!

Hier muss Abhilfe geschaffen werden. Die recht weit verbreitete Haltung, man habe alles mögliche getan und könne nicht mehr tun, weshalb die Zustände hingenommen werden müssten, wie sie sind, wird oft mit dem humanitären Deckmantel versehen, ist aber alles andere als humanitär. Missstände hinnehmen heisst, das Vertrauen der Bevölkerung in die Behörden (man geht davon aus, dass diese dazu da sind, Fehler wo sie erkannt sind zu beheben) missbrauchen und die Hilfsbereitschaft des Schweizer Volkes gegenüber Verfolgten und Vertriebenen – letztlich also die humanitäre Tradition der Schweiz – aufs Spiel setzen!

Der Handlungsbedarf ist ausgewiesen. Zum einen bietet die hängige Teilrevision des Asylgesetzes die Möglichkeit dazu und deshalb muss dieses in verschiedenen Punkten nachgebessert werden. Zum anderen sind unabhängig von gesetzlichen Regelungen bzw. innerhalb der geltenden Gesetzgebung in der täglich gelebten Praxis Verbesserungen notwendig.

Als wesentliche Beispiele wären zu nennen:

Im Verfahren:

Sowohl für das erstinstanzliche Verfahren beim Bundesamt für Flüchtlinge als auch für das Beschwerdeverfahren vor der Schweizerischen Asylrekurskommission sind Ordnungsfristen für die Behandlungsdauer festzulegen (so wie Art. 29 AsylG vorschreibt, dass die kantonale Behörde innerhalb von 20 Tagen nach dem Zuweisungsentscheid den Asylsuchenden zu den Asylgründen anzuhören hat). Ähnliches ist für die Behandlung von Revisions- und Wiedererwägungsgesuchen nach rechtskräftigem Verfahrensabschluss vorzusehen.

Es soll ausdrücklich erlaubt und vorgeschrieben werden, dass bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens mit der Abklärung der Identität und der Herkunft des Asylsuchenden begonnen werden kann und muss und diese nicht auf den Zeitpunkt nach Vorliegen des letztinstanzlichen Asylentscheides aufgeschoben wird. Mit der Beschaffung von Reisepapieren soll zudem nach Vorliegen des erstinstanzlichen Entscheides begonnen werden können und müssen.

Das nunmehr durchgängig vorgesehene Gebot, dass unbegleitete minderjährige Asylsuchende sofort nach der Gesuchstellung eine Vertrauensperson und für das weitere Verfahren eine Beistand- oder Vormundschaft zu bestellen ist, soll auf ein vernünftiges Mass zurückgeführt werden. Eine Vertrauensperson ist nur dann zu bestellen, wenn der asylsuchende Jugendliche nach Einschätzung der Behörden das 14. Altersjahr noch nicht vollendet hat; eine Beistand- oder Vormundschaft soll nur angeordnet werden, wenn im Einzelfall wirklich ein ausgewiesener Bedarf dafür besteht.

Im Vollzug:

Bund und Kantone müssen noch enger als bisher zusammenarbeiten und laufend nach Verbesserungen suchen.

Zur Abklärung der Identität und Herkunft abgewiesener Asylsuchender sollten die Behörden zwecks Auffindung von Reise- und Identitätspapieren nicht nur die Habe der Asylsuchenden selber, sondern auch Räumlichkeiten und Habe von Dritten durchsuchen können.

Zur Abklärung der Identität und Herkunft abgewiesener Asylbewerber sollten die Behörden deren Brief- und insbesondere den Zahlungsverkehr überwachen und Einsicht in entsprechende Dokumente nehmen können. Dies weil erwiesen ist, dass sehr viele Asylsuchende hierzulande erworbene Geldmittel in ihre – wahre – Heimat überweisen, um ihre dortigen Angehörigen zu unterstützen.

Für rechtskräftig ab- und weg gewiesene Asylsuchende, die durch ihr Verhalten das Scheitern des Vollzuges bewirken, ist die – einen humanitären Zweck verfolgende – vorläufige Aufnahme der falsche Status. Es sollte für solche Personen ein Status geschaffen werden, der den weiteren Verbleib in der Schweiz so unangenehm wie möglich gestaltet. So sollte es unter einem solchen Status möglich sein, sie in ihrer Bewegungsfreiheit derart einzugrenzen, dass sie beispielsweise auf das Gebiet einer Aufenthaltsgemeinde oder eines Aufenthaltsortes „eingegrenzt“ werden können. Ein solcher Status würde als Signal auch potentiellen Migranten klar machen, dass (im Gegensatz zu heute) unkooperatives und renitentes Verhalten nicht zum Ziel führt bzw. durch „humanitäre“ Aufnahmen oder gar Aufenthaltsbewilligungen mit der dauernden Anwesenheit in der Schweiz belohnt wird.

In der Asylfürsorge:

Asylsuchende sind für die Dauer des Verfahrens von der AHV, der IV und dem KVG auszunehmen. Die vorgeschlagenen Revisionen des AHVG und des KVG gehen in die richtige Richtung, aber zuwenig weit. Erst wenn feststeht, dass eine Person dauerhaft in der Schweiz bleiben kann, soll sie in diese Versicherungswerke aufgenommen werden (betr. AHV rückwirkend). Für die Dauer des Verfahrens sind auf Bundesebene besondere Lösungen zu treffen. Z.B. könnte eine Bundeskrankenkasse für Asylsuchende im Verfahren eingerichtet werden, die die entsprechenden Kollektivversicherungen mit den Leistungserbringern abschliesst.

Die Regelung der den fürsorgeabhängigen Asylsuchenden zustehenden Sozialhilfeleistungen soll auf Bundesstufe gesamtschweizerisch vorgegeben werden. Diese Personen, die rechtlich eigentlich unter der Obhut des Bundes stehen (er führt die Verfahren), sollen überall gleich behandelt werden. Das heutige System der so genannten kantonalen Hoheit im Bereich der Asylfürsorge (faktisch bestimmt diese der Bund über seine Subventionen und die damit verbundenen Vorgaben und Kontrollmechanismen heute schon) führt zu grossen Unterschieden und letztlich auch zu ständigen Auseinandersetzungen zwischen Bund und Kantonen, ja gar zwischen den Kantonen.

 
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