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Aussenpolitik

Auswirkungen auf die Aussenpolitik: Was würde ein Nein bedeuten?

Um das Entscheidende vorweg zu nehmen: Ein „Nein" hätte praktisch keine negativen Auswirkungen auf unser Land. Wenn von den Befürwortern der Teufel an die Wand gemalt wird, so ist dies völlig…

Luzi Stamm
Luzi Stamm
Nationalrat Baden-Dättwil (AG)

Um das Entscheidende vorweg zu nehmen: Ein „Nein“ hätte praktisch keine negativen Auswirkungen auf unser Land. Wenn von den Befürwortern der Teufel an die Wand gemalt wird, so ist dies völlig deplatziert. Insbesondere ist es falsch, wenn der Bundesrat – um ein „Ja“ zu erreichen – behauptet, die EU werde die bisherigen „bilateralen Verträge“ in Frage stellen oder gar kündigen, wenn sich die Schweiz weigere, die Milliarde zu be¬zahlen. Abgesehen davon, dass dies in völligem Widerspruch zu früheren Aussagen des Bundesrats steht (es gäbe keinen Zusammenhang mit den Bilateralen), dürfen wir uns nicht erpressen lassen!

Bei einem „Nein“: Probleme für Bundesrätin M. Calmy-Rey

Nicht für die Schweiz gäbe es bei einem „Nein“ Probleme; ein Problem hätte allerdings der Bundesrat, allen voran unsere Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Es ist unakzeptabel, dass von Seiten des Bundesrats den EU-Verantwortlichen hinter den Kulissen längst versprochen wurde, Brüssel müsse sich keine Sorgen machen: Man werde schon dafür sorgen, dass das Schweizer Volk diese Milliarde gutheissen wird. Solche „geheime Absprachen“, welche unsere direkte Demokratie aushebeln, können wir uns nicht bieten lassen. Wo kommen wir hin, wenn unsere Aussenministerin hinter dem Rücken der Bevölkerung Versprechungen macht, obwohl sie genau weiss, dass unsere Bevölkerung das letzte Wort hat?

Ein „Nein“ ermöglicht uns, auch künftig autonom über Zahlungen zu beschliessen

Besonders gefährlich ist bekanntlich bei der kommenden Abstimmung über das Osthilfegesetz, dass wir damit nicht nur über die nun zur Diskussion stehende Milliarde abstimmen. Vielmehr würde Bundesbern mit einem „Ja“ einen Freipass erhalten, für die Oststaaten künftig Gelder zu beiwilligen, ohne dass das Schweizer Volk an der Urne noch etwas zu sagen hätte. Bereits wird hinter vorgehaltener Hand zugegeben, dass der Bundesrat für Rumänien und Bulgarien weitere 350 Mio. Franken versprochen hat. Was wird Bundesbern bezahlen, wenn gar die Balkanländer oder eines Tages vielleicht die Türkei der EU beitritt?

Niemand kann heute beurteilen, welch weit reichende Folgen dies hätte, wenn wir nun zu einem solchen Fass ohne Boden „Ja“ sagen würden. Es kann doch nicht sein, dass sich die Bevölkerung die Entscheidungsbefugnis aus der Hand schlagen lässt und dass wir stattdessen den Politikerinnen und Politikern in Bern grünes Licht geben, in Zukunft nach Belieben Milliardenzahlungen an die EU-Oststaaten zu bewilligen! Wer sieht, mit welch vorauseilendem Gehorsam gegenüber der EU ein Kniefall nach dem andern produziert wird, muss das Schlimmste befürchten, wenn unsere Politikerinnen und Politiker einen solchen Freipass erhalten.

Bei einem „Nein“ wäre echte Kompensation möglich

Die Schweiz könnte bei einem „Nein“ in Zukunft in aller Freiheit entscheiden, ob in gewissen Fällen Projekte der EU finanziell unterstützt werden sollen. Dabei könnten jeweils Lösungen gefunden werden, bei denen diese Gelder echt kompensiert werden; Lösungen also, die – im Gegensatz zu jetzt – die Kompensations-Versprechungen des Bundesrats einlösen würde. Es ist eine Zumutung, dass der Bundesrat behauptet hat, die jetzigen Milliarde koste den Schweizer Steuerzahler keinen Rappen; die 1’000 Millionen für die neuen EU-Oststaaten würden andernorts eingespart – und dass sich nun herausgestellt hat, dass diese Versprechungen des Bundesrats schlicht und einfach nicht wahr waren!

Ein „Nein“ bedeutet, dass wir angemessene Gegenleistungen fordern könnten

Und vor allem wäre es bei einem „Nein“ möglich, der EU künftig dann Zahlungen anzubieten, wenn wir eine Gegenleistung erhalten. Die SVP hat bekanntlich im Parlament wenigstens noch versucht, 3 Gegenleistungen für die nun zur Diskussion stehende Milliarde herauszuholen: Wenn die EU vertraglich garantieren würde, (1) den Flughafens Kloten nicht mehr zu diskriminieren, (2) das Schweizer Bankkundengeheimnisses zu garantieren und (3) die Steuerhoheit unserer Kantone zu akzeptieren, könne man allenfalls Gelder bewilligen. Das Parlament wollte jedoch von diesen Gegenleistungen nichts wissen.

Mit der jetzt auf dem Tisch liegenden Lösung haben wir keine Gegenleistung. Die bilateralen Verträge mit der EU sind dem Stimmbürger regelmässig als „ausgewogen“ verkauft worden. Weshalb soll denn nun noch eine Rechnung von 1’000 Mio. Franken offen sein? Die Unlogik und die Widersprüchlichkeit der Argumentation des Bundesrats sind offensichtlich: Es ist nur gerade ein Jahr her, dass der Bundesrat im Abstimmungskampf 2005 argumentiert hat, ein „Nein“ zur Ausweitung des Personenverkehrs auf die neuen Oststaaten wäre eine Beleidigung und ein Affront gegenüber diesen Staaten. Der Bundesrat behauptete also, der freie Personenverkehr liege klar im Interesse der EU-Oststaaten. Und nun sollen wir zusätzliche 1’000 Mio. Franken bezahlen? Wofür? Für einen Vorteil, den diese Staaten bereits erhalten haben?

Mit einem „Nein“ behalten wir unsere Entscheidungsfreiheit

Die Auswirkungen eines „Neins“ bestehen vor allem auch darin, dass sich die Schweiz nicht der Grundhaltung und des Systems der EU unterwirft: Die EU zieht bei ihren finanziell besser stehenden Mitgliedsstaaten Steuergelder ein und leitete diese an die wirtschaftlich schlechter stehenden Regionen weiter. Es mag sein, das gewisse Bürokraten in Brüssel fordern, die Schweiz solle gefälligst ebenfalls Beiträge an diesen „Aufbau von Europas armen Regionen“ leisten und sie solle dazu in der Schweiz auch anständig hohe Steuern einfordern (EU-Politiker kritisieren bekanntlich den angeblich „unfairen Steuerwettbewerb“, wenn wir tiefere Steuern als die EU festsetzen). Aber es kommt nicht in Frage, dass wir uns von solchen Brüsseler Wünschen erpressen lassen.

Die Schweiz ist ein selbständiges Land und wir wollen, dass dies so bleibt. Welche Steuern wir den eigenen Bürgern auferlegen, ist in unserer direkten Demokratie Sache unserer Bevölkerung. Und selbstverständlich muss es auch unsere Sache bleiben, zu entscheiden, wann wir welche Summen ins Ausland bezahlen wollen, sei dies unter dem Titel „Entwicklungshilfe“, „Drittwelthilfe“ oder unter welchem Titel auch immer. Aber es kann nicht sein, dass wir uns der EU gegenüber verpflichten, immer wieder Zahlungen an ihre angeblich „unterentwickelten Regionen“ zu tätigen. Das ist der Anfang vom Ende. Nur ein „Nein“ an der Urne kann verhindern, dass Bundesbern künftig immer wieder neue Milliarden bezahlt, die faktisch Steuerzahlungen an die EU darstellen.

Luzi Stamm
Luzi Stamm
Nationalrat Baden-Dättwil (AG)
 
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