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Die Einheitskasse bringt versteckte Rationierung und verschlechterte Versorgungsqualität

Die Abstimmung über die Einheitskrankenkasse bindet Zeit und Energie, die für die laufende Gesetzesrevision denkbar besser eingesetzt wäre. Die Entlastung der Familien, die transparente Spitalfinanzie

Simon Schenk
Simon Schenk
Nationalrat Trubschachen (BE)

Die Abstimmung über die Einheitskrankenkasse bindet Zeit und Energie, die für die laufende Gesetzesrevision denkbar besser eingesetzt wäre. Die Entlastung der Familien, die transparente Spitalfinanzierung, die Förderung von Managed Care-Modellen oder die Lockerung des Vertragszwangs weisen in die richtige Richtung. Die Einheitskasse ist dagegen ein Vorschlag, der komplett quer in der Landschaft steht. Mit der KVG-Revision macht das Parlament erste Schritte in Richtung mehr Effizienz in Krankenversicherung und Gesundheitswesen. Mittelfristig gilt es, die Wettbewerbselemente weiter zu verstärken, wie es auch die jüngsten Studien der OECD und der Kommission für Konjunkturfragen vorschlagen.

Die Einheitskasse führt zu Mehrkosten statt zu Einsparungen
Die 87 Krankenversicherer als Hauptverantwortliche für die ungünstige Kostenentwicklung im Gesundheitswesen zu bezeichnen, ist am Ziel vorbei geschossen. Sie gelten nämlich als hartnäckige Verhandlungspartner für Spitäler, Ärzte, Apotheken und andere Leistungserbringer. Diese Verhandlungen führen zu jährlichen Einsparungen in Milliardenhöhe. Die Einheitskasse würde schnell zu einem „Selbstbedienungsladen“. Die Leistungserbringer wären im Verwaltungsrat direkt vertreten! Damit würden jegliche Sparanreize und jedes Kostenbewusstsein wegfallen. Ausserdem hätten die Bürger keine Anreize mehr, sich Kosten sparend zu verhalten. Sie könnten ihre Prämien nicht mehr mit Wahlfranchisen, alternativen Versicherungsmodellen oder sogar mit einem Kassenwechsel günstig beeinflussen, da jeglicher Wettbewerb verschwinden würde.

Abhängigkeit von einem staatlichen Monopol
Heute haben die Versicherten die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Versicherern und Versicherungsmodellen zu wählen. Rund 2 bis 5 Prozent der Versicherten wechseln jährlich den Versicherer. Das sind zwischen 150’000 und 375’000 Personen. Die Versicherten können damit selber Kosten sparen und setzen die Versicherer gleichzeitig unter Druck, möglichst tiefe Prämien anzubieten. Eine staatliche Monopolkasse brächte die Bürger in eine Abhängigkeit – sie wären der Einheitskasse auf Gedeih und Verderb ausgeliefert!

Die Einheitskasse führt zu verschärfter Rationierung und staatlicher Zweiklassenmedizin
Die Einheitskasse soll einkommensabhängig finanziert werden. Wie mein Vorreferent ausgeführt hat, bedeutet dies eine neue Steuer. Diese würde vom Parlament festgelegt werden. Da die Gesundheitskosten mit der Einheitskasse wohl noch stärker steigen dürften, müsste das Parlament theoretisch jedes Jahr die Steuern erhöhen. Dies ist politisch undenkbar, insbesondere in Vorwahljahren. Die Konsequenz: Verschuldung der staatlichen Krankenkasse oder Rationierung des Leistungsangebotes. Die Zweiklassenmedizin würde vor allem bei schleppender Wirtschaftsentwicklung mit hohem Spardruck zur Realität: Wer nach wie vor Höchstqualität im Gesundheitswesen erwarten will, müsste sich fortan teure Privatversicherungen leisten können oder die durch den Staat praktizierte „Rationierungspille“ schlucken.

Das Ausland zeigt klar: Staatsmedizin funktioniert schlechter!
Staatliche Gesundheitssysteme fördern Finanzierungslücken, wie die Beispiele aus Frankreich oder Österreich zeigen. Die Konsequenz sind Schuldenberge, Steuererhöhungen und letztlich schlechtere Leistungen. Auch in Italien wurden jüngst erschreckende Beispiele der negativen Folgen einer staatlichen Einheitsversorgung publik – ein Mädchen starb im Krankenwagen, weil der Strom ausging, in Spitälern laufen streunende Hunde durch die Abteilungen. Ein anderes Beispiel: Ein mit Krebs diagnostizierter Patient lebt in der Schweiz mit 61-prozentiger Wahrscheinlichkeit fünf Jahre oder länger – in Grossbritannien sind es hingegen nur weniger als die Hälfte (48 Prozent) der Patienten, welche fünf Jahre mit Krebs weiter leben. Hier zeigt sich deutlich, dass staatliche Gesundheitssysteme zu schlechterer Versorgungsqualität führen. Für die schlechtere Versorgung durch staatliche Monopolsysteme ist auch die Wartezeit bis zur Behandlung eines Patienten bezeichnend. Im kanadischen Québec gewährte der Supreme Court den Bürgern den Zugang zu privaten Versicherungen und Leistungsanbietern, da zum Teil lebensgefährliche Wartelisten (sic!) gegen Quebecs Grundrechtskatalog verstiessen. Mit der gleichen Begründung haben in Grossbritannien Patienten erstmals seit 50 Jahren das Recht zur Wahl zwischen vier Spitälern inkl. eines privaten Anbieters.

Die Einheitskasse schwächt die Randregionen
Die SP-Initiative öffnet einer Zentralisierung des Gesundheitswesens Tür und Tor. Gefährdet sind dadurch die rund 4’000 Arbeitsplätze der heutigen Krankenversicherungen in den ländlichen Regionen. Ausserdem würde mit der Einheitskasse die Spannung zwischen Stadt und Land arg strapaziert. Kurzfristige Profiteure dieser neuen Monsterkasse wären nämlich insbesondere städtische Gebiete, weil dort die durchschnittlichen Gesundheitskosten pro Einwohner deutlich höher sind als in ländlichen Gegenden. So sind etwa die Aufwendungen pro Einwohner in Genf (Fr. 3’737.–) doppelt so hoch wie in Appenzell (Fr. 1’874.–). Dieses Gefälle mag zwar auch mit den unterschiedlichen Lebenskosten zusammen hängen, aber ganz sicher spielt auch die Tatsache mit, dass man in ländlichen Gegenden wohl weniger schnell wegen jedem „Bobo“ gleich zum Arzt rennt als in städtischen Gebieten. Solidarität ist ja gut und recht, aber sie darf nicht zu Lasten der Randregionen überstrapaziert werden.

Simon Schenk
Simon Schenk
Nationalrat Trubschachen (BE)
 
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