Referat

Die Erwartungen der SVP an die 5. IV-Revision

Die IV ist unbestritten eines der bedeutendsten Sozialwerke in unserem Land. Ihr Grundgedanke ist die Bereitschaft zur Solidarität im Falle existenzieller Not. Es handelt sich dabei um eine Not, die s

Toni Bortoluzzi
Toni Bortoluzzi
Nationalrat Affoltern am Albis (ZH)

Die IV ist unbestritten eines der bedeutendsten Sozialwerke in unserem Land. Ihr Grundgedanke ist die Bereitschaft zur Solidarität im Falle existenzieller Not. Es handelt sich dabei um eine Not, die sich aus gesundheitlicher Einschränkung ergibt. Sie hindert Betroffene daran, eigenverantwortlich die persönliche materielle Existenz zu sichern. Als Teil der ersten Säule, welche sich im Umlageverfahren finanziert, springt die Invalidenversicherung in diese Lücke und übernimmt die Sicherung der materiellen Existenzsicherung.

„Jede Person nimmt Verantwortung für sich selber wahr und trägt nach ihren Kräften zur Bewältigung der Aufgaben in Staat und Gesellschaft bei.“ Mit der 5. IV-Revision soll dieser Grundsatz der individuellen und gesellschaftlichen Verantwortung aus Artikel 6 unserer Bundesverfassung auch für Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen Anwendung finden. Auch wenn dies die Linke pausenlos tut – ist es völlig verfehlt, die Forderung nach verstärkter Eigenverantwortung von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen als unsozial zu bezeichnen. Im Gegenteil: Die Nutzung der verbleibenden körperlichen Fähigkeiten und Bemühungen, die Möglichkeiten von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen zu fördern, stärkt das Selbstvertrauen sowie das Wohlbefinden der Betroffenen. Der Einbezug der Betroffenen kann gar als Therapie dienen und gesundheitsfördernde Wirkung haben.

Die in den vergangenen zwanzig Jahren aufgekommene Art der Sozialpolitik ist ebenso verfehlt, wie die Ausgrenzung der Betroffenen zu Beginn des industriellen Zeitalters. War es damals die Einschränkung der Selbstbestimmung durch totale Bevormundung, so handelt es sich heute um eine totale Bevormundung durch ein überbordendes linkes Helfersyndrom. Statt die Eigenständigkeit soweit zumutbar zu fördern, wurde eine immer grösser werdende Betreuungsindustrie aufgebaut, die den Eindruck erweckt, Sozialarbeit zum Selbstzweck zu leisten.

Die 5. IV-Revision ist eine sozialpolitische Weichenstellung. Die Arbeit der verantwortlichen Betreuungspersonen in den IV-Stellen, welche den aktuellen Willen des Gesetzgebers umsetzen muss, hat sich konsequent auf die Eingliederung und die Selbständigkeit der Betroffenen auszurichten.

Fest steht: Die IV-Stellen haben den Auftrag des Gesetzgebers, welcher jedes Jahr knapp eine halbe Milliarde Franken an Steuermitteln in die Arbeitsmarktintegration investiert, umzusetzen.

Das vor der 5. Revision formulierte Ziel einer Rentenreduktion von 20 Prozent sollte nochmals deutlich übertroffen werden. IV-Stellen-Verantwortliche, welche der Neuausrichtung der IV nicht gewachsen sind, müssen im Interesse der Betroffenen abgelöst werden. Ausserdem gilt es Doppelspurigkeiten mit anderen Sozialversicherungen, wie etwa der Arbeitslosenversicherung, zu vermeiden. Soziale Kompetenz fördert die Restfähigkeiten der Betroffenen und setzt Wissen über wirtschaftlichen Erwartungen und Möglichkeiten voraus. Das alleinige Gutmensch-Sein genügt heute nicht mehr!

Die SVP unterstützt die 5. IV-Revision und damit die Politik des Bundesrates. Unsere Erwartungen an die 5. IV-Revision habe ich eben dargelegt. Allerdings gehen unsere Erwartungen über die blosse Revision hinaus. Auch bestehende Vorschriften müssen ebenso konsequent umgesetzt werden. So sollte insbesondere die Überprüfung der bestehenden Renten praktisch und unabhängig vorgenommen werden.

Bei klaren gesundheitlichen Einschränkungen, wie etwa im Falle von Geburtsgebrechen, braucht es nicht alle zwei Jahre eine vollständige Neuüberprüfung inklusive eines neuen ärztlichen Gutachtens. Jedoch sind IV-Rentner mit einer unklar-kausalen Rentenursache umgehend einer intensiven Rentenrevision zu unterziehen. Hier muss bei der Neuüberprüfung der Hebel angesetzt werden.

Heute wird bei einer Person mit Down Syndrom jedes zweite Jahr festgestellt, dass sie noch immer dieser Gesundheitseinschränkung unterliegt, während Menschen mit unklaren IV-Ursachen wie psychische Leiden, Schleudertraumata, undefinierbare Schmerzen etc. viel zu wenig und vor allem zu wenig strikt überprüft werden. Wer heute eine IV-Rente mit unklarem Gesundheitsbild bezieht, darf ein Fahr- oder Flugzeug führen, da man ihm dafür eine genügende gesundheitliche Leistungsfähigkeit attestiert. Hingegen weiss man bei der gleichen Person nicht, aus welchem Grund sie nicht mehr arbeiten kann. Solche Missstände gilt es zu korrigieren. Es geht letztlich auch darum, der angeschlagenen IV bei den Beitragszahlern wieder zu mehr Glaubwürdigkeit zu verhelfen.

Die heutige Gesetzgebung kann zusammen mit der 5. IV-Revision in kurzer Zeit eine klare Verbesserung der Zustände in der Invalidenversicherung bringen. Es gilt aber seitens des Bundesrates, der Verwaltung, der IV-Stellen und Justiz alles nur Erdenkliche zu unternehmen, statt nur davon zu reden. Die Schuldensituation in der IV zwingt uns dazu. Spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten der 5. IV-Revision wird man bewerten können, ob die Vorgaben des Gesetzgebers umgesetzt wurden oder nicht.

Toni Bortoluzzi
Toni Bortoluzzi
Nationalrat Affoltern am Albis (ZH)
 
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