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Gentech-Moratorium ist überflüssig, unehrlich und schädlich

Das 2004 in Kraft gesetzte Gentechnikgesetz misst dem Schutz von Mensch, Tier und Umwelt grosse Bedeutung zu. Es war einst als indirekter Gegenvorschlag zur Genschutz-Initiative gedacht, die vom…

Hansruedi Wandfluh
Hansruedi Wandfluh
Nationalrat Frutigen (BE)

Das 2004 in Kraft gesetzte Gentechnikgesetz misst dem Schutz von Mensch, Tier und Umwelt grosse Bedeutung zu. Es war einst als indirekter Gegenvorschlag zur GenschutzInitiative gedacht, die vom Schweizervolk im Juni 1998 mit einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt wurde. Dieses Gesetz ist weltweit eines der strengsten. Es regelt die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen in der Schweiz umfassend. Ziel dieses Gesetzes ist der Schutz von Mensch, Tier und Umwelt vor Missbräuchen der Gentechnologie, ohne das Nutzpotential der neuen Technologien direkt auszuschliessen.

Das Parlament hat bei der Gesetzesberatung in verschiedenen Abstimmungen ein Freisetzungsmoratorium für gentechnisch veränderte Produkte (GVO) abgelehnt. Die am 18. September 2003 eingereichte Volksinitiative „für Lebensmittel aus gentechnikfreier Landwirtschaft“ verlangt jetzt erneut ein fünfjähriges Verbot für die kommerzielle Anwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft.

Dieser neuerliche Vorstoss ist eine unnötige, politische Zwängerei. Sie missachtet den Volksentscheid zur Genschutz-Initiative von 1998, bei dem ein Freisetzungsverbot vom Volk deutlich abgelehnt wurde. Er trägt auch den parlamentarischen Entscheiden beim Gentechnikgesetz und bei der Revision des Landwirtschaftsgesetzes keine Rechnung, bei welchen alle Moratoriumsanträge auf der Strecke geblieben sind.

Es ist schon alles geregelt

Die ganze Gentechnologie-Diskussion ist eine sehr emotionale Angelegenheit. Es ist an der Zeit, sich sachlich mit Pro und Kontra auseinanderzusetzen. Moratorien haben noch nie zur Lösung von Problemen beigetragen, sondern notwendige Entscheidungen zum Schaden von Fortschritt und Wettbewerbsfähigkeit aufgeschoben. Es ist sowohl den Befürwortern wie auch den Gegnern des Moratoriums klar, dass es das Moratorium von der Sache her gar nicht braucht. Unser heute geltendes Gentechnikgesetz sieht für jeden Schritt der Inverkehrsetzung von GVO-Produkten strenge Anforderungen vor: Die Rücksicht auf die Würde der Kreatur, die Artenvielfalt und alle irgendwie vorstellbaren Auswirkungen auf die Umwelt oder auf das ökolo¬gische Gleichgewicht sind darin erfasst und geregelt. Das Moratorium ist überflüssig, denn innerhalb der nächsten fünf Jahre werden, bedingt durch das aufwändige Zulassungsverfahren, ohnehin keine gentechnisch veränderten Organismen freigesetzt. Im Übrigen haben die Umweltverbände das Verbandsbeschwerderecht, von dem sie aus fundamentalistischen Gründen in jedem Fall Gebrauch machen würden.

Eine Freisetzung würde schon nur dadurch um Jahre hinausgezögert. Zudem sind aktuell keine solchen Gesuche gestellt.

Initiative ist unehrlich

Es geht beim Moratorium somit nicht um die Sache, die vorgegeben wird, sondern es geht den Initianten um das langfristige Verbot der Gentechnologie. In diesem Sinne ist die Initiative unehrlich. Wer ihr aufsitzt, wird eines Tages bitter enttäuscht sein. Sie streut den Bauern und Konsumenten Sand in die Augen und verspricht eine Realität, die nicht eintreffen wird. Das haben sowohl die Leute vom Konsumentenforum bemerkt, die gegen die Vorlage antreten, wie auch verschiedene Landwirte, die ein bäuerliches Komitee gegen das Gentech-Moratorium gebildet haben. Das Moratorium nimmt den Konsumenten die Wahlfreiheit und bevormundet die Schweizer Bauern. Nur importierte, gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel dürfen verkauft werden – Produkte aus schweizerischer Produktion hingegen nicht. Einmal mehr werden die Schweizer Bauern mit zusätzlichen Vorschriften eingeschränkt und im weltweiten Konkurrenzkampf benachteiligt. Dies obschon in der Studie von Agroscope FAL Reckenholz (der eidgenössischen Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau) klar nachgewiesen wurde, dass das Nebeneinander einer Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik auch in der Schweiz problemlos möglich ist.

Die Moratoriums-Initiative ist nicht nur überflüssig und unehrlich, sondern auch schädlich – schädlich wegen der Signale, die ausgesendet werden. Kein Unternehmen erforscht und finanziert Projekte und Produkte in einem Land, in welchem bekannt ist, dass die erforschten Produkte nicht eingesetzt werden können? Forschung, Entwicklung und kommerzieller Einsatz ist untrennbar miteinander verbunden. Die Initiative ist damit indirekt einen Angriff auf unseren Forschungsstandort. Die Schweiz nimmt heute in der biotechnologischen Forschung weltweit einen Spitzenplatz ein und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des Hungers in dieser Welt. Eine Schwächung unseres Forschungsstandorts dürfen wir, eine Partei, die an einem funktionierenden Technologie- und Wirtschaftsstandort Schweiz interessiert ist, nie zuzulassen.

Auch die Landwirte müssen sich fragen, welche Signale sie aussenden wollen. Ist es das Signal, dass sie zusammen mit der SP, den Grünen, mit Greenpeace, WWF und Pro Natura, auf die Gentechnik und damit auf die Errungenschaften der Genforschung auf ewige Zeiten verzichten wollen? Oder ist es das Signal, dass sie zusammen mit der Wirtschaft, mit rund 150 in diesem Bereich tätigen Firmen, die Gentechnik weiter erforschen wollen, um vielleicht eines Tages selber Kartoffeln anzupflanzen, die gegen die Kartoffelfäulnis immun sind, oder Obst, das dem Feuerbrand widersteht? Wollen sie sich diesen Nutzungsoptionen wirklich verschliessen? Ich bin überzeugt, Jeremias Gotthelf hätte zur Bekämpfung der in seinem Buch „Geld und Geist“ beschriebenen europaweiten Kartoffelpest in der Mitte des 19. Jahrhundert gentechnisch veränderte Kartoffeln aus den USA angepflanzt, wenn er damit die grosse Hungersnot hätte lindern können.

Ich bitte Sie, den Grundsätzen unserer Partei treu zu bleiben. Setzen Sie auf die Freiheit und Eigenverantwortung der Leute. Gewähren Sie den Konsumenten die Wahlfreiheit und den Bauern die Anbaufreiheit. Setzen Sie sich gegen neue Gesetze und Verordnungen zur Wehr und erklären Sie der politischen Zwängerei eine klare Abfuhr. Lösen Sie die Probleme mit Verstand, statt sie mit einem Bauchent¬scheid auf die lange Bank zu schieben. Stehen Sie ein für unseren Wirtschaftsstandort, getreu unserem Parteiprogramm. Stimmen Sie NEIN zum Gentech-Moratorium. Ich danke Ihnen.

Hansruedi Wandfluh
Hansruedi Wandfluh
Nationalrat Frutigen (BE)
 
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