Referat

Gesetz gegen die „Abzockerei“ besser als „Abzockerinitiative“

Bei jedem gut geführten Unternehmen gilt: Der Unternehmer (Eigentümer) hat die Vergütungen seiner leitenden Angestellten zu bestimmen. Leider gilt dies heute vor allem bei den grössten…

Christoph Blocher
Christoph Blocher
a. Bundesrat Herrliberg (ZH)

Bei jedem gut geführten Unternehmen gilt: Der Unternehmer (Eigentümer) hat die Vergütungen seiner leitenden Angestellten zu bestimmen. Leider gilt dies heute vor allem bei den grössten börsenkotierten Unternehmen nicht. Dort haben heute die Aktionäre über die Saläre der leitenden Leute nichts zu sagen. Die Verwaltungsräte bestimmten ihre Bezüge selbst. Das führte zu zum Teil exorbitanten Entschädigungen und Boni. Sogar noch bei Misserfolg.

Abhilfe ist dringend notwendig

Dieser Missstand ist dringend zu beseitigen. Das tut endlich der Gegenvorschlag zur Minderinitiative. Dieses Gesetz gegen die Abzockerei ist dank dem Druck der Minder-Initiative ermöglicht worden. Ohne diese hätten Bundesrat und vor allem die Mitteparteien nichts gemacht!

Nur leider kann das griffige Gesetz gegen die Abzockerei nicht in Kraft treten, weil den Initianten die Kraft fehlte, diese Volksinitiative zurückzuziehen. Das ist tragisch, denn der Gesetzesvorschlag erfüllt die Forderungen der Volksinitiative gegen Abzockerei weitestgehend. Nun muss die Abzocker-Initiative abgelehnt werden, damit die Selbstbediendungs-Mentalität in den grossen Aktiengesellschaften aufhört. Nur die Ablehnung der Abzockerinitiative garantiert dies!

Der griffige Gegenvorschlag

1. Der Gegenvorschlag, der bei Ablehnung der Volksinitiative nach drei Monaten in Kraft treten kann, sieht vor, dass jährlich die Generalversammlung die Gesamtsumme sämtlicher Vergütungen des Verwaltungsrates und die Vergütungen jedes einzelnen Verwaltungsrates verbindlich genehmigt. Der Gegenvorschlag geht in dieser Beziehung über die Initiative hinaus.

2. Der Gegenvorschlag verbietet die Depot- und Organstimmrechte für alle börsenquotierten Gesellschaften.

3. Unabhängige Stimmrechtsvertreter werden durch die GV gewählt. Die Gesellschaftsorgane dürfen also keine Stimmen mehr vertreten.

4. Für die Geschäftsleitung ist nicht nur der Gesamtbetrag, sondern auch der höchste auf ein Mitglied entfallende Betrag (neu: OR Art. 731 g Abs. II, Ziff 2) zu genehmigen.
Die Statuten bestimmen, ob dies verbindlich oder konsultativ geschehen soll. Die konsultative Regelung hat sich als wirksam erwiesen. Die Verbindlichkeit hat den Nachteil, dass bei Ablehnung die gesamte Geschäftsleitung ohne eine Entschädigung dasteht, und es Wochen dauert, bis eine neue Generalversammlung einberufen werden kann. Aber die Aktionäre können entscheiden, ob sie verbindliche oder fakultative Abstimmungen wollen.

5. Der Gegenvorschlag verbietet wie die Volksinitiative Abgangsentschädigungen und Vorauszahlungen an Mitglieder von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung (neu: OR Art. 731 l Abs.1 Ziff. 1 und 2). Weil es aber gerechtfertigte Ausnahmen geben kann, sieht er eine Ausnahme vor. Aber eine solche Ausnahme ist nur möglich, wenn dies erstens die Generalversammlung mit zwei Drittel der Stimmen und der Mehrheit des Aktienkapitals genehmigt und zusätzlich dies im Interesse des Unternehmens geschieht. Diese Ausnahme ist sehr restriktiv und richtig so. Denn wer kennt nicht die Fälle, wo man mit einer Abgangsentschädigung für einen unfähigen Manager billiger davon kommt. Die Volksinitiative sieht keine einzige Ausnahme vor und macht Firmen führungsunfähig. Man bedenke: Die Volksinitiative und der Gegenvorschlag gelten nicht nur für die grossen Firmen, sondern auch für alle anderen – einige Hundert – kleinere und mittlere Unternehmen an der Börse!

6. Der Gegenvorschlag sieht vor, dass vielerlei Einzelheiten (Erfolgs- und Beteiligungspläne, Anzahl VR-Mandate, Rentenregelungen, allfällige Kreditgrundsätze etc.) nicht – wie in der Volksinitiative vorgesehen – in den Statuten sondern im Vergütungsbericht verankert werden. Der Vergütungsbericht muss aber jedes Jahr durch die Generalversammlung genehmigt werden. Das ist sinnvoll. Denn Dinge, die sich laufend ändern, sollten nicht statutarisch festgehalten, aber doch wie die Statuten durch die Aktionäre beschlossen werden. Die Volksinitiative bedeutet für all die Hunderten von Firmen eine unheimliche Bürokratie und gefährdet Arbeitsplätze.

7. Nur der Gegenvorschlag sieht die Rückerstattung einer Vergütung vor, die angesichts einer ungenügenden Leistung als zu hoch beurteilt wird. Und dies ungeachtet der finanziellen Situation des Unternehmens. Das ist eine sehr effiziente Klausel. Das fehlt in der Volksinitiative völlig. Die Ethos-Stiftung, die Vermögen der Pensionskassen vertritt, erwähnt, dass beispielsweise Brady Dougan als CEO der CS den Betrag von 70 Millionen Franken, die er im Rahmen früherer Beteiligungspläne erhalten hat, zurückgeben müsste, wäre der Gegenvorschlag schon in Kraft.

8. Seit Jahren setze ich mich dafür ein, dass Verwaltungsräte jedes Jahr einzeln gewählt, bzw. wieder gewählt werden müssen. Dies insbesondere, weil es nicht angeht, dass sich Verwaltungsräte für drei Jahre wählen lassen, aber sich dann jedes Jahr ohne Einfluss der Eigentümer selbst bedienen. Die einjährige Amtsdauer wird im neuen Aktienrecht für börsenkotierte Firmen zum gesetzlichen Normalfall erklärt. Die Statuten können bis 3 Jahre vorsehen Im Gegenvorschlag wurde auf die zwingend einjährige Amtsdauer verzichtet, weil die Angst vor Raidern und Hedge-Fonds überwog. Ganz von der Hand zu weisen ist dies nicht. Da nun nach dem neuen Aktienrecht sämtliche Bezüge, Boni, Entschädigungen jährlich von der Generalversammlung beschlossen werden müssen, fällt der Hauptgrund der einjährigen Amtsdauer weg.

9. Einzelne Regelungen der Volksinitiative von untergeordneter Bedeutung hat das Gesetz nicht aufgenommen. Diese wären für kleinere Firmen auch sehr nachteilig. Nur die Ablehnung der Volksinitiative garantiert das Gesetz gegen die Abzockerei. Nur bei Ablehnung könnte dieses sofort in Kraft treten, und damit könnten die Missstände überrissener Boni und Entschädigungen unverzüglich behoben werden. Aber ohne die bürokratischen und Arbeitsplatz gefährdenden Einzelmassnahmen.

Fazit:
Mit dem Gegenvorschlag wird die Abzockerei verunmöglicht, ohne dass Tausende von Arbeitsplätzen in Betrieben, die nie exzessive Saläre bezahlten, gefährdet werden. Aber nur die Ablehnung der Volksinitiative kann dies bewirken!

 

Christoph Blocher
Christoph Blocher
a. Bundesrat Herrliberg (ZH)
 
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