Referat

Keine Annäherung an internationale Gebilde, die unsere Neutralität gefährden!

Das Konzept der integralen Neutralität ist während Jahrhunderten respektiert worden. Im Jahr 1993 räumt jedoch der Bundesrat in seinem Aussenpolitischen Bericht plötzlich ein, dass grundsätzlich eine

André Bugnon
André Bugnon
Nationalrat St-Prex (VD)

Das Konzept der integralen Neutralität ist während Jahrhunderten respektiert worden. Im Jahr 1993 räumt jedoch der Bundesrat in seinem Aussenpolitischen Bericht plötzlich ein, dass grundsätzlich eine gewisse Anzahl von Aktionen auf internationaler Ebene mit unserer Neutralität vereinbar seien. Es handelt sich dabei um die Beteiligung an Aktionen, die von der UNO beschlossen worden sind: Beteiligung an Friedenserhaltungsoperationen und an Wirtschaftssanktionen gegenüber gewissen Ländern sowie die Möglichkeit, bei der Schaffung von internationalen Konzepten im Bereich der Sicherheit mitzumachen. Die Schweiz war damals noch nicht UNO-Mitglied.

Eine Strategie, die uns annähert an internationale Sicherheitsstrukturen
Unser Land ist dem Programm „Partnerschaft für den Frieden“ der Nato im Jahr 1997 und der UNO im Jahr 2003 beigetreten. Diese Entwicklung führt uns klar vor Augen, dass der Aussenpolitische Bericht von 1993 Wegbereiter für eine Strategie war, die uns den internationalen sicherheitspolitischen Strukturen immer näher bringt. Der Bundesrat hat zu diesem Zweck auf die Politik der kleinen Schritte zurückgegriffen, indem er vorerst militärische Sanktionen der UNO unterstützte, um darauf der UNO beizutreten, genau so wie er heute Aktionen der Nato unterstützt, um eines Tages den Beitritt zum Nordatlantikpakt vorzuschlagen.

Wenn die Frage der Vereinbarkeit dieser Abkommen mit unserer Neutralität gestellt wird, antwortet der Bundesrat jeweils, dass die Neutralität wandelbar, aber in ihrem Grundsatz durch diese Abkommen keinesfalls in Frage gestellt sei. Nach Meinung des Bundesrates müssen wir eben unsere Sicherheitsinstrumente dem Wandel der Zeit anpassen können.

Mit dem Mitmachen bei Allianzen und der Beteiligung an den verschiedensten, von supranationalen Organen beschlossenen, Engagements wird zweifellos der Tag kommen, an dem der Begriff „schweizerische Neutralität“ seines Sinnes beraubt sein wird, weil keine realen Fakten mehr da sein werden. So wird kein Mensch mehr auf der ganzen Welt unser Land als neutral wahrnehmen können. Man darf sich also die Frage stellen, wo die Grenzen dieser Entwicklung liegen und zu welchem Zeitpunkt gewisse Staaten oder aktive politische Gruppierungen uns überhaupt noch als neutral betrachten.

Den Grundsatz der integralen Neutralität beibehalten
Es reicht nicht aus, ständig zu beteuern, wir seien neutral, um jedermann zu überzeugen, dass wir es auch tatsächlich sind. Neutral sein und als neutral anerkannt zu werden, bedingt, dass wir an keiner von supranationalen Organen beschlossenen Massnahmen teilnehmen und dass wir uns weder an einer direkten noch an einer indirekten Militäraktion ausserhalb unseres Landes beteiligen. Es gilt, den bis 1993 geltenden Grundsatz der integralen Neutralität ohne Kompromisse aufrechtzuerhalten. Dies ist der einzige Weg, auf Dauer als neutral anerkannt zu werden. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich gewisse Kreise diese Frage bereits stellen.

Es ist nicht unsere Angelegenheit, hier die Ziele oder die angewandten Mittel zu beurteilen, welche die Nato bei ihrer Strategie verfolgt. Auch liegt es nicht an uns, ein Urteil über die internationalen Allianzen ähnlichen Zuschnitts oder über die Sicherheitspolitik der EU abzugeben. Die SVP will sich an unserer Geschichte orientieren, um für unser Land im Interesse der schweizerischen Bevölkerung und deren Sicherheit eine integrale Neutralität zu erhalten. Indem sich die Schweiz an eine integrale und permanente Neutralität hält, sichert sie sich eine diskussionslose Anerkennung derselben. Der Ruf der Unparteilichkeit wird nur damit auch von allen Staaten anerkannt. Nur diese Ausgangslage ermöglicht es unserem Land, seine humanitären Hilfsaktionen in der Welt durchzuführen und gleichzeitig seinen neutralen Boden für verschiedene Parteien als Verhandlungsort zur Lösung internationaler Konflikte zur Verfügung zu stellen. Das hat unser Land schon immer getan, und genau das soll es auch weiterhin tun. In diesem Sinne erfüllen die in Genf etablierten politischen Strukturen für die Arbeit zum Erhalt des Friedens ihre Aufgabe voll und ganz.

Neutral bleiben und an Nato-Interventionen teilnehmen?
Die von der ISAF als bewaffneter Arm der NATO in Afghanistan durchgeführten Operationen zeigen klar auf, dass sie diese Strukturen immer häufiger als Interventionsinstrumente weltweit einsetzen will. Wie soll ein neutrales Land neutral bleiben, wenn es sich an einer derartigen Streitmacht im Ausland beteiligt? Was die Ziele dieser Militäraktionen auch sein mögen, so nimmt die Schweiz, wenn sie sich daran beteiligt, unweigerlich Stellung gegen einen Staat oder gegen eine bewaffnete Gruppe, die am Konflikt beteiligt war und durch die Intervention der Nato-Truppen gestoppt werden soll. Wo bleibt bei einer solchen Beteiligung die Neutralität? Sie existiert schlicht und einfach nicht mehr.

Indem sie bei einem Konfliktausbruch mehr und mehr für den einen oder den andern Beteiligten Stellung bezieht, missachtet die Vorsteherin des EDA – unter Verpflichtung des Bundesrates und der gesamten Nation – den Grundsatz der Neutralität, der in der Verfassung festgeschrieben ist und in internationalen Abkommen anerkannt wird.

Mit der Beteiligung an wirtschaftlichen Sanktionen, die von der UNO verhängt worden sind, wirft der Bundesrat einen Schatten über das Bild unserer Neutralität und bringt die Möglichkeiten, bei der Lösung von Konflikten unsere guten Dienste anzubieten, in Gefahr.

Wenn man diese verschiedenen Interventionen von Fall zu Fall und im richtigen Zusammenhang betrachtet, kann man selbstverständlich behaupten, dass wir irgendwie dem Frieden dienen oder unsere internationale Beteiligung einem der idealistischen Ziele unseres Landes entspricht. Es wird aber zweifelsohne der Tag kommen, an dem das Fass überläuft und die Kumulation verschiedener ergriffener Massnahmen und einseitiger Stellungnahmen vielen Leuten klar vor Augen führen wird, dass unser Land nichts mehr mit einem neutralen Land zu tun hat. In diesem Zeitpunkt wird auch die Wahrnehmung der Schweiz durch die Welt dramatisch ändern und man wird es uns aussenpolitisch klar zu spüren geben.

Wenn wir beispielsweise an die Sicherheitspolitik der EU denken – der Bundesrat weigert sich nach wie vor sein Beitrittsgesuch trotz des negativen Entscheides des Stimmvolkes zurückzuziehen – sehen wir, dass sich diese verstärkt auf eine Verteidigung auf supranationalem Niveau konzentriert, was auch ihr gutes Recht ist. Wenn wir aber eines Tages der EU beitreten, werden wir unseren Neutralitätsstatus in einer Union, die in sich in einem Konflikt zwangsläufig für die eine oder die andere Partei entscheiden muss, nicht lange aufrecht erhalten können. Die Schweiz wird ihre Neutralität so lange beteuern können wie sie will, es wird ihr niemand mehr Glauben schenken.

Die Politik der kleinen Schritte des Bundesrates
Es steht also ausser Zweifel, dass der Bundesrat seine Politik der kleinen Schritte fortsetzen wird, um sich immer stärker in internationalen Missionen zu engagieren, die von der UNO, der EU oder andern Organisationen beschlossen worden sind. Diese Vorgehensweise führt uns aus den vorgenannten Gründen auf direktem Weg zum Verlust der Anerkennung unserer Neutralität.

Abgesehen von den oben zitierten Beispielen sehen wir auch an der Art der Reformprojekte, die der Bundesrat für die Armee vorgesehen hat, in welche Richtung die Reise gehen soll. Diese Projekte sehen eindeutig eine verstärkte Partnerschaft mit dem Ausland und eine vermehrte Einbindung der Schweizer Armee in von der Nato oder der EU beschlossene Missionen vor. Der Entwicklungsschritt 08/11 sowie das Ende des letzten Jahres in die Vernehmlassung gegangene Projekt sind klar. Unter dem Vorwand, Sparmassnahmen zur Senkung der Armeeausgaben umzusetzen, orientiert man sich mehr und mehr an Lösungen, welche die Schweizer Armee mit der Nato kompatibel machen. Die Armeeplaner gehen vom Prinzip aus, dass die Schweiz im Kriegsfall keine andere Möglichkeit hätte, als eine militärische Allianz einzugehen. Dieses Konzept steht im totalen Widerspruch zum Erhalt unserer Milizarmee sowie einer integralen und permanenten Neutralität. Wenn man eben während Jahren die Neutralität durch die Beteiligung an internationalen Interventionen mit Füssen tritt, wird niemand mehr an unsere Neutralität glauben und jedermann im Ausland wird es sich erlauben, entsprechend zu agieren.

Um diese langsame, kontinuierliche und gefährliche Aushöhlung unserer Neutralität, die unserem Land und seiner Bevölkerung schweren Schaden zufügen wird, zu vermeiden, wird die SVP handeln. Wir müssen zurückkehren zum Grundsatz der integralen und permanenten Neutralität!

 

André Bugnon
André Bugnon
Nationalrat St-Prex (VD)
 
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