Referat

Keine Erfolgsgeschichte der Bilateralen

Soeben durften wir den Jahresabschluss 2008 unserer geschäftlichen Tätigkeit vornehmen. Ein 2008, dass sich anfangs gut entwickelt hat, dem Erfolgsjahr 2007 sehr nahe kam, sich ab Oktober jedoch rasan

Jasmin Hutter
Jasmin Hutter
Nationalrat Eichberg (SG)

Soeben durften wir den Jahresabschluss 2008 unserer geschäftlichen Tätigkeit vornehmen. Ein 2008, dass sich anfangs gut entwickelt hat, dem Erfolgsjahr 2007 sehr nahe kam, sich ab Oktober jedoch rasant nach unten bewegte. Im Vergleich zum Vorjahr halbierten sich die November- und Dezemberzahlen.

Geschätzte Damen und Herren: Das ist heute die Realität mit der wir zu leben haben. Ich darf einen typisch schweizerischen KMU-Betrieb leiten. 52 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (alles Schweizer), eine Aktiengesellschaft in Familienbesitz, sehr nahe der Österreichisch-Deutschen-Grenze. Was für Massnahmen würden Sie treffen, wenn sich die Arbeit halbiert, der Lohnaufwand die grösste Summe ausmacht? Entweder Sie müssen Mitarbeiter entlassen oder sie durch billigere Arbeitskräfte ersetzen. Das ist keine Angstmacherei, das ist unser Alltag in Krisenzeiten. Im Rheintal hat bereits jeder grössere Betrieb Kurzarbeit eingeführt und die Weihnachtsferien bis Ende Januar verlängert. Heute geht es ums Überleben der Betriebe und somit um den Lohn von Tausenden Familienvätern und Müttern.

Wissen Sie, ich kann den Slogan „Die Bilateralen, eine Erfolgsgeschichte“ nicht mehr hören. Wir hatten Jahre der wirtschaftlichen Überhitzung. Produktionsstätten in der ganzen Welt wurden heraufgefahren. Die Produktion kleinerer Baumaschinen wurde z.B. in Japan innert 5 Jahren verachtfacht. Auch die Schweiz wirtschaftete erfolgreich. Dies aber auf die Bilateralen 1 zurückzuführen ist blauäugig. Machen Sie sich doch einmal die Mühe und analysieren Sie die einzelnen Bestandteile dieser Verträge. Wenigstens jene mit einer wirtschaftlichen Bedeutung:

Öffentliches Beschaffungswesen
Die Gleichschaltung mit der EU-Gesetzgebung in der Ausschreibung hat vor allem eines gebracht: Die Preise auf dem Bau sind im tiefen Keller, der billigste gewinnt, Qualitätsansprüche sind gleich Null. Wer darunter leidet, ist der Schweizer Bauunternehmer, der verantwortungsbewusste Arbeitgeber der versucht, mit qualifizierten Polieren Arbeiten nach Schweizer Standards zu verrichten.

Technische Handelshemmnisse
Dieses Dossier ist zur Farce verkommen. Insbesondere die Schweiz selber hält sich nicht daran, Sonderlösungen Schweiz werden vom Bund en Mass erlassen. Importsteuern auf Neuwagen? Partikelfilterpflicht für Baumaschinen? Alles Handelshemmnisse, die die Schweizer belasten, ausländische Unternehmen bevorzugen.

Landwirtschaftsabkommen
Ich durfte meine Diplomarbeit über die Auswirkungen der Bilateralen 1 auf den Käsemarkt Schweiz schreiben. Und auch hier wieder das ernüchternde Fazit: Die EU importiert (natürlich auf die Grösse des Marktes herunter gerechnet) weit mehr Käse in die Schweiz als wir in die EU exportieren. Wer profitiert sind Grosskonzerne und die EU, einmal mehr.

Luftverkehr
Das Problem Flughafen Zürich ist seit Jahren ungelöst. Deutschland diskriminiert uns, bricht gar den Luftverkehrsvertrag. Und was macht unsere Schweizer Regierung? Sie schaut zu, unternimmt nichts. Lieber reisen gleich 3 Bundesräte nach Brüssel um der EU Zugeständnisse in Steuerfragen zu machen.

Wenn wir in der Wirtschaft solche Verträge aushandeln und anschliessend jeden Bruch akzeptieren würden, wären wir bereits nach kurzer Zeit bankrott. Die Schweiz hat gegenüber der EU einmalige Vorteile. Wir produzieren günstigen und umweltfreundlichen Strom, wir bieten Qualität, unsere Arbeiter können sich einen hohen Lebensstandard leisten.

Was uns kaputt macht, ist ein unverhältnismässiger Lohndruck, wirtschaftliche Zusammenarbeit mit korrupten Ländern wie Rumänien und Bulgarien, Verträge mit der EU, die nicht im gegenseitigen Interesse stehen und Schwarzarbeit. Und diese wird mit der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit massiv zunehmen. Wagen Sie einen Blick über die Grenze nach Grossbritannien. Grossbritannien hat für Rumänien und Bulgarien Kontingente eingeführt. Dennoch stieg die Anzahl rumänischer und bulgarischer „Besucher“ in 12 Monaten um 77%. Diese hohe „Besucherzahl“ lässt den Schluss zu, dass viele in Grossbritannien bleien und schwarz ihrer Arbeit nachgehen. Warum verschliesst sich unsere Volkswirtschaftsdirektorin dieser Realität und macht lieber Geld für grossangelegte Plakatkampagnen gegen die Schwarzarbeit bereit?

Wo ist unser Selbstbewusstsein geblieben? Warum nutzen wir unsere Vorteile nicht? Wir müssen Forderungen stellen und nicht immer gleich mit Kompromissen nach Brüssel reisen. Für unsere Wirtschaft brauchen wir keinen freien Personenverkehr. Wen wir ins Land holen wollen, muss einheimisches Recht bleiben. Schon vor den Bilateralen hat die Schweiz sehr erfolgreich gewirtschaftet. Dann schon brauchten wir ausländische Arbeitskräfte. Mit dem Saisonierstatut bestimmten wir selber, wer kommen konnte. Mit dem grossen Unterschied zu heute, dass diese Arbeitnehmer keine automatisches Bleiberecht und kein automatischer Familiennachzug hatten. Automatismus, da bin ich überzeugt, macht unser Land kaputt. Und mit dem freien Personenverkehr mit Rumänien und Bulgarien setzen wir einen Automatismus in Fahrt, denn wir nicht mehr stoppen können.

Die letzten zwei Monate haben uns wirtschaftlich wieder auf den Boden der Realität gebracht. Die rosarote Brille wurde brutal zerstört. Nur die Politiker und Medien haben dies noch nicht gemerkt und reden blauäugig vor sich hin. Der freie Personenverkehr wird unsere Einzigartigkeit endgültig kaputt machen. Auch der Bundesrat muss zu dieser Einsicht gelangen, wohl spätestens wenn die Steuererträge aus bleiben. Ich habe grosses Vertrauen in das Schweizer Volk, das die Realität bereit heute spürt, sich für unser Land entscheidet und am 8. Februar Nein zu einem Freipass für Alle sagen wird.

Jasmin Hutter
Jasmin Hutter
Nationalrat Eichberg (SG)
 
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