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Sozialwerke

Warum es gerecht ist, den Grundbedarf bei der Sozialhilfe signifikant zu reduzieren – Arbeit muss sich lohnen

Arbeiten Sie noch oder beziehen Sie schon Sozialhilfe?
Das ist für mich, als Gemeindepräsident und Präsident einer Sozialhilfebehörde, kein humorvoller Spruch, sondern bitterer Ernst. Wieso soll ich arbeiten, wenn ich auf Kosten der Gesellschaft besser lebe als ein hart arbeitendes Mitglied dieser Gesellschaft?

Peter Riebli
Peter Riebli
Landrat Buckten (BL)

Es ist unbestritten, dass immer mehr Leute immer länger und mehr Sozialhilfegeld beziehen.

Die Zahlen sprechen für sich: Schweizweit haben sich die Sozialhilfekosten innert 12 Jahren von 1.22 Mia. Franken im Jahre 2003 auf 2.62 Mia. im Jahre 2015 mehr als verdoppelt. Im Kanton Basellandschaft schafften wir das sogar in 8 Jahren: 2008 wurden die Steuerzahler noch mit 35.9 Mio. Franken belastet, 2016 waren es schon 68 Mio.

Von der Überbrückungshilfe zur Vollkaskoversorgung
Die Fürsorgezahlungen, einst als Nothilfe zur kurzfristigen Überbrückung gedacht, verstetigen sich zur Vollkaskoversorgung für alle, die keine Arbeit finden – oder gar keine suchen, weil sie bequem von Steuergeldern leben. Die Sozialhilfe wird so für viele zur langfristigen Existenz­sicherung im Sinne eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Die Bundesverfassung schreibt in Artikel 12 die Sicherung des Existenzminimums für alle, die nicht arbeiten können oder keine Arbeit finden, vor. Es ist unbestritten eine gesellschaftliche Pflicht, dass Menschen geholfen wird, die unverschuldet in Not geraten sind.  Das Problem liegt bei den viel zu hohen Ansätzen. Verglichen mit dem europäischen Umfeld, bewegen sich die Schwei­zer Vorstellungen von Armut und Existenzminimum inzwischen in astronomischen Höhen.

Die zu hohen Sozialhilfeansätze bewirken, dass sich immer mehr Einkommensschwache in die soziale Hängematte fallenlassen. Wir wissen aber, dass sich Arbeit lohnen muss. Denn die Arbeitsmoral einer Volkswirtschaft wird auf Dauer untergraben, wenn die Untätigen mehr Einkommen beziehen, als die Arbeitenden.

Arbeit muss sich lohnen
Dass sich Arbeit für viele Sozialhilfeempfänger finanziell nicht lohnt, ist schon lange wissenschaftlich nachgewiesen. So hat Frau Monika Bütler, Professorin an der Universität St. Gallen, schon vor Jahren auf diesen Missstand hingewiesen.

Unlängst wurde dies durch die Studie „Arbeitsanreize in der sozialen Sicherheit“ der Universität Luzern wieder bestätigt. Die im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft durchgeführte Studie hält unmissverständlich fest: «In der Sozialhilfe müsste zur Stärkung der Erwerbsanreize der Grundbedarf gesenkt werden».

Heute lohnt sich Arbeit für viele Sozialhilfebezüger nicht, da sie als Fürsorgebezüger mehr Geld zur freien Verfügung haben, als wenn sie arbeiten würden.

Dies gilt nicht nur für junge Sozialhilfeabhängige und kinderreiche Familien, sondern auch für schlecht Ausgebildete oder Leute, die nur in einer Niedriglohnbranche eine Stelle finden können.

Die üppigen Leistungen der Sozialhilfe
Eine vierköpfige Familie erhält bei uns in Baselland CHF 2’110 Grundbedarf, max. CHF 2’016 Krankenkassenprämien, Wohnkosten von ca. CHF 1’600 plus Nebenkosten. Insgesamt also Leistungen im Wert von ca. CHF 6’000 pro Monat. Dazu kommen dann noch Franchisen und Selbstbehalte, allfällige Zahnarzt- und Optikerkosten, AHV Beiträge sowie „weitere notwendige Aufwendungen wie Mietzinsdepot, zweckmässige Wohnausstattung, Aufwendungen für Freizeitaktivitäten von Kindern bis maximal CHF 600 pro Kind und Jahr, Aufwendungen für notwendige schulische Belange, Aufwendungen für den Besuch von Spielgruppen,  Verwandtschafts­kontakte, Prämien für die Haftpflicht- und Hausratversicherung, Gebühren für Personalausweise, etc. und weitere situationsbedingte Leistungen wie Sprachkurse, Kinderbetreuung, Familienberatung etc.

Wenn man das alles zusammenzählt kommt man rasch einmal auf ein «Jahreseinkommen» von mehr als CHF 80 000. Natürlich steuerfrei.

Leistung Jährlicher Betrag in CHF
Grundbedarf Baselland 25’320
Krankenkassenprämien max. 24’192
ca. Wohnkosten (ohne Miet-Nebenkosten) 19’200
ca. Miet-Nebenkosten 2’760
Zahnarzt, Optiker, AHV-Beiträge, Möbel, Freizeitaktivitäten von Kindern, Aufwendungen für Verwandtschaftskontakte, Versicherungsprämien, Sprachkurse, Kinderbetreuung, Familienberatung usw. Gem. tatsächlichen Ausgaben
Total (steuerfrei) 80’000

Über die Familienplanung müssen Sie sich als Sozialhilfebezüger keine Gedanken machen: Baby-Artikel, Kinderwagen, Krippenkosten, Versicherungen, Schulutensilien – auf alles haben sie Anspruch. Je mehr Kinder eine Familie hat, desto mehr lohnt es sich, von der Sozialhilfe zu leben. Eine sechsköpfige Familie bekommt in der Agglomeration pro Monat gut CHF 7‘000, plus natürlich all die oben erwähnten Aufwendungen.

Die Gefahr, dass Kinder aus solchen Familien im System hängenbleiben, ist nicht zu unterschätzen.

Aber auch ohne Kinder lässt es sich mit der Fürsorge leben: Bei einem 2-Personenhaushalt beträgt der Grundbedarf CHF 1‘509, Krankenkassenprämien CHF 1‘044 sowie angemessene Mietkosten CHF 1‘200 plus Nebenkosten, also gegen CHF 4‘000, plus natürlich die oben erwähnten weiteren Aufwendungen.

Eigenverantwortung: Nicht nötig
Als Sozialhilfeabhängiger sind sie dank den «weiteren notwendigen Aufwendungen» gegen jede Unpässlichkeit versichert und von jeder Eigenverantwortung befreit. Da erstaunt es nicht, dass viele Sozialhilfeabhängige keine Anstrengungen zur Arbeitsaufnahme unternehmen – es «lohnt» sich schlichtweg nicht.

Dazu muss man nicht einmal die von unserer Nationalrätin Barbara Steinemann zitierten Lohnbeispiele, gemäss denen eine Küchenhilfe hierzulande durchschnittlich 2‘800 Franken, ein Gebäudereiniger 3‘367 Franken und ein Zügelmann 3‘800 Franken verdient, heranziehen. Je nach Familiengrösse reicht auch ein Bruttomonatslohn von CHF 6’000, 7’000 oder sogar 8‘000 Franken nicht für eine finanzielle Besserstellung aus. Und mit Ihren Steuern finanzieren Sie die Sozialhilfekosten.

Wenn man mit Sozialhilfe mehr Geld hat als mit einer geregelten Arbeit, dann ist das System falsch und ungerecht. Einfache Leute, die sich selber durchschlagen, und die Mittelschicht sind die Gelackmeierten. Zu einfach bekommen Menschen eine viel zu hohe Fürsorgerente. Man muss endlich offen und ehrlich diskutieren, wo das Existenzminimum liegt.

Grundbedarf muss stark gesenkt werden
Niemand will die Sozialhilfe abschaffen. Die Sozialhilfe ist tief verankert in unserer Gesellschaft. Jenen, die wirklich in Not geraten sind, hilft man gerne. Aber Fehlentwicklungen machen die Sozialhilfe ungerecht. Ungerecht gegenüber jenen, die mit eigener Anstrengung und Steuern den Lebensunterhalt anderer finanzieren müssen.

Sozialhilfebezüger müssen motiviert werden, wieder in den Arbeitsprozess einzusteigen. Selbstverständlich nur, wenn sie Minderjährigkeit, Alter, mentale oder physische Gebrechen nicht daran hindern. Aber um die Unwilligen und Bequemen, die nicht arbeiten wollen – und nach einigen Jahren Nichtstun dann auch nicht mehr können – in den Arbeitsprozess einzugliedern, braucht es einen starken finanziellen Anreiz.

Die signifikante Senkung des Grundbedarfs, welche wir in Baselland mit meiner überwiesenen Motion anstreben, will genau das erreichen.

Sozialhilfe muss wieder ein Einkommensersatz sein, der in unserer Arbeitsgesellschaft klar unter dem Minimaleinkommen liegt. Nur damit kann langfristig die Akzeptanz in der Bevölkerung gesichert und Gerechtigkeit herbeigeführt werden.

Das Ziel der SVP muss sein, dass sich die Frage „Arbeiten Sie noch – oder beziehen Sie schon Sozialhilfe“ ökonomisch gar nicht mehr stellt.

Peter Riebli
Peter Riebli
Landrat Buckten (BL)
 
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