Referat

Zahlen ohne Ende

Mit dem Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas (Osthilfegesetz) wird nicht nur die vorliegende und in weiten Teilen der Bevölkerung umstrittene Zahlung einer Milliarde Franken

Guy Parmelin
Guy Parmelin
Nationalrat Bursins (VD)

Mit dem Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas (Osthilfegesetz) wird nicht nur die vorliegende und in weiten Teilen der Bevölkerung umstrittene Zahlung einer Milliarde Franken an die EU begründet. Vielmehr wird damit die Grundlage für ständig neue Geldflüsse nach Brüssel geschaffen. Dies ist inakzeptabel.

Die Schweiz hat über 126 Milliarden Franken Schulden. Unser Staat gibt immer noch täglich 13 Millionen Franken mehr aus, als er einnimmt. Diese Schuldenwirtschaft untergräbt unsere Wettbewerbsfähigkeit aufs Gröbste. Es ist deshalb unverständlich, wenn für angeblich neue Märkte, welche durch die Erweiterung der Personenfreizügigkeit Richtung Osten nun angeblich vorhanden sein sollen, Zahlungen in der Höhe von einer Milliarde Franken geleistet werden müssen. Dies umso mehr, als keine Verpflichtung für diese Zahlung besteht und die Schweiz keine Gegenleistungen dafür erhält. Und selbst wenn die Zahlung dieser Milliarde Franken – aus welchen Gründen auch immer – als absolut erforderlich eingestuft werden müsste, so ist es angesichts unseres desolaten Staatshaushaltes doch ebenso unabdingbar, dass neue Ausgaben durch die Streichung anderer Ausgaben zu kompensieren sind.

Das hatte vorerst auch der Bundesrat so gesehen. Aber eben, nur vorerst: Als er der EU eine finanzielle Zusage machte, versprach er, diese Leistung je zur Hälfte im Aussendepartement (EDA) und im Seco einzusparen bzw. zu kompensieren. Bisher haben wir jedoch vom Bundesrat nie eine verbindliche Erklärung erhalten, wie genau er nun in den nächsten fünf Jahren jeweils 200 Millionen Franken pro Jahr einzusparen gedenkt. Vielmehr spricht der Bundesrat jetzt plötzlich von der Kompensation mit künftigen Einnahmen – wenn es denn solche geben wird – etwa aus dem Zinsbesteuerungsabkommen und den rückläufigen Ausgaben im Asylwesen infolge von Schengen/Dublin. Und das Parlament hat mit seinen Beschlüssen zum Gesetz diesem nebulösen Vorgehen noch Vorschub geleistet.

Tatsache ist, das Geld für die Kohäsionsmilliarde wird nicht vorhanden sein. Der Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments wollen sich also zusätzlich massiv verschulden, nur um der EU zu gefallen. Wenn die Kohäsionsmilliarde nicht auf den letzten Franken und Rappen kompensiert wird, vergrössern sich der Schuldenberg und damit die Altlasten für unsere Jugend. Dazu kommt, dass nebst der bereits zugesicherten Milliarde Franken weitere Zahlungen zu leisten sein werden. Und dagegen wird das Volk nichts mehr sagen können, denn es gibt ja kein Finanzreferendum.

Mit der gegenüber der EU zugesicherten Zahlung ging der Bundesrat „ans oberste Limit“ des Antrages der Interdepartementalen Arbeitsgruppe «Kohäsion» die in ihrem Bericht «realistische Beitragshöhe» einen Betrag von allerhöchstens 100 bis 200 Millionen Franken pro Jahr nannte. Bundesrat Merz wollte weniger zahlen: In einem Mitbericht und mittels Schreiben hatte er abermals und im Detail vorgerechnet, dass die Zahlung an die EU „die maximale Spanne von 50 bis 100 Millionen Franken nicht übersteigen“ dürfe und sowohl politisch, finanziell und wirtschaftlich nicht vertretbar sei. Zudem war Bundesrat Merz der Ansicht, dass mit der vorzeitigen Nennung eines konkreten Beitrages ein Präjudiz für weitere Forderungen der EU geschaffen würde. Es sei damit zu rechnen, dass die Schweiz beim Beitritt der heutigen Kandidatenländer, also Rumänien, Bulgarien bis zur Türkei, wiederum zur Kasse gebeten werde (Weltwoche 21/04, S. 21).

Bundesrat Merz hat vor gut zwei Wochen Recht bekommen: Bei einer Diskussion der EU-Mitglieder über das Brüsseler Verhandlungsmandat mit den Beitrittskandidaten war beim Treffen in Brüssel unbestritten, dass mit Bern nicht nur über die Ausdehnung des Protokolls auf Rumänien und Bulgarien verhandelt, sondern auch Geld gefordert werden soll. Mit Verweis auf die bundesrätliche Begründung (die „Eingliederung der neuen EU-Mitgliedstaaten liegt im vitalen Interesse der Schweiz und verdient unsere Unterstützung), ist man sich in Brüssel sicher, dass der Beitritt von Rumänien und Bulgarien für die Schweiz mehrere Hundert Millionen Franken wert sind. Bundesrätin Calmy-Rey schloss weitere Zahlungen bei der künftigen EU-Erweiterung denn auch nie aus.

Dem Bundesrat kann es offenbar nicht schnell genug gehen, eine stetig nach Brüssel fliessende Geld-Pipeline einzurichten. Das geht zu weit. Das Schweizer Volk muss den Gürtel immer enger schnallen und die Oberen verprassen das Geld und verschenken es ohne Gegenleistungen an die EU. Zu diesem Vorgehen und zur Geld-Pipeline muss das Volk etwas zu sagen haben. Deshalb ergreift die SVP das Referendum gegen das Osthilfegesetz.

Guy Parmelin
Guy Parmelin
Nationalrat Bursins (VD)
 
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