Vernehmlassung

Änderung des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (Massnahmen zur Kostendämpfung – Paket 2) als indirekter Gegenvorschlag zur eidgenössischen Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)»

Die SVP Schweiz packt die meisten Inhalte des zweiten Kostendämpfungspakets enttäuscht wieder ein und retourniert es an den Absender. Weder kann sie in diesem Paket einen tauglichen indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative erkennen, noch gesichertes Sparpotential. Das grösste Potential müsste in der Grundversicherung liegen, die inzwischen gut vier von fünf Gesundheitsleistungen abdeckt, was den Wettbewerb lähmt. Dabei wäre Wettbewerb das beste Mittel zu mehr Effizienz und Qualität ohne Verlust an Versorgungssicherheit.

Diese Vorlage stellt keinen Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative dar. Sie lässt allerdings erahnen, wie schädlich das EDI diese an sich wirkungslos formulierte Initiative umzusetzen gedenkt. Das Paket wird seinem Namen auch inhaltlich nicht gerecht. Mangels Regulierungsfolgeabschätzungen kann das in Aussicht gestellte Sparpotential nur auf Mutmassungen beruhen. Es ist keine nachvollziehbare Auswahl oder Priorisierung der aus dem Expertenbericht ausgewählten Massnahmen zu erkennen. Die SVP bemängelt bei dieser Gelegenheit ausserdem, dass der Bericht über nicht ausgeschöpftes Effizienzpotential im Gesundheitswesen erst mit dem Kostendämpfungspaket 2 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Dessen Erkenntnisse wären schon für das erste Paket von Interesse gewesen. Zu den einzelnen Inhalten des Kostendämpfungspaket 2 nimmt die SVP wie folgt Stellung:

Zielvorgabe: Die SVP Schweiz ist entschieden gegen Zielvorgaben. Faktisch möchte der Bundesrat damit Globalbudgets mit staatlich festgelegten Kostenzielen erzwingen. Statt die vernetzte Versorgungsplanung zu fördern, würden die Akteure im Gesundheitswesen durch planwirtschaftliches Silo-Denken in Sippenhaft genommen. Die SVP lehnt es strikt ab, dass durch sozialistische Staatsvorgaben die Rationierung in der Gesundheitsversorgung Einzug hält. In der Waadt haben solche Zielvorgaben mitnichten zu Kosteneinsparungen geführt, sondern lediglich die Kosten zu grösseren Teilen den Steuerzahlenden aufgebürdet.

Erstberatungsstelle: Indem der Bundesrat hiermit faktisch die Abschaffung der freien Arztwahl in diesem Paket vorschlägt, provoziert er wissentlich den grösstmöglichen Widerstand. Die SVP hat deshalb Zweifel, wie ernst es ihm mit diesem zweiten Kostendämpfungspaket ist. Ein solches Zwangsmittel lässt sich nicht rechtfertigen, nicht zuletzt aus Rücksicht auf chronisch Erkrankte. Die SVP lehnt den vorgeschlagenen Zwang zu Erstberatungsstellen aber nicht nur aus Sorge um die freie Arztwahl ab.

Obwohl die Managed-Care-Vorlage 2012 an der Urne deutlich abgelehnt wurde, besteht eine rege Nachfrage an Erstberatungsstellen, für die es auch gute Angebote gibt. Sieben von zehn Versicherten wenden sich bereits freiwillig zuerst an ihren Hausarzt, HMO-Praxis oder lassen sich telemedizinisch beraten, bevor sie einen teuren Spezialisten konsultieren. Es ist nicht bekannt, dass systembedingte Fehlanreize die übrigen Versicherten bislang davon abhalten, so ein alternatives Versicherungsmodell (AVM) zu wählen. Wo nicht einmal der finanzielle Anreiz einen freiwilligen Wechsel zu einem AVM bewirkt, würde Zwang sicher kontraproduktiv wirken. Patientinnen und Patienten wollen und sollen auswählen können, wem sie sich mit ihren gesundheitlichen Problemen anvertrauen. Allenfalls könnte man den Krankenversicherern ermöglichen, das Hausarztmodell zum neuen Standardmodell zu erklären.

Eine weitere Fehlkonstruktion des bundesrätlichen Vorschlages besteht darin, die Definition der Erstberatungsstellen von den Krankenversicherern zu den Kantonen zu überantworten. Dabei ist der Mehrrollenkonflikt der Kantone schon heute einer der bekanntesten kostentreibenden Systemfehler unseres Gesundheitswesens.

Wenn die Versicherer grundsätzlich nur noch Leistungen vergüten dürften, welche die Erstberatungsstelle erbracht hat oder für welche diese eine Überweisung vorlegt, möchte der Bundesrat Ausnahmen für Notfälle vorsehen können. Dann müssten Notfälle konsequenterweise auch klar definiert werden.

Würden nebst den Zwangserstberatungsstelle auch systemfremde Zielvorgaben eingeführt, könnte sich der kumulierende Schadenseffekt bis hin zu einer Rationierung der Gesundheitsleistungen steigern.

Stärkung der koordinierten Versorgung durch die Definition von Netzwerken zur koordinierten Versorgung als eigene Leistungserbringer: Der richtige Weg zu diesem Ziel kann nicht in einer obrigkeitlichen Uniformierung liegen, wie sie der Bundesrat hier vorschlägt. Die SVP bietet Hand, Qualität und Effizienz durch Stärkung des Wettbewerbs zu stärken.

Förderung von Programmen der Patientenversorgung zur Stärkung der koordinierten Versorgung: Die SVP fordert den Bundesrat auf, anstelle zu eng gefasster Regulierungen die Ausgestaltung den Tarifpartnern zu überlassen.

Regelung für Preismodellvereinbarungen und allfällige Rückerstattungen: Eine Nutzenorientierung bei der Preisfestsetzung ist grundsätzlich zu begrüssen. Neben der Nutzenbewertung und Qualitätskontrolle braucht es bei der Preisfestsetzung auch Transparenz. Der Finanzierung durch die OKP-Solidargemeinschaft müssen ausserdem noch klare Grenzen gesetzt werden. Entscheidend ist am Ende, dass Innovationen zu den Patientinnen und Patienten gelangen, also ab dem Tag der Zulassung durch Swissmedic, ohne Monate oder Jahre des quälenden Wartens auf einen Vergütungsentscheid des BAG. Völlig unangebracht ist aus Sicht der SVP die Absicht, auf Verordnungsstufe das Kostengünstigkeitsprinzip für Arzneimittelpreise einzuführen.

Ausnahme vom Zugang zu amtlichen Dokumenten betreffend die Höhe, Berechnung und Modalitäten von Rückerstattungen im Rahmen von Preismodellen: Die SVP lehnt Intransparenz bei der Preisbildung ab, solange die OKP-Solidargemeinschaft dafür aufkommen muss und kein HTA-Programm (Health Technology Assessment) vorliegt.

Rechtsgrundlagen für eine differenzierte Prüfung der WZW-Kriterien sowie für die Bemessung der kostengünstigsten Vergütung von Analysen, Arzneimitteln sowie Mitteln und Gegenständen: Die SVP hat eine WZW-Prüfung nach Artikel 32 im Kostendämpfungspaket 1b bereits als Teil der nationalrätlichen Mehrheit abgelehnt. Eine solche Kompetenzverlagerung an die Verwaltung würde die Wirtschaft mit lähmender Unplanbarkeit konfrontieren. Eine Konkretisierung der WZW-Kriterien kann und muss durchaus erfolgen, aber in Zusammenarbeit mit den betroffenen Akteuren.

Die Preise der Pharmabranche hängen vom Wechselkurs ab, dem bislang mit der bewährten dreijährigen Preisüberprüfung Rechnung getragen werden konnte. Ob die Mehreinsparungen einer alljährlichen Überprüfung den bürokratischen Mehraufwand in den Branchen und beim BAG rechtfertigen, ist mehr als fraglich.

Statt mit diesem zweiten Kostenpaket unausgeschöpfte Einsparpotentiale und strukturelle Fehlanreize im Gesundheitswesen anzugehen, versteift sich der BR darauf, einseitig die Preise der Medikamentenpreise noch weiter drücken zu können. Liest man den erläuternden Bericht richtig, droht sogar eine mit vertraglichen Pflichten der Schweiz unvereinbare Diskriminierung ausländischer Hersteller.

Festlegung von Referenztarifen für ausserkantonale Wahlbehandlungen zur Förderung des kantonsübergreifenden Wettbewerbs unter den Spitälern: Mit dem Swiss DRG sind Referenztarife bei der Spitalwahl bereits gegeben. Weiteres Verbesserungspotential kann mit EFAS ausgeschöpft werden.

Verpflichtung der Leistungserbringer und Versicherer zur elektronischen Rechnungsübermittlung: Hiermit ist die SVP einverstanden. Zur Stärkung der Eigenverantwortung sollten die Versicherten in jedem Fall über die Kosten ihrer Behandlung in verständlicher Form auf elektronischen Weg orientiert werden.

Änderungen in der Invalidenversicherung: Die IV muss ihre Schulden insbesondere der AHV gegenüber unbedingt abbauen. Dieses Ziel wird am Besten erreicht, wenn die Leistungen der IV den Empfängern die Behandlungen finanzieren, die eine Rückkehr in ein selbstbestimmtes Erwerbsleben ermöglichen. Eine zielführende Behandlung darf auch mehr kosten als eine auf den ersten Blick günstigere Behandlung, die aber keine Genesung verspricht. Ein Kostengünstikgeitsprinzip wäre deshalb auch bei der Vergütungsbemessung von IV-Arzneimitteln der falsche Ansatz. Die bessere Ausschöpfung der Chancen der Digitalisierung in der IV, konkret die Förderung der elektronischen Rechnungsstellung, ist dagegen klar zu befürworten.

Präzisierung der Kostenbeteiligung bei Mutterschaft: Die SVP lehnt diese Präzisierung ab. Art. 40a Abs. 3 Bst. a kann ersatzlos gestrichen werden.

 
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