Vernehmlassung

Ratifikation des Zusatzprotokolls zur Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung über das Recht auf Mitwirkung an den Angelegenheiten der kommunalen Gebietskörperschaften

Die SVP Schweiz lehnt die Ratifikation dieses Zusatzprotokolls ab. Obwohl das Anliegen auf den ersten Blick sympathisch aussieht, müssen Vorgehen und Inhalt doch kritisch hinterfragt werden.

Die SVP Schweiz lehnt die Ratifikation dieses Zusatzprotokolls ab. Obwohl das Anliegen auf den ersten Blick sympathisch aussieht, müssen Vorgehen und Inhalt doch kritisch hinterfragt werden. Am stossendsten ist indessen, dass entgegen dem Sinn und Geist der kommunalen Selbstverwaltung mit solchen Protokollen und deren Unterzeichnung durch die Nationalstaaten in Form eines Topdown-Prozesses die kommunale Selbstbestimmung beschnitten und behindert wird.

Die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und der Mitwirkungsrechte am öffentlichen Leben ist ein hehres Ziel, sind doch für die Schweizer Demokratie die Werte Föderalismus, Subsidiarität und Gemeindeautonomie eine schiere Selbstverständlichkeit. So erstaunt es nicht, dass die Schweiz die Anforderungen dieses Zusatzprotokolls bereits heute erfüllt.

Es stellen sich aber hierbei folgende kritischen Fragen:

  1. Wenn etwas ohnehin schon gilt, wieso muss man dies dann zusätzlich in einem völkerrechtlichen Vertrag verankern? Das problematische an solchen Vertragstexten ist, dass sie immer Anlass zu einer neuen Auslegung und zu einer dynamischen Weiterentwicklung der Praxis bieten. Obwohl heute noch gesagt wird, dass dieses Protokoll beispielsweise die Ausdehnung des Stimmrechts auf die ausländische Wohnbevölkerung nicht vorsieht, heisst es im Protokoll selber: Die Vertragsstaaten garantieren jedem das Recht auf Mitwirkung. Der Interpretationsschritt hin zu einer Auslegung, dass damit auch die ausländische Wohnbevölkerung mitstimmen und wählen darf, ist klein. Da die Verpflichtungen gemäss Zusatzprotokoll sehr offen und unbestimmt formuliert sind, ist der Interpretationsspielraum auch entsprechend gross und bleiben künftige Erwartungen und Ansprüche ebenfalls offen. Gerade bei solchen Protokollen hat eine dynamische Auslegung des ursprünglichen Textes bereits Tradition. Gleichzeitig werden auch schon Forderungen laut, dass ein solches Abkommen auch Sanktionsmöglichkeiten und Überwachungsmassnahmen vorsehen solle. Dies zeigt die zentralistische und staatsgläubige Dynamik solch internationaler Verträge exemplarisch auf.
  2. Solche Protokolle führen den Gedanken der kommunalen Selbstverwaltung ad absurdum. So wird zentral, d.h. auf internationaler und nationaler  Ebene bestimmt, wie die kommunale Selbstverwaltung auszusehen hat. Nach dem Topdown-Prinzip (von oben nach unten) wird über die Gemeinden bestimmt. Kommunale Selbstverwaltung bedeutet jedoch in unserer föderalistischen Tradition eine umgekehrte Hierarchie, in der von unten nach oben bestimmt wird. Die Gemeinde, das heisst die Stimmbürger der Gemeinde sind konstituierender Teil der wichtigsten und ersten Staatsebene. In der Schweizer Subsidiaritätstradition steht die gelebte Praxis im Vordergrund. Hehre Ziele, Verlautbarungen und Verträge können nicht die gelebte Tradition der Selbstregierung in den Gemeinden bewirken. Es scheint geradezu heuchlerisch, wenn der Bund einen solchen Vertrag abschliesst, gleichzeitig werden aber immer mehr Rahmengesetze, Verordnungen und Vorgaben erschaffen, welche die Autonomie der Kantone und Gemeinden zusehend einschränken.

Vor diesem Hintergrund ist auf eine Ratifikation dieses Zusatzprotokolls zu verzichten.

 
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