Parteizeitung SVP-Klartext Juni 2016

Schweiz–Kroatien in verfassungsrechtlicher Nachspielzeit

Nach einigem Hin und Her zwischen National- und Ständerat, haben sich die beiden Räte doch noch auf eine Unterzeichnung des Kroatien-Protokolls geeinigt.

Der Nationalrat wollte den Bundesrat ohne jegliche Auflagen dazu ermächtigen, die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien zu ratifizieren. Durchgesetzt hat sich aber glücklicherweise der Ständerat. Nun gilt: Jenes Protokoll darf der Bundesrat erst dann ratifizieren, wenn sich die Schweiz mit der EU in der Zuwanderungsfrage geeinigt hat, die wiederum mit der schweizerischen Rechtsordnung vereinbar ist. Also «Masseneinwanderungs-kompatibel» ist.

Bei dieser Vorlage galt es eine primäre Frage zu beantworten, jene der Verfassungsmässigkeit: Verletzt das Protokoll zum Freizügigkeitsabkommen (FZA) den neuen Masseneinwanderungs-Artikel 121a der Bundesverfassung? Jener besagt unter anderem: «Es dürfen keine völkerrechtlichen Verträge abgeschlossen werden, die gegen diesen Artikel verstossen.»

Dem Druck aus der EU nicht nachgeben

Da die Schweiz keine Verfassungsgerichtsbarkeit kennt, verbleibt einzig das Bundesparlament als Hüterin der Verfassung. In der vorberatenden Kommission verkaufte uns der Bundesrat jedoch allem voran die Wichtigkeit von Horizon 2020 und präsentierte uns die negativen Auswirkungen dieser Nichtratifizierung. Doch die Kroatien-Vorlage hat null und nichts mit Horizon 2020 zu tun – politisch ja, rechtlich nein. Der Bundesrat hat leider dem Druck der EU nachgegeben. Hier darf es jedoch nicht um etwaige positive oder negative Auswirkungen dieses Protokolls und schon gar nicht um die Befindlichkeiten der EU gehen. In Sachen Aussenpolitik weist uns der Bundesrat dauernd auf die Überholspur. In der Innenpolitik jedoch kann es oft nicht langsam genug gehen.

Personenfreizügigkeit nicht mit der Bundesverfassung vereinbar

Doch ich erkenne diverse inhaltliche Kollisionen zwischen dem Freizügigkeitsabkommen und dem Masseneinwanderungsartikel: Letzterer verlangt, dass die Schweiz

die Zuwanderung eigenständig steuert. Dass die Zahl der Bewilligungen durch Höchstzahlen und Kontingente begrenzt werde. Dass die Höchstzahlen für sämtliche Bewilligungen des Ausländerrechts gälten. Und dass schliesslich ein Vorrang für Schweizerinnen und Schweizer auf dem Arbeitsmarkt herrsche. Das Kroatien-Protokoll foutiert sich um all diese Bestimmungen.

Klar, Kroatien ist ein kleines Land, eine effektive Massenemigration in die Schweiz ist nicht zu erwarten. Nichtsdestotrotz, es geht hier um äusserst wichtige Güter, die Demokratie und den Rechtsstaat, mithin um die Einhaltung der Bundesverfassung, die hierzulande von Volk und Ständen legitimiert wird.

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