Es kommen zu viele und die falschen Ausländer: Die Schweiz braucht eine neue Asylpolitik

Die Schweiz muss für 2023 mit über 40’000 Asylgesuchen rechnen. Ein neuer Rekordwert. Die EU führt Diskussionen über eine Neuausrichtung der Asylpolitik – doch in Bundesbern bewegt sich nichts. Das Parlament hat zwar den Nachtragskredit zum Bau von Container-Dörfern für Asylbewerber abgelehnt, und der Ständerat wollte das Resettlement-Programm 2024/2025 aussetzen. Doch schon tags darauf beschloss der Bundesrat, das Projekt weiterzuverfolgen und weitere Flüchtlinge direkt einzufliegen. Der Bundesrat muss der Realität endlich ins Auge sehen: Erfolgt nicht umgehend eine Neuausrichtung der Asylpolitik, schlittert die Schweiz weiter ins Chaos.

Gregor Rutz
Gregor Rutz
Nationalrat Zürich (ZH)

Die weltweiten Migrationsbewegungen nehmen massiv zu. Waren 2012 noch 42,5 Millionen Menschen auf der Flucht, sind es heute bereits über 108 Millionen. Der grösste Teil dieser Menschen sind Binnenvertriebene. Das heisst: Sie fliehen an einen anderen Ort innerhalb ihres Landes. Von den Personen, die ins Ausland flüchten, bleiben drei Viertel im Nachbarland – weil sie so schnell wie möglich wieder nach Hause möchten. Fazit: Wer vor Krieg oder Naturkatastrophen flüchtet, tut dies unfreiwillig und bleibt darum so nahe der Heimat wie irgend möglich.

Nur ein kleiner Teil der erwähnten 108 Millionen Menschen reist nach Europa. Zahlenmässig sind es trotzdem viel zu viele. Diese Personen haben meist eine ganz andere Motivation: Sie wollen am westlichen Wohlstand teilhaben und hoffen auf bessere Perspektiven. Diese Wirtschaftsmigranten kommen durch das Asyl-Tor in die Schweiz – obwohl dieser Eingang nicht für sie gedacht ist. Doch die schweizerische Politik drängt sie auf diesen Weg: Fehlende Grenzkontrollen, eine lasche Asyl- und Migrationspolitik, die Abschaffung des Saisonnier-Statuts und der nicht vorhandene Wille, die Rechtsordnung durchzusetzen sind Motivationsfaktoren, ein Asylgesuch zu stellen oder auch illegal in die Schweiz einzureisen.

Wer einmal in der Schweiz ist, kann hierbleiben
Die Asylmigranten wissen: Wer einmal in der Schweiz ist, kann hierbleiben. Auch ohne Asylgrund werden sie nicht in ihr Herkunftsland zurückgeschickt; dauerhafter Aufenthalt in Europa ist quasi garantiert – soziale Hängematte inklusive. Das Bestreben links-grüner Kreise, «Sans Papiers» (also illegal Anwesende) zu legalisieren, verstärkt diese Sogwirkung. Ebenso ist die Bezeichnung «vorläufig aufgenommen» irreführend, denn die Wegweisung solcher Personen findet fast nie statt. Die meisten bleiben für immer hier – oft mit drastischen Auswirkungen auf die Sozialkosten und die öffentliche Sicherheit.

Der Bundesrat hat die Zahlen am 7. Juni veröffentlicht:

  • In den vergangenen 20 Jahren wurden 100’690 Personen vorläufig aufgenommen.
  • Die meisten – über 99 Prozent! – sind noch hier:
    • 31’214 Personen (31%) haben eine Aufenthaltsbewilligung (B),
    • 5’035 Personen (5%) haben eine Niederlassungsbewilligung (C),
    • 7’048 Personen (7%) wurden eingebürgert und können im Herbst an den National- und Ständeratswahlen teilnehmen,
    • 15’310 Personen sind nicht mehr statistisch erfasst (15%), weil niemand weiss, wo sie sind. Der Bundesrat geht davon aus, dass sie nicht mehr in der Schweiz sind. Ein illegaler Aufenthalt in unserem Land erscheint aber als ebenso
    • 800 Personen wurde der Status F entzogen. Die vorläufige Aufnahme wurde also bei 0,8% der Fälle

Fazit: Wer in die Schweiz kommt, weiss, dass er hierbleiben darf. Entweder wird sein Asylgesuch angenommen oder er erhält eine vorläufige Aufnahme und hat so 99,2% Chancen auf einen langfristigen Aufenthalt in der Schweiz, eine Niederlassungsbewilligung oder gar den Schweizer Pass! Dies alles in der Regel auf Kosten der Steuerzahler.

Alarmierende Zahlen
Diese Politik ist nicht gerecht: Statt denjenigen zu helfen, welche es wirklich nötig hätten, nehmen wir im grossen Stil Menschen auf, welche aus ganz anderen Gründen nach Europa strömen. Diese Politik ist auch nicht menschenfreundlich: Statt Unheil zu verhindern und Leid zu mildern, schaffen wir so mit die Grundlage für die Existenz krimineller Schlepperorganisationen und Menschenhändler, welche auf Kosten dieser Migranten auf schäbige und ruchlose Weise Milliarden verdienen und Macht ausüben.

Die Zahlen sind alarmierend. Schauen wir nur auf den aktuellen Stand:

  • Die Asylgesuche sind im vergangenen Jahr auf 24’500 Für 2023 gibt es seit wenigen Wochen laut dem Staatssekretariat für Migration (SEM) sogar Szenarien mit über 40’000 neuen Asylgesuchen.
  • Das Bundesamt für Zoll und Grenzschutz (BAZG) meldete für das Jahr 2022 insgesamt 52’077 Aufgriffe illegal Anwesender an der Grenze. Das heisst: Alle 10 Minuten wurde irgendwo in der Schweiz in illegal Anwesender aufgegriffen. Obwohl illegale Einreise und illegaler Aufenthalt gemäss Ausländergesetz     Straftatbestände sind, wurden keine entsprechenden Verfahren in Gang Dafür fehlten die Ressourcen. Eine Kapitulation des Rechtsstaats – und zudem ein erhebliches Sicherheitsrisiko, weil niemand weiss, wo diese Leute sich   aufhalten.
  • Rund 95% dieser illegalen Migranten wollen keinen Asylantrag stellen, die Schweiz wieder verlassen und in ein anderes europäisches Land weiterreisen – dies sagen sie Die Behörden glauben dies gerne: Hauptsache, sie sind diese Fälle los und haben nichts mehr mit ihnen zu tun. Auch hierfür fehlen die Ressourcen. Eine  weitere Kapitulation des Rechtsstaats.
  • Bis Ende Mai erhielten zudem rund 82’000 Ukrainer der Status S. Etwa 12’000 sind zurückgekehrt.

Heute befinden sich fast 127’000 Personen im Asylprozess. Dies führt zu massiven Engpässen. Die Asylinfrastrukturen platzen aus allen Nähten. Gleichzeitig explodieren die Kosten: Allein die Ausgaben auf Bundesebene wuchsen von 1,7 auf  4 Mia. Franken an.

Probleme sind längstens bekannt: Warum bleiben die Behörden untätig?

Die Probleme, mit denen wir kämpfen, sind schon lange bekannt. Bereits vor etlichen Jahren wusste man um die Herausforderungen im Migrationsbereich. Wenn wir heute zur Erkenntnis kommen, dass zu viele kommen, dass die Falschen kommen und dies alles viel zu viel kostet, müssen wir ernüchtert feststellen, dass genau dies die Neue Zürcher Zeitung am 12. Februar 2003 – also vor 20 Jahren – so formuliert hat:

«Die Migration wird in der Schweiz bisher kaum gesteuert, sondern auf der Doppelspur Asylgesetz und Ausländergesetz juristisch sauber verwaltet. Das Fatale an diesem Vorgehen ist, dass zwar enorme finanzielle Mittel für den Vollzug des Asylrechts ausgegeben werden, der Staat jedoch kaum beeinflussen kann, wer ins Land kommt. Damit gelangen Personen zu einem kürzeren oder längeren Aufenthalt in die Schweiz, die man eigentlich mit Blick auf den Arbeitsmarkt und auf ihren gesellschaftlichen Hintergrund gar nicht hier haben möchte».

Paradigmenwechsel ist überfällig
Leider irrte die NZZ, als sie in der zitierten Ausgabe schrieb: «Die Chancen standen schon lange nicht mehr so gut für ein grundsätzliches Überdenken der schweizerischen Asyl- und Ausländerpolitik». Es erfolgten in den Folgejahren zwar zahlreiche Gesetzesrevisionen, aber ein grundsätzliches Umdenken fand nicht statt.

Die neuen Herausforderungen im Migrationsbereich sind mit lediglich verfahrenstechnischen Änderungen nicht zu bewältigen. Nur ein Paradigmenwechsel ermöglicht echte Verbesserungen: Die Migrationspolitik muss sich den veränderten Tatsachen anpassen.

Nur mit dem Unterbinden grossflächiger Wanderungsbewegungen können Schlepperwesen, organisierte Kriminalität und Menschenhandel effektiv bekämpft werden. Indem konsequent die Hilfe vor Ort ins Zentrum gerückt wird, kann Bedürftigen schneller und besser geholfen werden. Hilfe und Schutz bedeuten nicht gleichzeitig Aufnahme – von dieser überholten Annahme gilt es sich zu lösen. 

Neuausrichtung der Asylpolitik
Wer die Migration unter Kontrolle bekommen will, muss erwirken, dass potentielle Migranten Perspektiven in ihrem Land sehen und keine Motivation haben, nach Europa zu kommen. Dazu gehört die Auslagerung von Asylverfahren. Die EU verfolgt derzeit ein Projekt, die Asylverfahren an der Schengen-Aussengrenze durchzuführen. Entsprechende Vorschläge zur Schaffung von Transitzonen an Schweizer Grenzen wurden auch von SVP-Vertretern im Parlament eingereicht.

Ob dies reicht, ist fraglich. Erfolgsversprechender scheint der Weg Grossbritanniens, welche sämtliche Verfahren in Ruanda abwickeln will. So will die britische Regierung illegale Einwanderer von der Überfahrt auf dem Ärmelkanal abschrecken.

Der Ideen wären genug. Es stellt sich einzig die Frage: Wann erwacht Bundesbern? Wann merkt der Bundesrat, wie dringend eine Kursänderung in der Migrationspolitik ist? Und wann realisiert Frau Bundesrätin Baume-Schneider, wie ungerecht, unsozial, ineffizient und veraltet die schweizerische Migrations- und Asylpolitik ist?

Gregor Rutz
Gregor Rutz
Nationalrat Zürich (ZH)
 
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