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Für unsere Volksgesundheit ein wuchtiges Nein zur Tierversuchsverbots-Initiative

Die Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt» fordert ein vollumfängliches Verbot von Tierversuchen und von Forschung am Menschen.

Martin Haab
Martin Haab
Nationalrat Mettmenstetten (ZH)

Ausserdem verboten werden sollen Einfuhr und Handel sämtlicher Produkte, die unter Anwendung von Tier- oder Menschenversuchen entwickelt wurden. Bei einer Annahme ist mit weitreichenden negativen Auswirkungen auf die medizinische Versorgung der Schweiz, ihre forschende Industrie und ihre Hochschulen zu rechnen. Die Initiative wäre zudem mit verschiedenen internationalen Verpflichtungen nicht kompatibel und hätte zur Folge, dass ein rigoroser Kontrollapparat aufgezogen werden müsste. Das Gesundheitswesen und der Zugang zur Gesundheitsversorgung wären in gravierender Weise betroffen, da die Versorgung mit Medikamenten nicht mehr gewährleistet wäre und die Schweizer Bevölkerung aufgrund des generellen Einfuhrverbots nicht mehr von den wissenschaftlichen Fortschritten im Ausland profitieren könnte. Nicht auszuschliessen wäre die Entwicklung einer Zweiklassenmedizin, da sich nicht alle die neusten Medikamente oder Behandlungen im Ausland leisten können.

Die Initiative prangert vor allem die Tierversuche an
Im Jahr 2020 wurden laut Statistik 556’000 Tiere für Versuche eingesetzt, 3 % weniger als im Vorjahr. In den letzten 40 Jahren wurde die Anzahl der Tierversuche um 70 % gesenkt. Schon heute sind Forschung und Wissenschaft bestrebt, wann immer möglich auf den Tierversuch (in vivo) zu verzichten. Dabei wird auf Alternativen mittels Zellkulturen (in vitro) oder sogar auf simulationsbasierte Untersuchungen (in silico) ausgewichen. Im Zentrum stehen hierbei die 3R-Prinzipien zur kontinuierlichen Minimierung der Tierversuche am lebenden Tier: Refine, Reduce, Replace (verbessern, vermindern, vermeiden).  Im vergangenen Jahr hat der Bundesrat zudem das mit 20 Millionen Franken dotierte Forschungsprogramm «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» lanciert.

Tierversuche werden in 4 Schweregrade eingeteilt (0,1,2,3). Nur gerade 3 % aller Versuche sind mit schweren Belastungen für das Tier verbunden, also Schweregrad 3.

Schweregrad 0 umfasst rund 230’000 Tiere, also 41% aller Versuche. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) definiert Schweregrad 0 wie folgt: «Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, die den Tieren keine Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, sie nicht in Angst versetzen und ihr Allgemeinbefinden nicht beeinträchtigen» also beispielsweise eine Blutentnahme für diagnostische Zwecke oder die subkutane Injektion eines Arzneimittels. Dazu werden ausbildungstechnische Kurse an Nutztieren in den Statistiken als Schweregrad 0 gewertet, zum Beispiel bei der Ausbildung zum Veterinär, Landwirt oder Tierpfleger.

Wenn die Initianten also von weit mehr als einer halben Million Tieren sprechen, welche für Tierversuche benötigt werden, so gilt es die Definition der Schweregrade zu berücksichtigen. Es gilt zu anerkennen, dass ein sehr grosser Teil dieser als «Versuche» geltende Anwendungen für die Tiere äusserst geringe bis gar keine Auswirkungen haben, den medizinischen Fortschritt jedoch massiv beinträchtigen können.

80% aller Versuchstiere sind Mäuse und Ratten und nur ganz vereinzelt werden heute noch Versuche an grösseren Säugetieren, wie Primaten oder Hunden gemacht. Davon wurden 320’000 Tiere oder 58% für die Grundlagenforschung verwendet. 380’000 Tiere oder mehr als 2/3 aller Versuchstiere wurden für die Erforschung von Krankheiten beim Menschen eingesetzt. Allein 104’000 Tiere, also jedes 5. Versuchstier, wurde im vergangenen Jahr für die Krebsforschung eingesetzt und 68’000 Tiere für die Erforschung neurologischer Krankheiten.

Übrigens: 1’328 Versuchstiere in 13 bewilligten Versuchen wurden für die Erforschung des Coronavirus bzw. der damit verbunden Krankheit Covid-19 verwendet.

Ethische Bedenken
Die Initianten argumentieren mit ethischen Bedenken. Man spricht von der Empfindungsfähigkeit von Tieren und möchte dabei eine Beendigung des Speziesismus. Dies soll ein Ziel einer fortschrittlichen Gesellschaft sein.

Der Kreis der Initianten strebt also eine Gleichstellung von Menschen und Tier an. Erste Ansätze dazu sind in unserer Gesellschaft bereits angekommen. Im Kanton Basel-Stadt zum Beispiel, wurde eine Initiative eingereicht für Grundrechte für Primaten. Also Menschenrechte für Affen!

Aus meiner Sicht gibt es einen gewichtigen Unterschied zwischen Menschen und Tier. Es ist ethisch richtig, dass der Mensch über dem Tier steht. Der Mensch soll und darf das Tier nutzen. Immer unter Berücksichtigung der Würde des Tieres und natürlich unter Einhaltung des weltweit ausführlichsten und strengsten Tierschutzgesetzes, welches bei uns gilt. Denn das Tierschutzgesetz gilt für ein Nutztier, ein Haustier oder ein Versuchstier.

Wir ernähren uns von Tieren, von deren Fleisch aber auch von deren Produkten wie Milch und Eier. Wir Menschen nutzen die Arbeitskraft der Tiere, von Pferden, Ochsen oder in anderen Ländern von Elefanten. Und dazu nutzen wir das Tier in beschränktem Mass in der Forschung und der Wissenschaft als «Versuchstier».

Eine Aufhebung dieser Differenzierung zwischen Mensch und Tier, oder eben eine Gleichstellung von Mensch und Tier, hätte unter anderem zur Folge, dass es als selbstverständlich betrachtet werden muss, dass ein Löwe oder ein Krokodil in Afrika, ein Bengal-Tiger in Indien oder der Wolf im Alpenland Schweiz, dann und wann einen Menschen verspeist und dies ohne eine nennenswerte Schlagzeile in den Boulevardmedien – ist dies das Ziel einer fortschrittlichen Gesellschaft?

Ein NEIN und dies ohne Wenn und Aber!
Der Bundesrat sowie das Parlament und mit ihnen die SVP empfehlen ein wuchtiges Nein. Der Nationalrat hat ohne eine Gegenstimme in der Herbstsession die Nein-Parole beschlossen, im Ständerat gab es lediglich zwei Enthaltungen. Am 13. Februar braucht es ein wuchtiges Nein – nicht nur aus Sicht von Forschung und Wirtschaft, sondern vor allem aus der Gesamtsicht auf unsere Volksgesundheit und unsere Ethik.

Martin Haab
Martin Haab
Nationalrat Mettmenstetten (ZH)
 
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