Vernehmlassung

21.498 n Pa.Iv. Roduit. Umsetzung des Berichtes zur Evaluation der medizinischen Begutachtung in der IV

Die Vorlage führt zu einer weiteren, kostenintensiven Verzögerung im IV-Verfahren bei monodisziplinären Gutachten, weshalb die SVP diesen Vorentwurf klar ablehnt. Angesichts der steigenden IV-Neurenten, der tieferen Abgangsquoten als seitens Bund erwartet sowie der zahlrei-chen Mehrfachgesuche ist vielmehr eine Entschlackung der Prozesse angezeigt.

Das Ziel, das Vertrauen in den IV-Prozess zu stärken und die Akzeptanz der Ergebnisse monodisziplinärer Gutachten zu verbessern, erscheint auf den ersten Blick hehr. Gleichwohl täuscht es darüber hinweg, dass die IV-Stelle und die Gutachter einen öffentlich-rechtlichen Auftrag haben und hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Es ist nicht ihre primäre Aufgabe alle Gesuchsteller zufriedenzustellen oder gleichberechtigt eine Einigung zu finden. Die IV-Stellen und Gutachter sind auf ihrem Gebiet Fachpersonen und entscheiden unabhängig aufgrund ihres Expertenwissens. Die Anspruchs- und Erwartungshaltung entsprechen dem Zeitgeist, den es nicht durch weitere aufwändige und kostenintensive Prozesse künstlich zu verstärken gilt. Der Respekt gegenüber dem Staat und dessen Funktionären schwindet laufend und die Vorlage untermauert das Selbstverständnis vieler Gesuchsteller, quasi einen absoluten Anspruch auf Leistungen und Mitwirkung auf Augenhöhe zu haben. Ein solches Prozedere ist nicht nur kontraproduktiv, sondern auch ressourcen- und damit kostenintensiv. Die Invalidenversicherung muss auch mal die Gelegenheit haben, die vergangenen kontinuierlichen Revisionen umzusetzen und die Evaluationen einzuordnen, bevor sie laufend neue Anpassungen vornehmen muss. Die Leistungen zeigen jeweils nur in eine Richtung: nach oben.

 

Ein weiterer Effekt der Vorlage ist, dass sich die Gesuchsteller resp. deren Anwälte aus ihrer Sicht milde Gutachter auf der Liste – welche seit einiger Zeit auf den Homepages der IV-Stellen zu hinterlegen ist – aussuchen und dies mittel- und langfristig zu einer Nivellierung hin zu grosszügigen Gutachten mit hoher Erwerbsunfähigkeit führt. Denn auch diese Einschätzungen hinsichtlich Resterwerbsfähigkeitsentscheide der einzelnen Gutachter müssen mit Namen ausgewiesen werden. An Weiterbildungen werden die Interessenvertreter auch entsprechend geschult, nicht die strengen Gutachter für ihre Klienten auszusuchen, sondern die vergleichsweise milden Gutachter der IV-Stelle vorzuschlagen. Das Gutachter-Bashing mit Bild und Namen in den öffentlichen Medien verstärkt diese Tendenz, so dass sich korrekte Gutachter überlegen, ob sie nicht doch besser den einfacheren Weg der – im Zweifel – positiven Einschätzung pro patientem wählen, um nicht an den rufschädigenden Pranger gestellt zu werden, der die ganze Familie in Mitleidenschaft ziehen kann. (Zu) milde Gutachter werden nicht öffentlich aus ideologischen Gründen herabgewürdigt, was die mangelnde Objektivität und Absichten gewisser Interessenvertreter klar aufzeigt.

 

Neu soll nun also bei nicht erfolgter einvernehmlicher Einigung eine Co-Gutachtenerstellung erfolgen. Bei divergierenden Einschätzungen soll der RAD anschliessend Stellung zu den strittigen Punkten nehmen. Jetzt weiss man bereits aus dem Arbeitsleben, dass Co-Leitungen, Co-Verantwortliche immer mehr Ressourcen binden als eine Einzelperson, die dieselben Aufgaben abdeckt. Doppelspurigkeiten und Mehrfachaufwand für dieselbe Sache sind absehbar. Gleich wird es hier sein, es werden mehr Ressourcen gebunden und damit Mehrkosten verursacht, was auch im erläuternden Bericht zugestanden wird. Es kommt hinzu, dass sich dadurch auch die Verfahren durch endlose Diskussionen und Zusatzberichte verlängern, obwohl die IV-Verfahren bereits heute sehr lange dauern, weil viele (Mehrfach-)Gesuche gestellt werden.

 

Bereits die am 1. Januar 2022 in Kraft getretene Weiterentwicklung der IV (WEIV) führte zu Verbesserungen im Einigungsverfahren, insbesondere mit der Stärkung der Verfahrensrechte der versicherten Personen. Die Beauftragung eines Gutachters ist heute bereits sehr aufwändig und langwierig, dieser Prozess würde noch verstärkt. Die Gutachter und IV-Stellen haben stetig höheren administrativen Anforderungen zu genügen und mehr Verfahrensvorschriften zu beachten. Aufgrund dieser zahlreichen Änderungen und dem damit verbundenen Misstrauensvotum der Gutachter gegenüber sind auch schon versierte Gutachter von dieser Aufgabe zurückgetreten, was den Gutachtermangel weiter verstärkt. Im Unterschied zu den Gesuchstellern und deren Interessenvertreter haben die Gutachter keine Lobby. In Zeiten steigender IV-Gesuche aufgrund psychischer Beeinträchtigungen ist es nicht angezeigt, die Anforderungen an die Ausarbeitung der Gutachten weiter zu erhöhen, insbesondere wenn kein Mehrwert zu erwarten ist.

 

Schliesslich ist es nicht sinnvoll, einen Mehraufwand zu generieren und die Verfahrensabläufe zu verkomplizieren, nur um das Vertrauen und die Akzeptanz in die Entscheidfindung zu erhöhen. Dieselben Argumente könnten in allen Verfahren vorgebracht werden, denn auch andere Behörden haben über einschneidende Massnahmen zu befinden, die regelmässig nicht zur Zufriedenheit der Betroffenen führen. Es ist völlig offensichtlich, dass nicht für alle Behördenentscheide mit Unzufriedenheitspotential mehrere Personen an demselben Dokument arbeiten und sich einigen sollen, damit anschliessend nochmals jemand darüber einen Abschlussbericht verfassen kann. Deshalb geht auch das vorliegende Geschäft komplett an den Interessen der Bevölkerung vorbei. Der Fokus der Diskussion liegt zu einseitig auf den Wünschen der IV-Gesuchsteller und schenkt den öffentlichen Interessen zu wenig Beachtung.

 

Aus Sicht der SVP ist es an der Zeit, die Prozesse zu vereinfachen und nicht die Gutachter von ihren Kernaufgaben – der medizinischen Einschätzung – durch unnötige Verfahrensverschleppungen abzuhalten. Die steigende Administration und Bürokratie ist des Weiteren auch in anderen medizinischen Bereichen kontraproduktiv, wenn gleichzeitig von einem Ärztemangel gesprochen wird. Schliesslich haben sich die Finanzperspektiven der IV – aufgrund signifikanten Anstiegs der Neurenten und tieferer Abgangsquoten als geplant – weiter verschlimmert. Es ist auch deshalb nicht opportun, den Prozess mittels weiterer Zusatzschlaufen zu verzögern und verteuern. Die Prognosen des Bundes waren einmal mehr falsch, weshalb auch hier nicht auf die angeblich geringen Zusatzkosten zu vertrauen ist. Die Entwicklung zeigt in eine andere Richtung und sollte uns zu einer Entschlackung des Verfahrens anregen nicht umgekehrt.

 
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