Editorial

Individualbesteuerung: Bürokratiemonster ohne Mehrwert

Die Volksinitiative der FDP «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung» verlangt den Wechsel von der Ehepaarbesteuerung zur Individualbesteuerung. Die Heiratsstrafe gehört zwar endlich abgeschafft – aber nicht so. Die Individualbesteuerung ist extrem kompliziert und bestraft den Mittelstand. Zahlreiche Kantone zeigen, dass die Abschaffung der Heiratsstrafe möglich ist – unkompliziert und ohne neue Ungerechtigkeiten zu schaffen.

Martin Hübscher
Martin Hübscher
Nationalrat Bertschikon (ZH)

Die FDP-Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung» will, dass alle erwachsenen Personen individuell besteuert werden. Dies würde zum einen den Mittelstand benachteiligen. Zum andern würde die Umstellung massiv mehr Bürokratie bringen. Die Individualbesteuerung würde auf einen Schlag 1.7 Millionen zusätzliche Steuererklärungen auslösen, die alle bearbeitet und kontrolliert werden müssen. Damit wären in der ganzen Schweiz weit mehr als 2’000 neue Steuerbeamte nötig, die keine zusätzliche Wertschöpfung bringen, aber die Staatsquote zusätzlich erhöhen würden.

Doch auch auf anderen Ämtern würde der administrative Aufwand stark steigen. Ein Beispiel: Die Behörden müssten für jedes Stipendiengesuch, bei jeder Musikunterrichtanmeldung, bei jedem Antrag auf Kita-Vergünstigung etc. zwei Steuerveranlagungen prüfen.

Hinzu kommt: Die Individualbesteuerung privilegiert die Aufteilung der Erwerbstätigkeit zu je 50%. Ehepaare, die eine andere Aufteilung wählen, werden durch die Progression steuerlich massiv benachteiligt. Dies wäre ein Angriff auf den Mittelstand. Zudem würde der Staat so einseitig ein Familienmodell fördern – was nicht Aufgabe des Staates ist, sondern der freie Entscheid eines Ehepaares bleiben soll.

Auch schafft die Individualbesteuerung neue Ungerechtigkeiten. Stellen Sie sich eine Familie vor: ein Partner hat ein Einkommen von 20’000 Franken der andere verdient 500’000 Franken. Der Partner mit dem viel tieferen Einkommen erhält Krankenkassen-Prämienverbilligungen – obwohl das Ehepaar die Prämien problemlos bezahlen könnte. Genau gleich verhält es sich bei allen anderen Unterstützungen, welche auf Einkommen und Vermögen abstützen.

Die Individualbesteuerung ist nicht praxistauglich. Mit dem Splitting haben wir hingegen eine Lösung, die sich bereits in verschiedenen Kantonen bewährt hat. Diese Lösung zur Abschaffung der Heiratsstrafe kann problemlos auch bei der direkten Bundessteuer eingeführt werden.

Martin Hübscher
Martin Hübscher
Nationalrat Bertschikon (ZH)
 
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