Individualbesteuerung: alte Heiratsstrafe wird durch neue ersetzt. Zudem droht ein Bürokratiemonster

Obwohl die meisten Kantone die Heiratsstrafe beseitigt haben, soll auf Bundesebene die Individualbesteuerung eingeführt werden. Dadurch müssten alle Kantone ihre Steuersysteme sehr aufwändig revidieren und 1’800’000 zusätzliche Steuererklärungen bewältigen. Die horrenden Kosten dafür trägt der Steuerzahler. 

Urs Martin
Urs Martin
Regierungsrat Arbon (TG)

Am 20. Juni 2025 hat das eidgenössische Parlament das neue Gesetz über die Individualbesteuerung verabschiedet. Inskünftig sollen verheiratete Personen steuerlich so behandelt werden, wie wenn sie nicht verheiratet wären. Das führt zuallererst einmal zu zusätzlichen 1.8 Millionen zusätzlichen Steuererklärungen – pro Jahr. In Zeiten, in denen der Bund und viele Kantone sparen müssen, ist dieser unnötige administrative Aufwand unverständlich. Zudem müssten alle Kantone ihre Steuergesetze anpassen und die kantonale Steuer-IT umprogrammieren. Die Steuerzahler würden die Kosten in dreistelliger Millionenhöhe tragen, ohne dass ein Nutzen entsteht. Das ist absurd!

Indem das neue Gesetz die Ehe steuerrechtlich ausblendet, soll die heutige Heiratsstrafe für Doppelverdiener-Ehepaare abgeschafft werden. Diese entsteht, weil zwei Einkommen zusammengerechnet in eine höhere Progressionsstufe fallen, als je für sich besteuerte Einkommen. Diese Ungerechtigkeit abzuschaffen, ist sinnvoll. Sämtliche Kantone haben die Heiratsstrafe für Doppelverdiener-Ehepaare für die kantonalen Steuern bereits seit Jahrzehnten abgeschafft (Splittingverfahren, Spezialtarif für Ehepaare etc.). Der Bund könnte schlicht eine erprobte kantonale Lösung einführen. Einen sachlichen Grund, die bewährten Kantonslösungen nicht zu übernehmen, gibt es nicht.

Den Befürwortern geht es vielmehr gesellschaftspolitisch darum, die Ehe (steuerrechtlich) abzuschaffen und aus staatlicher Optik nur noch Einzelpersonen zu betrachten. Für Gesellschaftspolitik ist das Steuerrecht aber der falsche Ort. Die Befürworter nehmen gar bewusst eine neue (!) Heiratsstrafe für Einzelverdiener-Ehepaare in Kauf. In Zukunft würden nämlich Einzelverdiener-Ehepaare wesentlich mehr Steuern bezahlen als Doppelverdiener-Ehepaare mit demselben Gesamteinkommen. Die eine Heiratsstrafe würde durch die andere ersetzt! Auch hier: Die kantonalen Steuersysteme haben die Heiratsstrafe sowohl für Doppelverdiener- als auch für Einzelverdiener-Ehepaare längst abgeschafft. Wieso nicht von den Kantonen übernehmen?

Zusammengefasst würde die neue Individualbesteuerung die ungerechte Heiratsstrafe für Doppelverdiener-Ehepaare zwar abschaffen, dafür gleichzeitig eine neue Heiratsstrafe einführen. Als „Nebeneffekt“ sind jährlich 1.8 Millionen Steuererklärungen auszufüllen, dutzende kantonale Gesetze und Verordnungen anzupassen und in jedem Kanton die Steuer-IT umzuprogrammieren. Die Kosten in dreistelliger Millionenhöhe trägt der Steuerzahler. Daher Nein zur Individualbesteuerungsvorlage!

Jetzt das Referendum unterschreiben!

Urs Martin
Urs Martin
Regierungsrat Arbon (TG)
 
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