Vier Anhänge werden aus dem Landwirtschaftsabkommen ins Lebensmittel-abkommen transferiert. Dies sind die Anhänge über Pflanzengesundheit (Anhang 4), Futtermittel (Anhang 5), Saatgut (Anhang 6) sowie über Tiere und tierische Produkte (Anhang 11). Diese Verschiebungen haben harte inhaltliche Konsequenzen.
Das Lebensmittelabkommen steht unter der dynamischen Rechtsübernahme. Mit dem gemeinsamen Lebensmittelsicherheitsraum ist die Schweiz gezwungen EU-Recht zu übernehmen, ganz nach dem Motto: «Vom Acker bis auf den Teller». Das heisst, 61 Basisrechtsakte und 104 Änderungs- und Durchführungsakte. Da es sich beim Lebensmittelabkommen um ein neues Abkommen handelt, müssen entsprechend sowohl alle geltenden Regulierungen integral (ohne parlamentarischen Prozess) übernommen werden, als auch alle neuen Regulierungen automatisch und dauerhaft ins Schweizer System überführt werden. Das passiert alles ohne detaillierte Vernehmlassung und parlamentarische Kontrolle.
Ein massiver Kontroll- und Bürokratieaufwand wird die Folge davon sein. Es wird auch keine Rücksicht auf die Besonderheiten unserer kleinstrukturierten Land- und Ernährungswirtschaft, die über Generationen entstanden sind. Kleine Käsereien im Alp- und Berggebiet, Hersteller von regionalen Spezialitäten in Obst- Wein- oder Gemüsebetrieben sowie Direktvermarkter von Fleisch- oder Milchprodukten, werden über den gleichen Leist geschlagen wie industrielle Grossbetriebe in Ostdeutschland oder in Polen. Wer künftig am Dorffest Kuchen verkaufen will oder am 1. August eine Bratwurst für die Besucher grillieren will, muss EU- Hygienestandards erfüllen und dabei die Rezepturen dokumentieren. Küchen, welche zum Herstellen von diesen Produkten benutzt werden, müssen EU-zertifiziert sein. Sogar die Feldküchen der Armee sind neu wie Kantinen zu zertifizieren! Im Ernstfall müssten wir wohl noch auf die EU-Inspekteure warten.
Die Schweiz hat schon heute eines der besten Systeme für Lebensmittelsicherheit weltweit. Wir brauchen keine Bevormundung aus Brüssel, keine endlosen Formulare und keine EU-Kontrolleure auf Dorffesten oder in Schulküchen. Was wir brauchen, ist Eigenständigkeit, Pragmatismus und Vertrauen zwischen Produzenten, Verarbeitern und Konsumenten – so wie bisher.