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Editorial

Der Fernsehdirektor will Politik machen

Der designierte Radio- und Fernsehdirektor, Rudolf Matter, begibt sich auf das glatte Parkett der Politik. In einem Interview in der gestrigen Sonntagspresse fordert er einerseits mehr Relevanz in…

Der designierte Radio- und Fernsehdirektor, Rudolf Matter, begibt sich auf das glatte Parkett der Politik. In einem Interview in der gestrigen Sonntagspresse fordert er einerseits mehr Relevanz in den Informationssendungen des Schweizer Fernsehens und andererseits weniger Konfrontationen zwischen SP und SVP in der „Arena“. Darauf folgt ein Hohelied auf die Mitteparteien. Während die Aussage zur Relevanz ein Eingeständnis für ein bisher von den Fernsehmachern der SRG gerne abgestrittenes Problem darstellt, wärmt er mit der „Kritik“ an der Arena eine politisch gefärbte Plattitüde auf, die schon sein Vorgänger Haldimann und Medienminister Moritz Leuenberger in die Welt gesetzt hatten. Richtiger wird die Behauptung damit nicht. Sie zeigt höchstens die Versuchung jedes Medienmachers, selbst Politik machen zu wollen.

Auch im zurückliegenden Sommer gab es genügend Beispiele für die teilweise schwer nachvollziehbare Themenwahl der SRG-Medien. Die Informationsgefässe des Schweizer Fernsehens taten sich hier in besonderem Masse hervor. Wir haben auch an dieser Stelle in den letzten Monaten einige Muster dargestellt. Da war etwa die „Berichterstattung“ über die SVP-Delegiertenversammlung in Delémont, die den Inhalt der Veranstaltung völlig ausblendete, dafür krampfhaft Spannungen innerhalb der Partei darzustellen versuchte, die an der Veranstaltung kaum ein Thema waren. Oder ein Bericht in der „Tagesschau“, der künstlich einen Zwist unter den bürgerlichen Parteien im Abstimmungskampf zur Revision der Arbeitslosenversicherung konstruierte. Hintergrund war der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Revision, ein an sich wirklich relevantes Thema. Die Auflösung dieser Problematik und der aktive Einstieg der SVP in die Abstimmungskampagne, ebenfalls relevante Ereignisse, waren dann keine Berichterstattung mehr wert. Es gäbe noch weitere Beispiele. Die typische Reaktion auf kritische Feed-backs an die jeweiligen Verantwortlichen der Sendungen ist eine wortreiche und belehrende Abwehrhaltung mit Hinweis auf die journalistische Unabhängigkeit und das öffentliche Interesse, wobei offenbar die Fernsehmacher bestimmen, welches das öffentliche Interesse ist. Wenn es dem neuen Fernsehdirektor gelingt, unter dem Titel „mehr Relevanz“ die selbstgefälligen Attitüden in seinem Unternehmen zurückzubinden und offensichtliche Fehlleistungen zu reduzieren, wird er sich dereinst Lob verdienen.

Medien und Politik
Weniger glücklich ist es, wenn sich der Medienmann als Schiedsrichter der politischen Debatte aufspielt. Die Aussage, SVP und SP hätten in der Arena zu viel Raum für ihre Positionen, ist ebenso unoriginell wie unbelegt. Bereits Matters Vorgänger Haldimann (im Januar 2010), übrigens ebenfalls gepaart mit dem nicht eingehaltenen „Mehr-Relevanz-Versprechen“, und danach Medienminister Leuenberger (im Mai 2010) haben diese Platte aufgelegt. Tatsache ist, dass die „Spielregeln“ der Arena die Mitte klar bevorteilen. Während die SVP und die SP in den meisten Fällen nur einen Vertreter in der Sendung haben, ist die Mitte aufgrund ihrer parteipolitischen Zersplitterung meist mit zwei, drei oder gar vier Vertretern präsent. Sie ist also per se im Verhältnis zu ihrem Wähleranteil klar übervertreten. Dass es ihr dabei offenbar nicht gelingt, bei den Zuschauern einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, ist ihr Problem. Auf keinen Fall ist es Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, dieses Manko über eine entsprechende Gestaltung und Beeinflussung der Sendegefässe auszugleichen. Mit solchen Aussagen bewegt sich Matter auch staatspolitisch auf dünnem Eis. Dieses bricht schliesslich gänzlich ein, wenn Aussagen folgen wie: „Lösungen in schwierigen politischen Fragen gibt es oft über die Beteiligung der Mitteparteien.“ Ebenso wahr oder falsch wäre die Aussage, wenn man in diesem Satz das Wort „Mitteparteien“ durch „SVP und SP“ ersetzt. Verschiedene Abstimmungen der letzten Session haben den deutlichen Beweis dafür geliefert: Die Mitte bringt ohne Partner links oder rechts keine „Lösungen“ zustande, nicht im Parlament und schon gar nicht vor dem Volk. Falls dies aber die Überzeugung von Herrn Matter sein sollte, dann ist ihm zu raten, am 1. Januar 2011 seinen neuen Job nicht anzutreten und stattdessen für einen Sitz im Parlament zu kandidieren. Dort kann er dann nach Lust und Laune politisieren und seinen politischen Präferenzen freien Lauf lassen.

 
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