Innovationen statt Subventionen

Bundesrat und Parlament wollen eine Mediensteuer einführen: Künftig sollen alle Haushalte bezahlen – auch wenn gar kein Empfangsgerät vorhanden ist.

Natalie Rickli
Natalie Rickli
Nationalrätin Winterthur (ZH)

Bundesrat und Parlament wollen eine Mediensteuer einführen: Künftig sollen alle Haushalte bezahlen – auch wenn gar kein Empfangsgerät vorhanden ist. Unternehmen werden zusätzlich abgezockt. Statt den Service public eng zu definieren, die Gebühren zu senken und den privaten Anbietern mehr Freiheiten zu geben, wird die SRG unter Heimatschutz gestellt. Am 14. Juni kann das Volk an der Urne Gegensteuer geben.

1931 wurde die Schweizerische Rundspruchgesellschaft (SRG) gegründet und die ersten Radiosender nahmen ihren Dienst auf. 1953 führte die SRG einen ersten offiziellen Fernsehversuchsbetrieb durch. An fünf Abenden pro Woche wurde ein rund einstündiges Programm gesendet. 1955 gab es bereits 1‘233‘075 Radio- und 10‘507 Fernsehkonzessionäre. Die Gesamteinnahmen betrugen damals 25,01 Mio. Franken (Quelle: Radio und Fernsehen in der Schweiz, Markus T. Drack). Die weitere Entwicklung aufzuzeigen, würde diesen Artikel sprengen. Fazit der Geschichte: Die SRG hat grosse Verdienste an der Entwicklung von Radio und Fernsehen in der Schweiz. Zu jener Zeit war die Empfangsgebühr gerechtfertigt und wurde von den Konsumenten getragen.

Multimedia-Zeitalter
2015 sind wir aber definitiv im Multimedia-Zeitalter angekommen: Die Konsumenten haben neben Zeitungen und Zeitschriften Hunderte in- und ausländische Radio- und Fernsehsender sowie Internet- und Social-Media-Angebote zur Auswahl. Der grösste Teil dieser Angebote ist privatwirtschaftlich finanziert und nicht von öffentlichen Geldern abhängig. Dies zeigt: Das mit öffentlichen Geldern finanzierte Angebot kann reduziert, die Gebühren gesenkt und die Medienpolitik liberalisiert werden. Es ist unverständlich, dass wir heute 18 Radio-, 8 Fernsehsender sowie zahlreiche Online-Angebote der SRG finanzieren müssen. Die jährlichen Gebühren sind entsprechend explodiert: Zahlten Privatpersonen 1987 noch 279 Franken, zahlen wir heute 462 Franken. 2014 hat die Billag insgesamt 1,352 Mrd. Franken eingetrieben.

Leider sind Bundesrat und Parlament im letzten Jahrhundert steckengeblieben: Statt die Gebühren zu senken, wird eine verfassungswidrige Mediensteuer eingeführt. In Zukunft sollen sogar Personen, die gar kein Empfangsgerät besitzen, die Mediensteuer bezahlen. Auch Blinde und Gehörlose werden nach einer fünfjährigen Übergangsfrist zur Kasse gebeten. Unternehmen müssen der Billag noch mehr Geld abliefern, obwohl juristische Personen gar nicht Radio hören oder fernsehen können. Zudem zahlen alle Mitarbeiter zu Hause bereits Gebühren. Insbesondere mittlere bis grosse Unternehmen werden geschröpft: Sie zahlen bis zu 39‘000 Franken pro Jahr.

«Buebetrickli» des Bundesrates
Mit diesem unfairen Buebetrickli und der Behauptung, sie hätten künftig nur noch 400 Franken pro Haushalt zu bezahlen, will der Bundesrat die Gebührenzahler überlisten. Eine Senkung des Betrags steht jedoch nirgends im Gesetz – im Gegenteil! Der Bundesrat kann die Gebühren in alleiniger Kompetenz weiter erhöhen. Dass es der Regierung kaum ernst ist, die Gebühren zu senken, sieht man an der Entwicklung der Empfangsgebühren in den vergangenen 20 Jahren: sie sind ständig weiter angestiegen.

Aufgabe der Politik wäre es gewesen, zu definieren, welche Aufgaben der Staat im Medienbereich überhaupt noch zwingend hat. Welche Angebote gibt es bereits auf privaten Sendern? Welche Angebote könnten Private produzieren, wenn sie nicht mehr von der gebührenfinanzierten SRG konkurrenziert würden? Die Bereiche Unterhaltung und Internet könnten so fast vollumfänglich von Gebühren befreit werden, und es entstünden mehr private Angebote. Die Anzahl der SRG-Sender könnten deutlich reduziert und die Gebühren gesenkt werden.

Wettbewerb statt Medienförderung
Leider wurde diese Diskussion nicht geführt. Im Gegenteil: Es wurde eine staatliche Medienkommission ins Leben gerufen, welche fordert, dass mit Steuergeldern Journalisten aus- und weitergebildet und die Nachrichtenagentur SDA finanziert werden. Beides sind keine Staatsaufgaben, beides würde neue Abhängigkeiten produzieren. Dass auch Internet-Startups gefördert werden sollen, ist widersinnig: Hier besteht eine grosse Angebotsvielfalt, so dass sich staatliche Massnahmen erübrigen. Diese Angebotsvielfalt besteht auch darum, weil der Internetbereich nur minim reguliert ist. Wehret den Anfängen!

Medienförderung heisst immer auch Strukturerhaltung. Wie andere Branchen muss sich die Medienbranche dem Strukturwandel stellen. Es werden Produkte vom Markt verschwinden, und es werden neue Angebote entstehen. Innovation ist gefragt – nicht Subventionen.

Leider können wir von den meisten privaten Medienanbietern nicht mit Unterstützung rechnen im Abstimmungskampf, da viele lokale Radio- und Fernsehveranstalter mehr Geld aus dem Gebührentopf erhalten. Die SRG freut sich darüber und kann sich zurücklehnen im Abstimmungskampf. Für sie ändert sich nichts. Die unabhängigen Privaten werden sich auch kaum öffentlich äussern, schliesslich ist es das gleiche Departement, das reguliert und kontrolliert. Wer will schon den Zorn der Medienministerin auf sich ziehen?

Dies wird die erste medienpolitische Abstimmung seit dem Radio- und Fernsehartikel 1984. Ich hoffe, die Stimmbürger durchschauen diese ungerechtfertigte, unangebrachte und unfaire Mediensteuer. Dies wäre ein wichtiges Signal für eine Trendwende in der schweizerischen Medienpolitik hin zu mehr privater Innovation und weniger staatlicher Regulierung.

Natalie Rickli hat diesen Text im digitalen Medienmagazin MEDIENWOCHE publiziert.

Natalie Rickli
Natalie Rickli
Nationalrätin Winterthur (ZH)
 
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