Anforderungen an Lernende aus Sicht eines Lehrmeisters

In meinem Holzbaubetrieb, der Burgherr Moosersäge AG, lernen zurzeit fünf junge Männer den Beruf des Zimmermanns. Im Gegensatz zu staatlichen Lehrwerkstätten arbeiten unsere Lernenden vom ersten…

Grossrat Thomas Burgherr, Kantonalpräsident der SVP Aargau, Wiliberg (AG)

In meinem Holzbaubetrieb, der Burgherr Moosersäge AG, lernen zurzeit fünf junge Männer den Beruf des Zimmermanns. Im Gegensatz zu staatlichen Lehrwerkstätten arbeiten unsere Lernenden vom ersten Tag an praxisorientiert mit. Dabei stelle ich immer wieder fest, dass die Motivation unserer Lehrlinge sehr hoch ist und dass sie nach der Lehrzeit erfolgreich in ihrem Beruf arbeiten können. Ein grosser Teil meiner Lernenden bildet sich später auch an den Techniker- und Fachhochschulen weiter.

Aus Überzeugung, dass das duale Bildungssystem unseren Werkplatz stark gemacht hat und natürlich auch um unseren Berufsnachwuchs zu sichern, engagiert sich unser Betrieb seit Generationen in der Berufsbildung. Viele unserer ehemaligen Lehrlinge arbeiten heute als Berufsleute in unserem Holzbaubetrieb und stärken diesen in einem hohen Masse.

Mich persönlich fasziniert unsere duale Berufsbildung. Daher will ich möglichst vielen Jugendlichen eine Chance für eine Berufslehre ermöglichen. Auch die Branchenverbände tun gut daran, die Eigenverantwortung für den Berufsnachwuchs engagiert wahrzunehmen.

Die Privatwirtschaft unternimmt vieles, um den Schulabgängern Einblick in ihre Lehrberufe geben zu können. Für Schulen bieten sie Betriebsbesichtigungen und Einblicke in verschiedene Berufe an. Jugendliche haben auch jederzeit die Möglichkeit Schnupperlehren zu absolvieren. Ein gutes Zusammenspiel der Schulen und der Wirtschaft ist unabdingbar.

Unsere duale Berufsbildung gehört zu den qualitativ höchst stehenden Ausbil-dungen weltweit. Zentral dabei ist der hohe Praxisbezug. Wo Berufslehren möglich sind, sollten diese aus folgenden Gründen Vorrang haben:

  • Berufslehren sind eine weit entwickelte Form des dualen Lernens
  • Sie haben sich bestens bewährt, sind akzeptiert und sparen dem Staat viel Geld
  • Die Kombination von Lernen und Arbeiten erleichtert den Übergang ins Erwerbsleben
  • Sie gliedert die Jugend in der Gesellschaft und Wirtschaft bestens ein
  • Es gibt weniger Motivationsprobleme.

Dank diesem hochstehenden Berufsbildungssystem hat unser Land sehr gut ausgebildete Arbeitskräfte, welche hochstehende Produkte produzieren. Trotz hohen Lohnkosten waren wir bisher konkurrenzfähig. An diesem Erfolgsrezept sollten wir festhalten, damit wir auch in Zukunft erfolgreich und international konkurrenzfähig bleiben. Dazu muss die Bildung auf allen Stufen gestärkt und modernisiert werden.

Die schweizerische Wirtschaft steht vor grossen Herausforderungen. Die Rah-menbedingungen verändern sich im technischen- und unternehmerischen Sinne laufend. Die Volksschule versagt dort, wo sie sich nicht an den Anforderungen der Arbeitswelt orientiert und die Lernenden nicht auf die Berufswelt vorbereitet.

Der Staat muss ein hohes Interesse haben, die Berufsbildung entscheidend zu stärken. Das heisst, der starke Praxisbezug als zentrales Element muss erhalten bleiben. Unnötige Bürokratie in Bezug auf die Lehrbetriebe muss vermieden werden. Zudem sollten Betriebe, welche Lehrlinge ausbilden, steuerlich entlastet werden.

Nun zu den Anforderungen an die Lernenden.
Von meinen Lehrlingen erwarte ich Disziplin, Lernbereitschaft, Eigenverantwor-tung, Verlässlichkeit, Selbständigkeit, Qualitätsbewusstsein und Aufmerksamkeit.

Disziplin bedeutet Respekt, Regeln befolgen, Pünktlichkeit, angenehmes Verhalten, Freundlichkeit.
Lernbereitschaft beinhaltet Ehrgeiz, interessiert, offen sein für neues, lehren und lernen, erklären lassen.
Eigenverantwortung heisst elementare Verantwortung mitzutragen, z. Bsp. für frühzeitige Ferienanzeigen, mitdenken, gute Deutschkenntnisse.
Unter Verlässlichkeit verstehe ich Genauigkeit, Verantwortung im Umgang mit den Arbeitsmitteln, vertraulicher Umgang mit Informationen.
Selbständigkeit beinhaltet Zeitvorgaben einhalten, Eigeninitiative zeigen, mitdenken, eigene Meinungen sagen.
Qualitätsbewusstsein bedeutet Genauigkeit, einhalten von Richtlinien.
Aufmerksamkeit heisst Interesse zeigen, mitdenken, aktiv mithelfen, notwendige Infos einholen.

Viele dieser Anforderungen sind heute zum Teil nicht mehr gegeben. Viele Schulabgänger sind nicht ausbildungsreif. Die Wirtschaft beklagt sich heute, dass es Schulabgänger gibt, welche nicht in der Lage sind, einen fehlerfreien Satz zu schreiben oder einfache geometrische Aufgaben und Prozentrechnungen nicht lösen können.

Die Frage ist hier erlaubt, nimmt die Volksschule ihren Bildungsauftrag richtig und gut wahr. Hier gibt es tatsächlich Mängel. Meines Erachtens gibt es heute zu viele realitätsfremde Bildungstheoretiker und zu viele Sozialpädagogen an unseren Schulen. Die Volksschule resp. die Politik kooperiert zu wenig mit der Wirtschaft. Diese weiss genau, welche Ansprüche für Schulabgänger notwendig sind. Schon lange wird bemängelt, dass das Wissen, die Leistungsbereitschaft, das Durchhaltevermögen sowie der gesunde Menschenverstand deutlich abnehmen.
Dieser Fehlentwicklung muss vehement entgegengetreten werden. Im Besondern müssen die Fächer Mathematik, Muttersprache und verschiedene Realienfächer deutlich aufgewertet werden. Eine gute Allgemeinbildung ist für unsere Jugend besonders wichtig, diese Aufgabe muss durch die Schule besser erfüllt werden.

Trotz einer guten Lehrstellensituation gibt es Jugendliche, die aufgrund ihrer Voraussetzungen enorme Probleme haben, eine Lehrstelle zu finden. Jugendliche, deren Berufswunsch noch wenig gefestigt ist, die erhebliche schulische Schwächen aufweisen, ein auffälliges Sozialverhalten an den Tag legen oder schlicht nicht genügend selbstbewusst auftreten können, stehen vor besonderen Schwierigkeiten. Gleiches gilt für junge Leute mit Migrationshintergrund, die über zu wenig Sicherheit in unserer Landessprache verfügen.

Ich stelle auch immer wieder fest, dass Lehrpersonen keinen Bezug mehr zur Berufswelt haben. Lehrpersonen, Schulleiter und die Schulbehörden verfügen vielfach über zu wenig praktische Kenntnisse der realen Arbeitswelt. Dieses Manko muss mit einfachen und griffigen Massnahmen korrigiert werden.

Da zu viele Schulabgänger ein grosses Bildungsdefizit aufweisen und dement-sprechend nicht in der Lage sind, in eine Berufslehre einzutreten, muss der Staat teure Brückenangebote zur Verfügung stellen. Die Volksschule würde gut daran tun mehr auf die Arbeitswelt zu hören und sich dementsprechend ausrichten. Die Wirtschaft erwartet von der Volksschule, dass sie ihren Auftrag vollumfänglich erfüllt und die schulischen Voraussetzungen zum erfolgreichen Absolvieren einer Berufslehre schafft. Es ist nicht die Aufgabe der Berufsschule und der Lehrbetriebe Bildungsdefizite zu korrigieren.

Die Bedürfnisse der Berufswelt sollten in der Schule wieder vermehrt wahrge-nommen und in der Ausbildung entsprechend berücksichtigt werden. So wird es den Schulabgänger leichter gelingen sich im Berufsleben einzugliedern und von Anfang an Verantwortung zu übernehmen.

 
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