Referat

EU-Beitritt heisst Milliarden zahlen

Wohin sich die Europäische Union politisch entwickelt, ist unklarer denn je. Die Expansion scheint keine Grenzen mehr zu kennen. Trotz wirtschaftlicher Divergenzen strebt die EU nach territorialer…

Christoph Mörgeli
Christoph Mörgeli
Nationalrat Stäfa (ZH)

Unsichere Entwicklung

Wohin sich die Europäische Union politisch entwickelt, ist unklarer denn je. Die Expansion scheint keine Grenzen mehr zu kennen. Trotz wirtschaftlicher Divergenzen strebt die EU nach territorialer Grösse. Wie sie die anstehende Osterweiterung verkraften wird, ist völlig ungewiss. Ungeachtet dessen forciert Deutschlands Linke bereits den Beitritt der Türkei. Auch hier stellt sich die Frage, was die Ziele der EU sind: nicht nur geographisch, sondern auch politisch, wirtschaftlich, rechtlich, kulturell. Ein europäischer Super-Staat kann jedenfalls nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sein. Vor allem die Grossstaaten versuchen zurzeit, ihre Vormachtstellung juristisch zu festigen. Die Verträge von Maastricht, Nizza und Amsterdam schwächen namentlich die Stellung der Kleinstaaten (kein Veto-Recht mehr, Stimmengewichtung zu Ungunsten der kleineren Mitglieder, Machtkonzentration)

Wiederaufleben antiquierten Blockdenkens

Der Irak-Krieg entzweite Europa tiefgreifend, und Chiracs Disziplinierungsversuch der Osteuropäer entlarvte die sonst so gern zelebrierte Einigkeit („Ils ont manqué une bonne occasion de se taire"; „Quand on est déja dans la famille, on a tout de même plus de droits"). Schon wird von einem „Kerneuropa" und einem „Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten" gesprochen. Die militärische Aufrüstung soll voran getrieben werden. Vornehmlich intellektuelle Pro-Europäer versuchen die EU als Gegenmacht zu den Vereinigten Staaten aufzubauen. Damit fallen sie in ein antiquiertes Blockdenken zurück und hofieren einem kruden Anti-Amerikanismus. Die Schweiz täte gut daran, sich wieder auf ihre strikte aussenpolitische Neutralität zu besinnen.

Wirtschaftliche Schwächen der EU

Die EU hat an Glanz verloren. Die wirtschaftlichen Versprechen von Anfang der 90er Jahre (mehr Wachstum, weniger Arbeitslosigkeit) wurden nicht erfüllt. Es gilt: Je weniger Europa desto stärker die Wirtschaft. Die Nicht-Euro-Nationen weisen fast durchwegs bessere Kennzahlen als ihre Euro-Nachbarn auf. Das trifft in noch verstärkterem Ausmass auf die EU-Nichtmitglieder zu. 2001 wuchs der gesamte EU-Raum lediglich um 1,5%, die Nicht-EU-Mitglieder Norwegen und Island aber um 2,3% bzw. 5%. Einzig Nettobezüger, wie etwa Irland, Portugal und Griechenland, profitieren von der Mitgliedschaft. Die Wachstumsschwäche der Schweiz wiederum ist primär hausgemacht. Die herrschende Mitte-Links-Koalition verteuert den Produktionsstandort Schweiz durch Überregulierung, gewerkschaftliche Forderungen, neue Abgaben und Steuern.

Euro – ein monetäres Korsett

Deutschland, Italien und die Niederlande befinden sich in der Rezession. Der Euro erweist sich als monetäres Korsett: Für Deutschland zu eng, für Spanien zu weit, für Finnland gerade richtig. Die Staatshaushalte flüchten sich in Schulden. Der Stabilitätspakt wird zur Makulatur. Schweden, das in diesen Tagen über die Einführung des Euros abstimmt, wird möglicherweise seine souveräne Geldpolitik beibehalten. Der Euro ist aufgrund der neu prognostizierten Haushaltsdefizite eingebrochen. Für uns ist der stabile Schweizer Franken ein unverzichtbarer Standortvorteil nicht nur für den Finanzplatz, sondern auch für den Produktionsstandort Schweiz.

Schludrige Haushaltspolitik

Deutschland erwartet im laufenden Haushaltsjahr ein Defizit von 3,8%. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung rechnet 2003 und 2004 sogar mit einem Defizit von 4,3%. Bereits im Vorjahr betrug das deutsche Defizit 3,7%. Die Gesamtverschuldung des Staates wird gemäss den Maastricht-Kriterien von 60,8% auf 63% steigen. Frankreich rechnet mit einem Defizit von 4 Prozent des Bruttoinlandprodukts (Vorjahr 3,1%). Damit haben ausgerechnet die beiden Euro-Promotoren zwei Mal in Folge den Stabilitätspakt gebrochen. Italien, das schon bei der Einführung des Euros die Konvergenzkriterien nicht erfüllte, weist eine Inflationsrate von 2,8% statt den geforderten 2% auf. Auch die anderen Kriterien erfüllt unser südlicher Nachbar nur dank „kreativer Buchführung". Kleinere Staaten, die sich an den Stabilitätspakt halten, kritisieren die egoistische Finanzpolitik der grossen Staaten. Der Euro entpuppt sich mehr und mehr als politisches Konstrukt und mit ihm die Konvergenz- und Stabilitätskriterien.

Arbeitslosigkeit

Die durchschnittliche Arbeitslosenrate in der Euro-Zone bewegt sich auf konstant hohen 9% (Frankreich 9,6%). Durch die Osterweiterung kommen nochmals Länder mit hoher Arbeitslosigkeit hinzu: Polen 19,9%, Slowakei 18,5%; auch die baltischen Staaten kämpfen mit zweistelligen Arbeitslosenraten. Die schweizerische Arbeitslosigkeit ist immer noch vergleichsweise tief. Sie ist allerdings gefährdet durch den ungebremsten Zuzug unqualifizierter Leute. In den letzten Jahren wurden in der Schweiz über 200’000 Arbeitsplätze für niedrig Qualifizierte abgebaut. Die Massenimmigration kultur- und bildungsferner Menschen führt nachweislich zu einer markanten Erhöhung der Sockelarbeitslosigkeit. Schon heute sind fast 50% der Arbeitslosen Ausländer. Die Personenfreizügigkeit wird diese Tendenzen noch zusätzlich verstärken. Wir haben eine Zuwanderung in unser Sozialsystem statt in den Arbeitsmarkt.

Konkrete Nachteile

Durch einen EU-Beitritt würden wir wichtige Standortvorteile verlieren: den stabilen Franken, die niedrigen Geldzinssätze, das Bankkundengeheimnis. Allein die viel geschmähten Banken erbringen eine Wertschöpfung von 45 Milliarden Franken, was einem Anteil von 11% am Bruttoinlandprodukt entspricht. Den Linken sind solche Einwände egal. Es ist immer wieder erstaunlich, wie selbstverständlich die SP über die Bedürfnisse ihrer angeblichen Wählerschaft hinweggeht. Gerade Leute mit mittleren und kleinen Einkommen wären die grossen Leidtragenden eines EU-Beitritts. Der Mieter: Die Angleichung ans europäische Zinsniveau würde das Wohnen um ca. 25 Prozent verteuern. Der Durchschnittskonsument: Die Mehrwertsteuer müsste von heute 7,6% auf 15% erhöht werden. Auf einen vierköpfigen Haushalt berechnet, wären das fast 10’000 Franken verdeckte Abgaben im Jahr. Der Arbeiter: Die totale Personenfreizügigkeit würde speziell die Löhne von niedrig Qualifizierten unter Druck setzen. Dazu kämen Nettozahlungen nach Brüssel in der Grössenordnung von 5 bis 6 Milliarden Franken, die über neue Steuererträge abgegolten werden müssten.

SP-Bodenmann-Ringier-Achse

Die Economiesuisse, traditionell der FDP nahe stehender Wirtschaftsverband, beurteilt heute einen EU-Beitritt klar negativ (vgl. Standortbestimmung zur schweizerischen Integrationspolitik, Oktober 2002). Laut Christiane Langenberger sollte sich die Schweiz aber gerade „aus wirtschaftlicher Notwendigkeit" der Union anschliessen. Dass die freisinnige Parteipräsidentin dabei fast wörtlich der Argumentation der SP-Bodenmann-Ringier-Achse folgt, zeugt von der tiefen Verwirrung der nationalen FDP. Was sich die SP von einem EU-Beitritt tatsächlich erhofft, hat Peter Bodenmann in der "Wochenzeitung" erläutert: „Für mich stellt die EU den einzigen Raum dar, in dem die europäische Linke mit Aussicht auf Erfolg reregulieren kann." Diese Aussagen relativeren Bodenmanns sonstiges Non-Stop-Geschwätz von „Wachstum" „Kaufkraft" und „günstigeren Preisen". Das wettbewerbsfeindliche Verwaltungseuropa scheint sich offenbar besser für die sozialistische Umverteilungspolitik zu eignen als eine föderalistische und unabhängige Schweiz. Darum: Wer bürgerlich wählt, wählt SVP. Die einzige Partei, die unmissverständlich für eine souveräne und erfolgreiche Schweiz einsteht.

Zwangsgemeinschaft mit der SP

Der Bundesrat und die Mitteparteien haben sich auf einen EU-Beitritt festgelegt. Das war voreilig und falsch. FDP und CVP haben sich durch ihr Vorpreschen in eine Zwangsgemeinschaft mit der SP verstrickt. Mit fatalen innenpolitischen Konsequenzen: Sie fanden auch jenseits der Aussenpolitik kaum mehr die Kraft, sich gegen links abzugrenzen. Mittlerweile beträgt die gesamte Zwangsabgabenquote 60% des Bruttoinlandprodukts. Der Schweizer Bürger schuftet 7 Monate im Jahr nur dafür, alle staatlich verordneten Steuern, Prämien und Abgaben bezahlen zu können. Wo bleibt da Raum für Selbstverantwortung, Innovationskraft und Eigeninitiative? Die Linken haben sich fast widerstandsfrei als Staats-Partei etablieren können. Ausgehend von den Verwaltungen werden Bereiche wie Bildung, Sicherheit, Landwirtschaft, Verkehr, Sozial- und Ausländerpolitik zunehmend ideologisch bestimmt. Wenn in diesem Land wieder eine bürgerliche Politik möglich sein soll, müssen sich die Mitteparteien aus dieser Zwangsgemeinschaft mit der Linken befreien. Dazu gehört die Abkehr von der bisherigen Integrationspolitik. Denn die EU hat keines der Probleme beseitigen können, die wir angeblich nur mit Hilfe eben dieser Union lösen sollten: Schuldenwirtschaft, Arbeitslosigkeit, schleppendes Wachstum, wirtschaftliche Liberalisierung, ausufernder Sozialstaat, Bildungsmisere, Kriminalität, Asylmissbrauch. Die Schweiz muss sich klar gegenüber der EU positionieren. Darum: Rückzug des EU-Beitrittsgesuches und Bündelung der bürgerlichen Kräfte für den innenpolitischen Reformprozess.

Christoph Mörgeli
Christoph Mörgeli
Nationalrat Stäfa (ZH)
 
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