Vernehmlassung

Vernehmlassung Änderung der Zivilprozessordnung (Verbesserung der Praxistauglichkeit und der Rechtsdurchsetzung)

Die SVP lehnt die Vorlage zum heutigen Zeitpunkt ab. Mit der Vorlage soll getarnt als «punktuelle Anpassung» mittels einer sog. Verbandsklage schrittweise eine aggressive, angelsächsische Sammelklagen-Streitkultur in der Schweizer Rechtsordnung verankert werden.

Profitieren werden von den beabsichtigten Anpassungen hinsichtlich der «Verbandsklagen» hauptsächlich eine Handvoll Verbände, die so ihre Machtbasis signifikant ausbauen werden. Denn bei der vorgesehenen Verbandsklage können nur ganz bestimmte Organisationen eine Klage einreichen.

Der Entwurf sieht eine Kombination zwischen Gruppenvergleichsverfahren und Verbandsklagen zur Durchsetzung von mutmasslichen Massenschäden vor. Aus Opportunitätsgründen wird sich eine beklagte Unternehmung regelmässig für eine vergleichsweise Streitbeilegung entscheiden, auch wenn die Klage unbegründet sein sollte. Diese Vorgehensweise ist im Lichte von drohenden, kostenintensiven und langjährigen Gerichtsverfahren denn auch objektiv nachvollziehbar und somit absehbar.

Ausgangslage
Die am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Zivilprozessordnung hat schweizweit das Prozessrecht vereinheitlicht. In der Praxis hat sich die ZPO als bundesrechtliches Prozessrecht etabliert und sei gemäss dem erläuternden Bericht vom 2. März 2018, insgesamt praxistauglich. Der Bundesrat wurde beauftragt die ZPO zu prüfen und eine entsprechende, vorliegende Gesetzesvorlage vorzulegen. Daneben verlangten weitere parlamentarische Vorstösse erste Anpassungen der ZPO.

Kollektiver Rechtsschutz: Erweiterung und Ergänzung der Verbandsklage und Schaffung eines Gruppenvergleichsverfahrens
Bei der Schaffung der ZPO wurde bewusst auf neue Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes, d. h. insbesondere auf sog. Sammelklagen, verzichtet. Es ist unbestritten, dass der Gesetzgeber den Gedanken der kollektiven Rechtsdurchsetzung vorab mit dem bekannten Instrument der Klagenhäufung und einer auf Persönlichkeitsverletzung beschränkten Verbandsklage entsprechen wollte.

In Anbetracht dieser Tatsachen ist es denn auch unhaltbar, dass im Bericht zur Änderung der ZPO von einer Lücke gesprochen wird: Die zahlreichen, bereits etablierten zivilprozessualen Möglichkeiten (insbesondere die Klagenhäufung, Widerklage, Streitverkündung usw.) genügen den heutigen Bedürfnissen vollkommen.

Die Vorlage beabsichtigt die Verbandsklage dahin gehend auszubauen, dass diese nicht mehr wie bisher auf Persönlichkeitsverletzungen beschränkt sein soll, dass die Voraussetzungen der Klagelegitimation für Verbände erweitert werden soll und neu eine reparatorische Verbandsklage auf Schadenersatz oder Gewinnherausgabe geschaffen werden soll. Dabei können aber nur bestimmte Organisationen, z. B. extreme Umweltschutzorganisationen, als Prozessstandschafter in eigenem Namen finanzielle Ansprüche einer Vielzahl von Personen geltend machen bzw. einklagen, sofern sie statuarisch oder ihrer Satzung nach «zur Wahrung der Interessen von Personengruppen befugt» sind. In der Konsequenz steht der «kollektive Rechtsschutz» bei einer Verbandsklage somit auch jeweils nur bestimmen Angehörigen einer Personengruppe offen.

Weiter soll ein Gruppenvergleichsverfahren eingeführt werden. Mit solchen Verfahren soll die kollektive Streitbeilegung ermöglicht werden. Kritisiert werden muss an dieser Stelle aber, dass die Klageerhebung als blosses Druckmittel auf ebenso einen Vergleich hin erfolgen kann. Aus prozessualer, taktischer Sicht aus ist es naheliegend, dass diese zweistufige Vorgehensweise zielführend ist, um erfolgreich monetäre Ansprüche durchzusetzen und «Gewinn abzuschöpfen».

Dabei sieht die Vorlage im Zusammenhang mit der Verbandsklage immerhin die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Ermächtigung der betroffenen Personen vor und folgt so einem «opt-in Konzept». Im Gegensatz zum Amerikanischen Recht das vom «opt-out Konzept» geprägt ist, indem keine solchen Ermächtigungen notwendig sind. Das «opt-in Konzept» ist nun aber aus praktischer Sicht dahin gehend ungeeignet, dass Streuschäden nicht effizient liquidiert werden können, wenn nicht alle Geschädigten am Verfahren teilnehmen (können). Dies widerspricht dem Grundgedanken einer effizienten Streitbeilegung fundamental.

Weiter sieht der Entwurf vor, das Verbandsklagen bis zu einem Streitwert von CHF 500’000 von Kostenvorschüssen befreit werden. Die damit einhergehende enthemmende, motivierende Wirkung für Verbandskläger kann nur in regelrechte Klageorgien münden.

Im Ergebnis werden aus einem derart erheblichen Eingriff in die ZPO Klagewellen und Sammelklagen in einer Art und Weise, wie man sie bisher nur aus Amerika kennt, eingeführt. Das ist brandgefährlich für unsere Wirtschaft und schlussendlich für die damit zusammenhängenden Arbeitsplätze. Das zusätzliche Haftungsrisiko ist nicht kalkulierbar. Nicht berücksichtigt wird zudem die absehbare, zusätzliche Belastung der Justiz sowie der administrative, kostentreibende Mehraufwand für alle Beteiligten, insbesondere bei den klageberechtigten, zu alimentierenden Organisationen selbst.

Schaffung eines Mitwirkungsverweigerungsrechts für Unternehmensjuristen
Die SVP anerkennt im Grundsatz das Bedürfnis schweizerischer Unternehmen, keine prozessualen Nachteile aufgrund fehlender Zeugnis- und Editionsverweigerungsrechte für bestimmte Unternehmensjuristen zu haben.

Die Einführung dieser Rechte darf aber keinesfalls zur Errichtung und Führung umfangreicher neuer Register führen, in welche Unternehmensjuristen eingetragen werden müssen. Kritisch ist auch der Umstand, dass die Durchführung von Gerichtsverfahren in der Schweiz grundlos erschwert werden könnte.

 
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