Die kantonalen Unterschiede bei Landesverweisen für kriminelle Ausländer sind nach wie vor enorm, wie Zahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM) zeigen. Obwohl die Umsetzungsbestimmungen zur Ausschaffungsinitiative seit 2016 in Kraft sind, hat sich noch immer keine einheitliche Praxis etabliert. Die Westschweizer Kantone arbeiten wesentlich lascher – genau gleich wie 2006, als der erste Entwurf zur Ausschaffungsinitiative formuliert worden ist.

Die Volksinitiative für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Art. 121 Abs. 3 ff. BV) wurde lanciert, um die Ausländerkriminalität zu bekämpfen: Ausländer, die aufgrund bestimmter Straftaten verurteilt wurden oder die missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe bezogen haben, sollen alle ausgewiesen werden. Die damalige Regelung im Ausländergesetz war unbefriedigend. Zudem gab es zwischen den einzelnen Kantonen erhebliche Unterschiede in der Umsetzung der geltenden Gesetze.
Die Ausschaffungsinitiative wurde am 28. November 2010 mit 52,9% Ja-Stimmen und 17,5 Ständen angenommen. Der Gegenentwurf zur Initiative wurde in sämtlichen Kantonen verworfen. Dies, obwohl der Bundesrat anführte, die Initiative stehe im «Widerspruch zum Völkerrecht». Die Stimmbürger stimmten der Volksinitiative trotzdem zu, um eine Praxisänderung zu erwirken und eine konsequentere Behördenpraxis sicherstellen zu können.
EJPD muss handeln
Nun sind wir wieder auf Feld 1. Die Auswertungen zeigen: Die Unterschiede bei der Umsetzung der Regelungen sind nach wie vor enorm! Namentlich die Westschweizer Kantone vollziehen deutlich weniger der angeordneten Landesverweise: Die Kantone Waadt und Genf 45 Prozent, die Kantone Neuenburg und Jura nur einen Drittel. Genau diesen Missstand wollte die Initiative beheben.
Dass sich die Vollzugsquote auch bei den Delikten stark unterscheidet, müsste das Staatssekretariat für Migration (SEM) längst auf den Plan rufen: Während bei einer Verurteilung wegen Diebstahl in Verbindung mit Hausfriedensbruch 62 Prozent der Ausländer ausgeschafft wurden, waren es bei Vergewaltigungen weniger als die Hälfte und bei verurteilten Mördern gar nur 38 Prozent.
Verhältnismässigkeit als Vorwand
Die Ausflucht, das Ermessen des Richters sei wichtig, um die Verhältnismässigkeit zu wahren, ist ein billiger Vorwand. Dass die Landesverweisung zwingende Folge der Verurteilung aufgrund bestimmter Delikte ist, widerspricht dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht: Bereits das alte Strafrecht enthielt Tatbestände, bei welchen im Falle der Verurteilung obligatorisch eine Landesverweisung anzuordnen war.
Die Härtefallklausel aber, die gegen den Willen der SVP in die Gesetzgebung eingefügt wurde, öffnet den Gerichten Tür und Tor für die Verweigerung der Umsetzung. Statt die Opfer und die Sicherheit der Bevölkerung, haben gewisse Richter primär die persönlichen Umstände des Straftäters im Blick. Nur so ist es zu erklären, dass die Landesverweisung in gewissen Kantonen ein Fremdwort geblieben ist. Dies muss ändern: Jetzt sind das EJPD und Bundesrat Jans gefordert. Der Wille der Stimmbürger ist endlich umzusetzen!