Keine Bundesrichter, die ihr Amt in der Lotterie gewonnen haben!

Ein Komitee um den Finanzier Adrian Gasser will mit der «Justizinitiative» den Parteienproporz an den Gerichten aufheben. Das ist falsch und gefährlich. Wir sollten mit dem funktionierenden Schweizer Justizwesen keine Experimente machen. 

Die «Justizinitiative» ist gefährlich. Neu würde eine nicht genauer definierte Fachkommission, vom Bundesrat einmalig auf 12 Jahre ernannt, anstelle des Parlaments über die Zulassung der Kandidaten zu einem Losverfahren entscheiden. Funktionäre schauen dann Dossiers durch, wer für das Amt des Richters geeignet sein könnte. 

Kandidaten für die Wahl ans Bundesgericht durchlaufen heute ein anspruchsvolles Assessment. Es sind Menschen, die die Richterwahl aktiv steuern. Das Losverfahren würde unweigerlich dazu führen, dass schlechter qualifizierte Kandidierende zulasten besser qualifizierter Kandidierender ins Richteramt gelangten. Parteien haben kein Interesse daran, schlechte Richter ans Bundesgericht zu wählen. Lospech würde hervorragenden Richtern die Karriere zerstören. Man stelle sich nur einmal vor, die Bundesrichter müssten sich ins Gesicht sagen lassen, sie hätten ihr Amt bloss in der Lotterie gewonnen. Das untergräbt die Glaubwürdigkeit, die Autorität und die Legitimation der höchsten Rechtsprecher der Schweiz. 

Richter sind unabhängig 

Jeder Richter muss sich alle sechs Jahre wiederwählen lassen. Unser Land steht mit diesem Wiederwahlprozedere weltweit zwar ziemlich alleine da. Das heisst aber nicht, dass es deswegen falsch wäre. Die Wiederwahl bestätigt die demokratische Legitimation und institutionalisiert zudem eine gewisse Rechenschaftsablegung. Neu sollen die ausgelosten Richterinnen bis zum 69., die ausgelosten Richter bis zum 70. Altersjahr im Amt bleiben dürfen. 

Zentraler Vorwurf der Initianten ist, die Richter würden ihre Entscheide nicht frei von Interessenkonflikten der Politik fällen können, weil sie faktisch einer Partei angehören müssen. Die konkreten Beispiele bleibt das Initiativkomitee jedoch schuldig. Im Gegensatz zu anderen Staaten ist in der Schweiz kein Urteil bekannt, das aufgrund einer Einflussnahme von aussen ergangen wäre.

Bewährte Konkordanz auch für die dritte Staatsgewalt

Auch die Betroffenen selbst, die Richter, teilen die Bedenken der Initianten nicht: Die Richtervereinigung mit ihren 600 Mitgliedern will keinen Systemwechsel. Fast alle Richter in der Schweiz gehören einer Partei an. Sie legen damit offen, welchen politischen Werten und gesellschaftlichen Weltanschauungen sie sich zugehörig fühlen. Alle Wertehaltungen sollen proportional zum Wählerwillen am Gericht vertreten sein. Im Gegensatz zum Ausland ist unser Staatswesen auf Konkordanz aufgebaut. Das hat uns Stabilität und Akzeptanz der Justiz gebracht. Damit sollten wir nicht experimentieren.

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