Editorial

Asylgesetzrevision beschleunigt Fehlentwicklung

Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass alle Verantwortlichen im Asylbereich nur noch mit dem Empfang und der Unterbringung von immer mehr Asylbewerbern beschäftigt sind? Sie planen für den Fall eines Grossansturms von Asylbewerbern. Konzepte für die Rückführung all dieser Menschen gibt es keine.

Sandra Sollberger
Sandra Sollberger
Nationalrätin Liestal (BL)

Die gesamte Asylindustrie kann seit einem Jahr mit knapper Not noch dem täglichen Ansturm neuer Gesuchsteller begegnen. Im Bereich der Rückführungen und des Vollzugs abgelehnter Gesuche geht gar nichts mehr. Niemand spricht mehr davon.

Ein Blick in die Statistik des Staatssekretariats für Migration lässt aufhorchen. Personen mit abgelehnten Gesuchen oder mit einer vorläufigen Aufnahme (die das Land eigentlich möglichst rasch wieder verlassen sollten) werden immer seltener in ihre Heimat oder einen sicheren Drittstaat, aus dem sie zu uns kommen, zurückgeschickt. Der entsprechende Wegweisungsvollzug funktioniert immer schlechter. Dies, weil sich die Asylindustrie nur noch um den Ansturm, nicht aber um den Vollzug der Gesetze kümmert. Ein fataler Fehler.  

Die Schere geht auseinander

Praktiker berichten, dass heute kaum mehr Sonderflüge für Rückschaffungen in die Herkunftsländer stattfinden. Das Ergebnis: Die Zahl der Rückführungen und kontrollierten Ausreisen stagniert bei jährlich rund 9’000 Personen, während die Anzahl Gesuchsteller sprunghaft ansteigt. Im Verhältnis zu den neuen Asylgesuchen gab es 2015 nur knapp 23 Prozent Rückführungen und kontrollierte Ausreisen. 2014 waren es immerhin noch 38 Prozent.

Statistik wird mit vorläufigen Aufnahmen kaschiert

Bringen wir’s auf den Punkt: Es bleiben immer mehr Gesuchsteller hier – selbst wenn ihre Gesuche abgelehnt wurden. Damit die Statistik nicht gar so schlecht aussieht, gewährt das Staatssekretariat für Migration immer häufiger Asyl oder nimmt Asylbewerber vorläufig auf. Das beweist der massive Anstieg der Bleibe-Quote. Waren es 2012 noch gut 19 Prozent, die effektiv als Flüchtling anerkannt oder vorläufig aufgenommen wurden, gab das Departement Sommaruga im letzten Jahr schon über 53 Prozent der Gesuchsteller grünes Licht zum Hierbleiben.

Asylgesetzrevision geht in die falsche Richtung
Jetzt wird auch klar, warum man die Asylgesetzrevision, über die wir am 5. Juni 2016 abstimmen, ablehnen muss. Das neue Gesetz basiert, wie die gesamte Mentalität der heutigen Asylindustrie, auf einer falschen Denkhaltung. Es soll zwar beschleunigt werden. Aber nur vorne, am Eingang zur Schweiz. Hinten – beim Vollzug – passiert gar nichts. Auch die Asylgesetzrevision sieht dort keine Verbesserungen vor. Wenn jedoch der Zugang zum schweizerischen Asylsystem beschleunigt wird, der Ausgang aber «verstopft» bleibt, verschlechtert sich die Situation.

Bundesrätin Sommaruga, Regierungsrat Hans-Jürg Käser (Asylchef der Kantone) sowie die Asylbeamten beim Bund machen Konzepte für den möglichen Grossansturm von Asylbewerbern. Doch, machen sie auch Konzepte, wohin man langfristig mit all den Leuten will, die Asyl erhalten oder, obwohl abgelehnt, dennoch hierbleiben? Machen sie Konzepte, wann und wie jene zurückgeschickt werden sollen, die abgelehnte Asylgesuche haben oder über einen «Dublin-Staat» eingereist sind, der sie nicht übernehmen will? Fehlanzeige. Deshalb: Notbremse ziehen und NEIN stimmen zu dieser unnötigen Asylgesetzrevision.

Sandra Sollberger
Sandra Sollberger
Nationalrätin Liestal (BL)
 
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