Editorial

Hilfe, es weihnachtet sehr! Oder: Wenn das Parlament Geschenke verteilen darf

Was haben der Weihnachtsmann und Parlamentarier gemeinsam? Richtig, beide verteilen gerne Geschenke. Eine gute Gelegenheit dazu bietet die alljährlich stattfindende Budgetberatung während der Wintersession. Dabei ist es an den National- und Ständeräten, über die Verwendung der Steuergelder für das nächste Jahr zu entscheiden. Vielleicht liegt es an der vorweihnachtlichen Stimmung, dass dabei die meisten Volksvertreter ihre Spendierhosen hervorgeholt haben. Weniger Mehrausgaben als in der Finanzplanung gibt es eigentlich nirgendwo und so ist es nicht verwunderlich, dass die Staatsausgaben auch im nächsten Jahr wieder stärker ansteigen werden als das prognostizierte Wirtschaftswachstum, ein Defizit resultiert und wahrscheinlich auch die Schuldenbremse nicht eingehalten werden kann.

Franz Grüter
Franz Grüter
Nationalrat Eich (LU)

Wenn es draussen bereits kalt ist und erste Schneeflocken fliegen, geht es im National- und Ständerat heiss zu und her: In der alljährlich in der Wintersession stattfindenden Budgetberatung gilt es über die Verwendung der finanziellen Mittel im nächsten Jahr zu entscheiden. Als Finanzpolitiker liegt es mir dabei am Herzen, dass die Steuergelder gezielt und nicht verschwenderisch eingesetzt werden. Dies heisst für mich, mindestens die Vorgaben der Schuldenbremse einzuhalten und noch besser keine Defizite zuzulassen. Diese Woche wurde das Bundesbudget nun zum zweiten Mal vom National- und vom Ständerat durchberaten. Zeit also, um eine erste Bilanz zu ziehen.

Ausgabenwachstum übertriff Wirtschaftswachstum deutlich

Bereits nach den ersten Differenzbereinigungen ist klar, dass die Bundesausgaben auch im nächsten Jahr massiv ansteigen werden. Ich fasse zusammen: Der Ständerat will die Ausgaben gegenüber dem Bundesrat nochmals um 70 Millionen Franken (+3,9% ggü Budget 2017) erhöhen. Der Nationalrat geht mit den Steuergeldern sogar noch leichtfertiger um, er will die Ausgaben gegenüber dem Budget 2017 sogar um 4,1 Prozent (+277 Millionen) aufstocken. Wohlgemerkt: Das prognostizierte Wirtschaftswachstum für das nächste Jahr liegt bei 1,9 Prozent. Sowohl der National- als auch der Ständerat haben somit ein Ausgabenwachstum beschlossen, das viel höher als das Wirtschaftswachstum, und somit überproportional ist. Das wird uns Wirtschaftswachstum und Wohlstand kosten. Zudem haben die stetig anwachsenden Staatsausgaben für den Bürger den unangenehmen Effekt, dass der Staat laufend Steuern und Abgaben weiter erhöhen muss, damit er nicht in ein Defizit gerät. Hinzu kommt, dass die Wirtschaftsaussichten für die kommenden Jahre nicht die besten sind. Der Volksmund sagt, «Spare in der Zeit, dann hast du in der Not», wobei er Recht hat. Es gleicht einer verpassten Chance, dass es unserem formell bürgerlichen Parlament nicht gelungen ist, ein schlankeres Budget aufzugleisen und damit für die bereits absehbaren wirtschaftlich schlechteren Zeiten vorzusorgen. Einmal mehr waren wir mit der SVP allein, als es darum ging, das Kostenwachstum unter das Wirtschaftswachstum zu drücken. Von den Vertretern der FDP durften wir leider auch dieses Jahr keine Unterstützung erfahren. Auch nicht von den Grünliberalen, die sich sonst gerne öffentlich als finanzpolitisch konsequent brüsten.

Gespart wird einmal mehr nirgends

Für die Entwicklungshilfe wird alleine vom Bund jährlich über 3,3 Milliarden Franken ausgegeben. Man könnte annehmen, dass es angesichts dieser Zahlen möglich sei, einen Betrag von 100 Millionen Franken bei einem Budget von 72 Milliarden (oder: 0,14%) «einzusparen». Doch da liegt man falsch, eben dieser von der SVP gestellte Antrag fand keine Mehrheit, nur 8 Mitglieder der FDP unterstützten ihn. Einsparungen bei der Kultur, zum Beispiel bei der längst überholten «Filmförderung»? Abgelehnt! Kostensenkungen beim Bundesamt für Statistik oder beim Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann: Liegen gemäss der Parlamentsmehrheit nicht drin. Chancenlos war auch dieses Jahr unser Antrag, beim Bundespersonalaufwand (aktuell 5,7 Milliarden jährlich) die Kosten etwas (minus 150 Millionen) einzudämmen. Bei durchschnittlichen Lohnaufwänden von rund 168’200 Franken pro Arbeitnehmer inklusive guter Sozialleistungen muss der Vergleich mit der Privatwirtschaft nicht gescheut werden.

SVP wird nicht schuldenbremsen-konformes Budget ablehnen

Letzten Endes kam kein einziger unserer Anträge zur Senkung des Ausgabenwachstums durch. Dies hat zu Folge, dass der Nationalrat nach der ersten Differenzbereinigung mit dem Ständerat ein Budget verabschiedet hat, welches erstens ein Defizit von 174 Millionen Franken ausweist und damit tiefrot ist und zweitens damit nicht einmal den Vorgaben der Schuldenbremse entspricht (die Schuldenbremse würde ein Defizit von 31 Millionen Franken zulassen). Angesichts dieser Zahlen ist klar, dass die SVP das Budget in der Schlussabstimmung ablehnen wird, sollte nicht in der letzten Differenzbereinigung mit dem Ständerat zumindest ein schuldenbremsen-konformes Budget erzielt werden. Als einzige Partei nehmen wir damit den Volks- und Bundesverfassungsauftrag (Art. 126 BV) ernst, ein Budget zu verabschieden, welches finanzpolitische Grundsätze wie eben das Einhalten der Schuldenbremse erfüllt.

Problematisches Staatswachstum

Das Bundesbudget ist in 30 Jahren von 32 Milliarden (1990) um fast das Zweieinhalbfache auf 72 Milliarden Franken (2018) angestiegen. Und bis 2021 sind bereits weitere Ausgabenerhöhungen auf 77 Milliarden Franken einkalkuliert. Wichtig ist hierbei auch, dass wir die Aufgabenbereiche im Überblick haben. Man muss beim Beschluss von Massnahmen stets im Hinterkopf haben, welche Politikbereiche in der Vergangenheit massive Wachstumsraten verzeichnen konnten und welche zu einer Stabilisierung beigetragen haben. So verzeichnet seit 2001 die Landwirtschaft und die Landesverteidigung ein Minus- oder Nullwachstum, wo hingegen die Bereiche Bildung, Forschung und Soziale Wohlfahrt Wachstumsraten von mehr als 50 Prozent aufweisen. Auch der Anstieg des Bundespersonalbestandes muss uns alarmieren. In nur zehn Jahren wurden über 3000 zusätzliche Stellen geschaffen! Auf allen Staatsebenen haben insbesondere die Anzahl Beschäftigten im Sozialwesen, im Gesundheitsbereich und bei der zentralen Verwaltung überproportional zugenommen.

Ausblick

Die Einnahmen und Ausgaben werden in den nächsten Jahren weiter steigen. Defizite sind wahrscheinlich, denn es stehen einige Grossprojekte in der Pipeline, die auch finanziert werden müssen. Dies ist sicher die Steuervorlage 17 und die Neuauflage der Reform der Altersvorsorge (AHV-Reform). Aber auch die Abschaffung der Heiratsstrafe und noch sistierte Projekte, wie die Abschaffung der Stempelsteuer und die Reform der Verrechnungssteuer, werden noch zu reden geben. Darüber hinaus könnten auch in den kommenden Jahren die heute schon horrenden Asyl- und Migrationskosten weiter steigen. So werden für das nächste Jahr in diesem Bereich allein für die Sozialhilfe von Asylsuchenden, vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen rund 1,38 Milliarden Franken fällig. Fazit für mich ist: Wir müssen das schier unaufhaltsame Ausgabenwachstum jetzt endlich in den Griff bekommen. Es kommen Mehrbelastungen auf den Bundeshaushalt zu, denen mit Massnahmen gegen das unaufhörliche Staatswachstum begegnet werden muss. Im Budget 2018 waren wir mit unseren Anstrengungen nicht erfolgreich, haben jedoch für unsere finanzpolitischen Grundsätze gekämpft und werden dies weiter tun. Es stimmt mich nachdenklich, dass es uns im Nationalrat bisher nicht einmal gelungen ist, ein Bundesbudget zu verabschieden, welches wenigstens die minimale Anforderung zur Einhaltung der Schuldenbremse erfüllt. Sollte das Budget am Ende der Beratung im Parlament diese Regeln immer noch nicht erfüllen, werden die SVP und ich das Budget ablehnen müssen.

Franz Grüter
Franz Grüter
Nationalrat Eich (LU)
 
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