Editorial

Schönreden statt Probleme anpacken

Nationalrat Philipp Müller wurde einst ins Parlament gewählt, weil er der Initiant der sogenannten „18%-Initiative“ war, die den Ausländeranteil auf ebendiesen Wert begrenzen wollte. Heute liegt…

Martin Baltisser
Martin Baltisser
Bern (BE)

Nationalrat Philipp Müller wurde einst ins Parlament gewählt, weil er der Initiant der sogenannten „18%-Initiative“ war, die den Ausländeranteil auf ebendiesen Wert begrenzen wollte. Heute liegt der offizielle Ausländerbestand bei fast 22 Prozent und Philipp Müller verteidigt in den Medien die Schweizer Migrationspolitik gegen die Kritik der SVP. So ändern sich die Zeiten. Wie die Behörden redet auch Müller offenbar lieber existierende Probleme schön als diese anzupacken.

Manipulation wird der SVP von FDP-Nationalrat Philipp Müller im Zusammenhang mit der Broschüre zur Volksbefragung in der Ausländer- und Asylpolitik vorgeworfen. Bei näherer Betrachtung entpuppen sich die Vorwürfe eher als Versuch, sich mit dem Ausländerthema wieder ins Gespräch zu bringen. So soll das Jahr 2009 in den Statistiken bewusst unterschlagen worden sein, weil die Einwanderung in diesem Jahr „drastisch zurückging“. Richtig ist, dass sich die SVP bei vielen der aufgeführten Zahlenreihen auf die verfügbaren Datentafeln mit den vergleichbar gemachten Zahlen des Bundesamtes für Statistik abstützte. Diese sind auch mit heutigem Datum im Internet nur bis zum Jahr 2008 nachgeführt. Man darf aber auch ohne weiteres über das Jahr 2009, welches als Krisenjahr mit steigender Arbeitslosigkeit in die Geschichte eingehen wird, sprechen. Selbst in diesem schwierigen Jahr wanderten nicht etwa – wie man aus den Äusserungen von Herrn Müller meinen könnte – mehr Leute aus als ein, sondern der positive Wanderungssaldo lag lediglich etwas tiefer als im Spitzenjahr 2008. Also auch in der Krise strömten tausende von Ausländern neu in die Schweiz. Diese Tatsache lässt sich nicht schönreden.

Was an der Aussage falsch sein soll, dass bei der Migration in den 60er-Jahren die Leute beim Verlust ihrer Arbeit das Land im Gegensatz zu heute wieder verlassen haben, bleibt in den Aussagen von Herrn Müller schleierhaft. Die SVP bestreitet nicht, dass damals während einigen Jahren rekordhohe Einwanderungsraten zu verzeichnen waren. Die Statistik zeigt aber auch, dass während der darauf folgenden Wirtschaftskrise in der ersten Hälfte der 70er-Jahre fast zum einzigen Zeitpunkt in den letzten 50 Jahren ein negativer Wanderungssaldo zu verzeichnen war, dass damals also effektiv viele Leute das Land wieder verliessen.

Schöne Statistiken, schöne Probleme
Die negativen Folgen der Aufhebung der Ausländerkontingente betont Herr Müller dann gleich selbst. Abenteuerlich wird es schliesslich, wenn er versucht, die Existenz von Grenzgängern und Sans Papiers wegzudiskutieren. Dass Grenzgänger nicht in der Schweiz leben, sondern hier arbeiten, oder dass die Zahl der Sans-Papiers schwierig zu erfassen ist, sind in der Tat erhellende Weisheiten. Wenn Herr Müller damit sagen möchte, dass in diesen Bereichen keine Probleme bestehen, dann muss ihm die SVP vehement widersprechen.

Bleibt der Vorwurf der „verzerrten“ Darstellung von Statistiken. Die Statistiken mussten nun einmal auf dem zur Verfügung stehenden Platz untergebracht werden. Gerne hätte die SVP ganzseitige Statistiktafeln in Hochglanz gebracht. In den Statistiken wurden aber weder Jahre unterschlagen, noch finden sich darin falsche Zahlen. Und unter jeder Statistik wird die Quelle angegeben, damit der Leser sich von der Korrektheit selbst überzeugen kann.
Die Zahlen werden übrigens auch mit einer breiteren Statistik nicht kleiner – die Probleme ebenfalls nicht.

P.S.: Bis heute haben über 40‘000 Personen an der Volksbefragung der SVP teilgenommen. Darunter müssen offenbar viele FDP-Mitglieder sein, wenn sich die FDP sogar veranlasst fühlt, ein internes Positionspapier zur Volksbefragung zu verfassen.

Martin Baltisser
Martin Baltisser
Bern (BE)
 
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