Sonderprivilegien für EU-Beamte in der Schweiz?

In der Diskussion um die neuen Abkommen mit der EU geht es meistens um die dynamische Rechtsübernahme und die Milliarden-Zahlungen an die EU. Aber es gibt noch einen weiteren – in den Verträgen gut versteckten – Aspekt: Die Privilegien für EU-Beamte in den Anhängen einzelner Abkommen!

Werner Salzmann
Werner Salzmann
Ständerat Mülchi (BE)

In der Schweiz ist der Beamtenstatus längst abgeschafft. Es gibt bei uns keine besonderen rechtlichen Privilegien mehr für Staatsangestellte – abgesehen von den guten Anstellungsbedingungen (hohe Löhne, mehr Ferien, sichere Anstellung).

In der EU ist das anders: Beamter ist man nach 9 Monaten Probezeit auf Lebenszeit und geniesst dann entsprechende Absicherungen. Die Privilegien der EU-Beamten und deren Angehörigen sind in einem so genannten Beamten-Statut geregelt. Nun will die EU offenbar sicherstellen, dass ihre Beamten, wenn sie in der Schweiz als Kontrolleure tätig sind, zusätzliche Privilegien geniessen.

Beispiel Lebensmittelsicherheitsabkommen 
Nehmen wir das Lebensmittelsicherheitsabkommen. Hier will die EU alle Bereiche regeln vom «Acker bis auf den Teller». Also von der Produktion der Lebensmittel, über die Verarbeitung, den Vertrieb, die Gastronomie bis hin zum Verzehr durch die Konsumenten. So gibt es beispielsweise Hygiene-Vorschriften für Küchen, wo das Birchermüesli für das Puure-Zmorge hergestellt wird. Interessanterweise finden sich auch etliche Seiten zu den Kontrolleuren, also den EU-Behörden, die dann in der Schweiz für die Kontrolle eingesetzt würden.

Die Details zur Privilegierung dieser Lebensmittel-Beamten werden in der so genannten Anlage 2 des Anhangs 2 des Abkommens geregelt – auf den Seiten 39-46 (also 7 Seiten!). Der Titel zeigt schon, worum es geht: «Vorrechte und Befreiungen der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit».

EU-Beamte müssen weder Mehrwertsteuern noch Einkommenssteuern zahlen
Die Privilegien sind weitreichend: Beamte und sonstige Bedienstete der EU-Behörde geniessen gemäss Art. 7 im Hoheitsgebiet der Schweiz ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit folgende Vorrechte und Befreiungen:

  • Befreiung von der Gerichtsbarkeit bezüglich der von ihnen in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen […]

Mitglieder dieser EU-Behörden geniessen also Immunität. Man kann sie nicht für Fehltritte oder Missbräuche im Rahmen ihrer Tätigkeit belangen. Bei uns muss jeder Steuerbeamte oder Polizist für sein Handeln Verantwortung übernehmen.

  • Weiter dürfen diese EU-Beamte ihre Wohnungseinrichtung und ihre persönlichen Gebrauchsgegenstände zollfrei in die Schweiz einzuführen und bei Beendigung ihrer Amtstätigkeit wieder zollfrei ausführen.
  • Das gleiche Privileg geniessen die EU-Beamten bei ihren Fahrzeugen: Sie können ihr Auto zollfrei einführen und wieder ausführen.

Von solchen Privilegien können wir nur träumen. Aber es kommt noch besser. EU-Beamte müssen auf ihre EU-Löhne keine  Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuer zahlen (Art. 8 des Protokolls). Gemäss Art. 3 werden EU-Beamte zudem von den Mehrwertsteuern und anderen direkten Steuern befreit.

Heerscharen von EU-Beamten auch bei weiteren Abkommen?
Ähnliche Bestimmungen gibt es auch bei anderen Abkommen, bei welchen die EU selber kontrollieren will, ob wir Schweizer die ganzen EU-Vorschriften brav einhalten. Zum Beispiel beim Gesundheitsabkommen und beim Stromabkommen.

Vordergründig werden diese Privilegien als Detail behandelt. Es lässt uns aber aufhorchen, weil die EU so viel Wert darauf legt, die Privilegien ihrer Behörden und der dazu gehörenden Beamten in den einzelnen Abkommen auf jeweils mehreren Seiten zu präzisieren.

Die Formulierungen zeigen nicht nur die stossenden Privilegien. Sie lassen auch erahnen, dass die EU vorhat, ihren Apparat weiter auszubauen. Man will offenbar genügend Beamte hier platzieren, um sicherzustellen, dass kein einziges Konfitüren-Glas mehr ohne EU-Gütesiegel an einem Puure-Zmorge steht. Und das alles notabene auf unsere Kosten dank der zusätzlichen Zahlungen an die EU.

Für mich ist das ein Grund mehr, diese EU-Verträge abzulehnen.

Werner Salzmann
Werner Salzmann
Ständerat Mülchi (BE)
 
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