Editorial

Unredliche SP

Die SP hat in der vergangenen Woche ein Lehrstück in politischer Unredlichkeit abgeliefert. Sie will mit allen Mitteln eine Abstimmung über die Abzockerei-Initiative erzwingen. Statt dies offen zu…

Martin Baltisser
Martin Baltisser
Bern (BE)

Die SP hat in der vergangenen Woche ein Lehrstück in politischer Unredlichkeit abgeliefert. Sie will mit allen Mitteln eine Abstimmung über die Abzockerei-Initiative erzwingen. Statt dies offen zu deklarieren, hat sie mit abstrusen Argumenten einem direkten Gegenvorschlag zum Durchbruch verholfen. Sie blockiert damit eine Lösung der Abzockerei-Problematik für Jahre.

Die SP sieht die Volksinitiative „gegen die Abzockerei“ als rettenden Strohhalm, um vor den Wahlen aus ihrem Formtief zu finden. Sie möchte sich mit einer Unterstützung der Initiative bei ihrer Wählerschaft profilieren. Dazu ist ihr jedes Mittel recht. Dem Vernehmen nach sollen von der SP kaum Unterschriften für die Initiative gesammelt worden sein. Nun fällt die SP den Initianten erneut in den Rücken. Der aufgegleiste Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe, welchen SVP und Initiativkomitee erarbeitet haben, bietet die einmalige Gelegenheit, die Missbräuche bei den Vergütungen der Organe von börsenkotierten Unternehmen rasch und wirkungsvoll anzugehen. Im Idealfall hätte das Aktienrecht noch in diesem Jahr vom Parlament revidiert und im kommenden Jahr in Kraft gesetzt werden können. Die SP will dies offenbar nicht. Mit dem nun von der Rechtskommission des Nationalrates aufgegleisten Vorgehen würde es Jahre dauern, bis eine Lösung umgesetzt ist. Nach der Behandlung der Initiative und des Gegenvorschlags durch die Räte kommt es wohl erst im kommenden Jahr zu einer Volksabstimmung. Danach liegt ein Verfassungsartikel vor, der zuerst noch umzusetzen ist. Eine Gesetzesvorlage ist auszuarbeiten. Der diesbezügliche Prozess in Verwaltung und Parlament dürfte erneut weit über ein Jahr Zeit in Anspruch zu nehmen. Die Abzockerei-Problematik wird also frühestens irgendwann im Verlauf der nächsten Legislatur angegangen werden können. Die Verantwortung für dieses unnötige Verschleppen eines wichtigen Anliegens trägt die SP.

Abstruse Argumentation
Dass die SP-Kommissionspräsidentin anlässlich der Medienkonferenz vom vergangenen Donnerstag genau das Gegenteil behauptete, ist unredlich und einer neutralen Berichterstattung der Verhandlungsergebnisse aus der Kommission unwürdig. Der SP-Präsident setzte noch einen drauf, indem er über die Medien verlauten liess, ein Gesetzestext könne im parlamentarischen Prozess noch verwässert werden. Deshalb müsse nun die Initiative behandelt werden und nicht das Aktienrecht. Niemand geht wohl davon aus, dass das Initiativkomitee seine Initiative zurückziehen wird, bevor die Schlussabstimmungen zu einem Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe im Parlament über die Bühne sind. Dass die SP nicht den Mut hat, die wahren Gründe für ihr Manöver mit dem direkten Gegenvorschlag offen zu legen, ist feige.

Kommission missbraucht
Die SP fällt nicht nur den Initianten in den Rücken, sie missbrauchte auch die Rechtskommission für ihre politischen Spiele. Dass die Kommission nun getrieben von einer SP-CVP-Allianz überstürzt einen Verfassungsartikel gebastelt hat, den sie eigentlich gar nicht will und den es nicht braucht, dient letztlich einzig dazu, der SVP eins auszuwischen. Diese alt bekannte Allianz wird sich auch im Parlament einer pragmatischen und raschen Lösung des Abzockerei-Problems verschliessen. Das ist also seriöse Sachpolitik im Vorwahljahr 2010.

Martin Baltisser
Martin Baltisser
Bern (BE)
 
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