Referat

Behördenpropaganda am Beispiel des Berichtes «15 Jahre Personenfreizügigkeit»

Der aktuelle Bericht des Bundes über die Auswirkungen des freien Personenverkehrs auf den Arbeitsmarkt ist ein Paradebeispiel für Behördenpropaganda. Gerade im Bereich der Personenfreizügigkeit geht es der Bundesverwaltung und dem Bundesrat in erster Linie darum, zu beschönigen sowie zu verharmlosen und die Stimmbürger so lange mit «Fake News» zu bombardieren, bis sich das positive Bild eines «Erfolges» in den Köpfen festgesetzt hat.

Adrian Amstutz
Adrian Amstutz
Nationalrat Sigriswil (BE)

Der Bericht strotzt vor Zahlen, die dann falsch oder verwedelt interpretiert werden. Und wichtige Einflüsse der Massenzuwanderung auf die Bevölkerung werden einfach weggelassen. Wenn man diesen fast 100seitigen Bericht im besten Beamtenkauderwelsch studiert, ist auch sehr interessant, was der Bund nicht sagt, bzw. bewusst verschweigt.

Zuwanderungszahlen und Konjunktur

In den Jahren 1984 bis 1991 hatten wir in der Schweiz praktisch Hochkonjunktur. Gleichzeitig war die Zuwanderung kontingentiert, das heisst eigenständig kontrolliert mit Höchstzahlen und verbunden mit einem echten Inländervorrang. Die durchschnittliche Zuwanderung pro Jahr betrug insgesamt ca. 32’000 Personen.

In den Jahren 1992 bis 2001, als das Wirtschaftswachstum schwankte und wir unsere Zuwanderung aber immer noch eigenständig kontrollierten, ging der durchschnittliche Wanderungssaldo aus Europa[1] auf ca. 15’000 Personen pro Jahr zurück.

In den folgenden Jahren 2002 bis 2006 – die Wirtschaft nahm wieder Fahrt auf –  wurde die damals vorerst auf die EU15/EFTA-Staaten beschränkte Personenfreizügigkeit sukzessive ausgeweitet. Der durchschnittliche Wanderungssaldo aus der EU wuchs stark an auf knapp 24’000 Personen pro Jahr.

Von 2007 bis 2016, als die volle Personenfreizügigkeit in Kraft trat und die Kontingente wegfielen, explodierte der jährliche Wanderungssaldo aus der EU auf fast 60’000 Personen. Dies, obwohl das Wirtschaftswachstum deutlich tiefer als zwischen 1984 und 1991 war.

Diese dramatischen Fakten zeigen, dass – anders als im Bericht behauptet – die Zuwanderung in keinem Zusammenhang mit unserer eigenen Wirtschaftsentwicklung steht.

Erwerbslosigkeit

Gleich verhält es sich mit der Entwicklung der Erwerbslosigkeit (Erwerbslosenquote gemäss ILO). So lag die durchschnittliche Erwerbslosigkeit vor Einführung der Personenfreizügigkeit in der Schweiz bei etwa 2.8%. Heute, nach 15 Jahren Freizügigkeit mit der EU und Rechtsanspruch aller EU-Bürger auf Einwanderung in unser Land, liegt die Erwerbslosigkeit bei rekordhohen 5.3%. Für Schweizer liegt die Quote 2016 bei 3.5%, für Ausländer fast dreimal höher bei wahnsinnigen 9%!

Selbst der Bund muss in seinem Bericht indirekt zugeben, dass die Zuwanderung über die Freizügigkeit in erster Linie von der Wirtschaftsentwicklung in den EU-Ländern abhängt. Konsequenterweise müsste er dann auch sagen, dass die unsicheren Aussichten in Südeuropa und Osteuropa bald zu erneuten Rekordzuwanderungszahlen führen werden.

Gerade die bereits kurz nach der Öffnung aus Bulgarien und Rumänien explodierten Einwanderungszahlen lassen für die Zeit ab 2020, wenn keine Kontingentierung mehr möglich ist, Schlimmes befürchten. Auch dies wird von den Behörden im Bericht ignoriert.

Wachstum der Produktivität, des BIP pro Kopf und der Löhne

Von 2002 – 2016 sind netto rund 673’000 Personen aus der EU in die Schweiz eingewandert (gesamthaft aus allen Ländern waren es netto 955’000 Personen). Dass eine Volkswirtschaft bei einer derart massiven Nettozuwanderung etwas wächst, ist sonnenklar.

Viel wichtiger für die Bevölkerung ist hingegen, was es dem Einzelnen gebracht hat. Da sieht es wirklich übel aus. Die Einwanderer bringen unsere Infrastruktur, das Gesundheits- und Sozialwesen an den Rand des Kollapses. Kein Wunder geht man im Bericht kaum darauf ein.

Vor 2007 (Zeitraum 1992 bis 2006) betrug das Wachstum der Arbeitsproduktivität pro Kopf und Jahr etwa 1,5 Prozent. Seither ist es praktisch auf null und insgesamt sogar in den Minusbereich gefallen.

Ähnlich verhält es sich bei der Entwicklung des Bruttoinlandproduktes pro Kopf. Während wir hier seit dem 2. Weltkrieg ein durchschnittliches Wachstum pro Jahr von etwa 2% hatten, stagniert es seit 2007. Während es in der ersten Phase der Personenfreizügigkeit noch zwischen 1% und 2% lag, liegt dieser Wert seit etwa 2009 bei praktisch null. Eine absolut erschreckende Entwicklung, bewusst totgeschwiegen von unseren Behörden.

Auch die Löhne sind seit 2002 kaum gestiegen. Das durchschnittliche reale Lohnwachstum pro Jahr beträgt seit 2002 gerade einmal 0.8%. Würden nicht die Heerscharen neu in staatlichen oder staatsnahen Verwaltungen, Institutionen und Betrieben Angestellten mit hohen geschützten Löhnen das Lohnniveau stützen, wäre die Bilanz sogar negativ.

Angesichts solcher Zahlen ist es ein Affront des Bundesrates gegenüber all unseren Normalverdienern im Bericht dann noch von einer guten «Ergänzung zur ansässigen Bevölkerung» zu sprechen.

Sozialwerke

Auch bei der AHV sieht es düster aus. So stellt der Bund im Bericht bewusst Zahlen in den Vordergrund, wonach EU/EFTA-Staatsangehörige zurzeit noch etwas mehr in die 1. Säule einzahlen, als sie beziehen. Die Pensionierung dieser vielen hunderttausend erst in den letzten 15 Jahren in die Schweiz eingewanderten Ausländer wird aber ein böses Erwachen geben. Statistiken oder Prognosen für diesen Bereich? Fehlanzeige!

Im Bereiche der Arbeitslosenversicherung ist das Missverhältnis bereits heute dramatisch: Ausländer aus dem EU/EFTA-Raum leisten 20% weniger Beiträge, als sie Leistungen der ALV bezogen. Dieser negative Trend dürfte sich weiter verschärfen. Hier von einer «arbeitsmarktgetriebenen Zuwanderung» zu sprechen, ist ein schlechter Witz – oder eben bewusste staatliche Propaganda.

Fazit

Die wenigen Beispiele aus dem aktuellen Observationsbericht zeigen deutlich, wie unsere Behörden nicht mehr nur informieren, sondern ihre eigenen politischen Ziele zu verwirklichen versuchen. Das ist Behördenpropaganda, oder besser, staatliche Gehirnwäsche in Reinkultur.

In der Realität hat dieser bilaterale Vertrag mit der EU unserer Bevölkerung weder Produktivitäts- noch Wohlstands- und Einkommenswachstum gebracht. Vielmehr haben wir in allen Bereichen, insbesondere auch an Lebensqualität, verloren.

Die Erwerbslosigkeit ist auf einem Rekordhoch. Die Arbeitslosenversicherung und die AHV sind staatliche Schneeballsysteme, welche kaum über die Zuwanderung saniert werden können, die Züge sind überfüllt, die Autofahrer ersticken zunehmend im Stau und die Mieten schnellen in die Höhe.

Immer weniger gehören zu den Gewinnern, immer mehr zu den Verlierern der Personenfreizügigkeit. All dies blendet der Bundesrat aus.

Unser Land wird zum Arbeitsmarkt-Überlaufbecken der EU zum Nachteil unserer einheimischen Bevölkerung. In dieser Situation die Resultate von 15 Jahren Personenfreizügigkeit so zu beschönigen und die negativen Auswirkungen zu verharmlosen oder gar zu verschweigen, ist absolut inakzeptabel und verwerflich. Das Volk wird dies nicht goutieren. Wenn mehr als die Hälfte der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger keinen Vorteil in der Massenzuwanderung mehr sieht (Annahme der Masseneinwanderungsinitiative), sowie von deren Nachteilen betroffen ist, aber von Bundesrats- und Parlamentsmehrheit ignoriert werden –  dann muss das Volk sich zur Weiterführung des Anspruches aller EU-Bürger auf Einwanderung in die Schweiz äussern können.


[1] EU28; EFTA; Türkei; Jugoslawien; Serbien und Montenegro; Serbien; Montenegro; Kosovo; Bosnien und Herzegowina; Mazedonien; übrige europäische Staaten.

Adrian Amstutz
Adrian Amstutz
Nationalrat Sigriswil (BE)
 
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