Ja zur Erweiterung der Personenfreizügigkeit – Nein zum EU-Beitritt

Jean-François Rime
Jean-François Rime
Nationalrat Bulle (FR)

Ich möchte mich bei der Parteileitung dafür bedanken, dass die Erweiterung der Personenfreizügigkeit noch einmal traktandiert wurde. Das Thema ist wichtig für unser Land, aber auch zentral für unsere Partei, wie alle Themen, welche in einem Zusammenhang mit der EU stehen.

 

Acht Ständeräte und 16 Nationalräte der SVP haben sich für ein Ja zur Erweiterung der Personenfreizügigkeit ausgesprochen. Der Grund für diese Haltung ist nicht die Absicht, die Partei auseinander zu dividieren, sondern ein sorgfältiges Abwägen der Vor- und Nachteile dieses Abkommens.

Die Wirtschaft braucht die Erweiterung der Personenfreizügigkeit

2004 kamen 80 Prozent der Importe aus der EU und 60 Prozent der Exporte gingen in die EU. In zahlreichen Wirtschaftsbereichen fehlen heute Mitarbeiter, vor allem in der Exportbranche mit Schichtbetrieb. Dieser Sektor ist auch auf das bilaterale Abkommen über die technischen Handelshemmnisse angewiesen, das mit einem Nein am 25. September gefährdet würde. Mit einem Nein würde überdies auch der Zugang zum Markt der EU 25 aufs Spiel gesetzt. Auch die Landwirtschaft, die mit den Verhandlungen in der WTO unter Druck kommt, wird dank der erweiterten Personenfreizügigkeit die Möglichkeit erhalten, die notwendigen Hilfskräfte für saisonale Arbeiten zu rekrutieren. Und schliesslich sind auch die Kantone auf ausländischen Firmen, die investieren, angewiesen, und geben sehr viel Geld für entsprechende Werbung aus. Die Voraussetzung für die Rekrutierung von genügend und qualifizierten Mitarbeitern, ist zweifellos ein entscheidender Trumpf für die Ansiedelung neuer Unternehmungen.

Die Befürchtungen der Angestellten sind unbegründet

Der Vertrag wird nicht sofort in Kraft treten. Er wird erst 2011 bzw. Mitte 2024, falls der Arbeitsmarkt zu sehr unter Druck gerät, volle Wirkung entfalten. Während der Übergangsfrist gelten nach wie vor Kontingente. Das Parlament hat verschiedene flankierende Massnahmen gegen Lohndumping und Entlassungen beschlossen. Die Unternehmungen, welche Personal aus den neuen EU-Mitgliedstaaten einstellen, haben die ortsüblichen Bedingungen bezüglich Arbeit und Lohn einzuhalten. Wenn Probleme auftauchen, kann der Bund in den Branchen, in denen dies notwendig erscheint, Gesamtarbeitsverträge allgemein verbindlich erklären.

Tripartite Kontrollkommissionen funktionieren jetzt schon in allen Kantonen seit der Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU 15. Sie werden mit zusätzlichen Kontrolleuren verstärkt werden. Ein erster Bericht zeigt denn auch, dass es seit der Einführung der Personenfreizügigkeit am, 1. Juni 2004 wenig Missbräuche gab.

Die Mobilität der Menschen wird durch verschiedene Faktoren gebremst: Sprache, Familie, Kultur und auch der rasche wirtschaftliche Fortschritt in den neuen Mitgliedstaaten. Dies hat sich bei den bisherigen Entwicklungen in der EU klar gezeigt. Es ist aber auch festzuhalten, dass die Erweiterung der Personenfreizügigkeit die Abwanderung der Industrie aufhalten und so den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Schweiz garantieren wird. Denn wenn die Arbeiter nicht zu den Maschinen kommen können, gehen die Maschinen eben zu den Arbeitern.

Die Personenfreizügigkeit ist natürlich auch keine Einbahnstrasse. Die Schweizerinnen und Schweizer, vor allem die Jungen, werden künftig problemlos Auslandpraktika absolvieren oder aber in einem der 25 Mitgliedstaaten der EU eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Das Gleiche gilt für die Unternehmer, die ihre Mitarbeiter in der EU einsetzen.

Am 21. Mai 2000 hat das Schweizer Volk mit die Bilateralen Verträge I mit 67 Prozent angenommen. Ausser dem Dossier Personenfreizügigkeit wurden alle diese Verträge automatisch auf die neuen Mitgliedstaaten ausgedehnt. Denn die Personenfreizügigkeit kann und muss mit jedem neuen EU-Mitglied neu verhandelt werden. Dies wird auch für Rumänien, Bulgarien und allenfalls später der Türkei gelten.

Die Folgen eines Neins am 25. Septemeber

Im Falle eines Neins kann die EU die Bilateralen Verträge I auf Grund der so genannten Guillotine-Klausel kündigen. Wahrscheinlich wird sie das zwar nicht tun,
aber unsere Beziehungen zur EU würden ohne Zweifel schwieriger werden. Unsere vier unmittelbaren Nachbarn Frankreich, Italien, Österreich und Deutschland haben ein gewisses Verständnis für unsere Lage. Dagegen werden uns die neuen EU-Mitgliedstaaten kaum entgegenkommen. Die EU kämpft derzeit mit einer Reihe von internen Problemen: Ablehnung des Budgets, Ablehnung der Verfassung, eine kränkelnde Konjunktur und politische Instabilitäten in Deutschland. Ein Nein am 25. September dürfte gegenüber unseren europäischen Partnern, und vor allem gegenüber den zehn neuen Mitgliedstaaten, schwierig zu erklären sein. Das System der Bilateralen Verträge, das nach dem Nein zum EWR 1992 geboren wurde, funktioniert gut. Es ist der Weg der SVP. Setzen wir ihn nicht aufs Spiel!

Stimmen wir Ja zur Erweiterung der Personenfreizügigkeit um noch lange und glaubwürdig Nein zum EU Beitritt sagen zu können.

Jean-François Rime
Jean-François Rime
Nationalrat Bulle (FR)
 
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