Referat

NEIN zum Bundesbeschluss über die Familienpolitik

Am 3. März 2013 stimmen wir unter anderem über den „Bundesbeschluss über die Familienpolitik" ab. Für mich klar die wichtigste Vorlage, weil dieser Bundesbeschluss bei einer Annahme für alle…

Nadja Umbricht-Pieren
Nadja Umbricht-Pieren
Nationalrätin Kaltacker (BE)

Am 3. März 2013 stimmen wir unter anderem über den „Bundesbeschluss über die Familienpolitik“ ab. Für mich klar die wichtigste Vorlage, weil dieser Bundesbeschluss bei einer Annahme für alle Bürgerinnen und Bürger in finanzieller Hinsicht schmerzhaft spürbar sein wird. Viel schlimmer ist jedoch, dass nicht mehr die Eltern, sondern neu der Staat für die Erziehung der Kinder verantwortlich sein soll. Darum ist es äusserst wichtig, dass wir alle so viele Stimmbürgerinnen und -bürger wie möglich auf diese Gefahren aufmerksam machen und sie überzeugen, ein NEIN zu diesem bevormundenden Artikel in die Urne zu werfen.

Warum wir den Familienartikel unbedingt ablehnen müssen:
Wir stimmen am 3. März über den Artikel 115a in der Bundesverfassung ab. Neu soll dort stehen, dass Bund und die Kantone die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit oder Ausbildung fördern und für ein bedarfsgerechtes Angebot an familien- und schulergänzenden Tagesstrukturen sorgen. Die Folgen dieses Artikels wären massiv. Kosten in Milliardenhöhe auf dem Buckel der Steuerzahler würden anfallen und die Eigenverantwortung der Familien würde faktisch abgeschafft. Einen derart massiven Eingriff in unsere Gesellschaft durch den Staat gilt es klar abzulehnen.

Auch unser föderalistisches System würde geschwächt. Den Gemeinden und Kantonen würden jegliche Autonomie entzogen, was ein völlig falscher Ansatz ist. Familien und die Bevölkerung vor Ort wissen am besten, welche Art von Familienpolitik nötig ist. Ein Eingreifen des Bundes steuert klar in die falsche Richtung, zerstört jegliche private Initiative und wäre ausserordentlich schädlich.

NEIN zum Familienartikel ist kein NEIN zur externen Kinderbetreuung

In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach externen Kinderbetreuungsangeboten stark gestiegen. Vor 30 Jahren war das traditionelle Familienbild, die Frau in der Rolle als Hausfrau und Mutter zu Hause bei den Kindern, der Mann 100% am Arbeiten, das am häufigsten gelebte Familienmodell. Die Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren verändert. Heute bleiben viele Mütter mit einem Bein im Berufsleben, gehen an 2-3 Tagen die Woche extern arbeiten. 76 % der Frauen sind in der Schweiz im Alter zwischen 15 und 64 Jahren sind berufstätig. Damit ist die Schweiz hinter Schweden weltweit führend. Gemäss aktuellen Studien werden rund 70% der Vorschulkinder an durchschnittlich zwei Wochentagen fremd betreut. Dieser Wandel zeigt sich auch deutlich an der gestiegenen Nachfrage nach Kinderbetreuungsangeboten. Kindertagesstätten und Tagesschulen bieten eine gute und professionelle Möglichkeit, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Mit Hilfe der Anstossfinanzierung (Finanzhilfe für familienergänzende Kinderbetreuung) wurden in den letzten neun Jahren 35‘600 neue Betreuungsplätze geschaffen (18‘626 Kita-Plätze, 16‘971 Plätze in der schulergänzenden Kinderbetreuung). Dies entspricht einer Erhöhung des Platzangebotes in der Schweiz von gut 70%. Die Nachfrage nach externer Kinderbetreuung ist unbestritten. Es ist allerdings ebenso unbestritten, dass es für die Schaffung von neuen Angeboten keinen staatlichen Zwang braucht. Bereits heute bemühen sich viele Gemeinden, Unternehmen und Private, der Nachfrage nach externen Betreuungsangeboten nachzukommen und schaffen deshalb auf Eigeninitiative viele neue Angebote. Somit werden Angebot und Nachfrage bereits heute wirtschaftlich und vernünftig geregelt. Es besteht heute ein bedarfsgerechtes Angebot an externen Betreuungsplätzen. Dies bestätigt auch der Auslastungsgrad der durch die Finanzhilfen des Bundes neu geschaffenen Institutionen. Neugeschaffene Kindertagesstätten hatten während den ersten zwei Betriebsjahren eine durchschnittliche Auslastung von 75%, in der schulergänzenden Betreuung betrug die durchschnittliche Auslastung in den ersten zwei Betriebsjahren 66%. Wenn es, wie von den Befürwortern des Verfassungsartikels immer wieder behauptet, viel zu wenig Angebote geben sollte, erstaunt es mich doch sehr, dass die neu geschaffenen Institutionen nicht schon vom ersten Tag an eine 100%ige Auslastung vorweisen können. Heute besteht ein vielfältiges und bedarfsgerechtes Angebot, gesteuert von den Gemeinden, Unternehmen und Privaten. Es besteht folglich schlicht kein Handlungsbedarf und keine Rechtfertigung, dieses gut funktionierende, föderalistische und wirtschaftliche Modell an den Staat abzugeben.

Ein staatlicher Eingriff, wie er im Familienartikel gefordert wird, hätte zur Folge, dass die heute existierenden vielfältigen Angebotsmöglichkeiten wegen flächendeckenden staatlichen Betreuungsinstitutionen verschwinden würden. Den Eltern würde die Wahlfreiheit entzogen, ob und von wem sie ihre Kinder betreuen lassen wollen und die heutigen privaten und von Unternehmen angebotenen Betreuungsangebote würden zerstört.

Negative Folgen für Unternehmen

Da Bund und Kantone mit dem neuen Artikel die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit oder Ausbildung fördern sollen, wären auch Unternehmen stark von den Auswirkungen betroffen. Bei einer Annahme des Artikels könnte der Staat den Unternehmen vorschreiben, welche Arbeitszeitmodelle oder Quotenregelungen (Quoten zu Teilzeitarbeitsstellen, Frauenquoten usw.) sie einzuführen hätten. Dies würde die Freiheit der Unternehmen stark einschränken und immense Kosten verursachen. Quotenregelungen oder eine staatlich vorgeschriebene flexible Jahresarbeitszeit können sich vor allem kleine Unternehmen finanziell und organisatorisch nicht leisten. Weiter kann auf Basis des neuen Verfassungsartikels ein Vaterschafts- oder Elternurlaub eingeführt werden. Die eidgenössische Koordinationskommission für Familienfragen (EKFF) schlägt vor, eine Elternzeit von 24 Wochen einzuführen. Für Arbeitgeber würden somit massiv längere Abwesenheiten ihres Personals anfallen.

Immense Kostenfolgen zu Lasten des Steuerzahlers

Der Bundesrat schreibt in seiner Botschaft zum Familienartikel, die finanziellen Auswirkungen seien nicht abschätzbar. Es ist nichts Neues, dass unsere Regierung den Stimmbürgern immer nur das sagt, was in deren Interesse ist. Wenn in der Botschaft stehen würde, dass bei einer Annahme des Familienartikels Kosten in Milliardenhöhe entstehen, hätte der Artikel beim Volk bestimmt keine Chance. Also blendet unsere Regierung das mal schön aus – und der Stimmbürger wird dann zur Kasse gebeten, wenn er nichts mehr ändern kann.

Hier eine Schätzung zu den möglichen finanziellen Folgen:

Was Detail Kosten pro Jahr
Einführung Eltern- bzw. Vaterschaftsurlaub Elternzeit von 24 Wochen (gemäss Antwort Bundesrat) Fr. 1.2 Milliarden
Flächendeckende Einführung von ausserschulischen Betreuungsangeboten (5-15-jährige) Pro Kind rechnet man in privaten Einrichtungen mit Betreuungskosten von rund Fr. 12‘000.- im Kanton Waadt bzw. rund 24‘000.- im Kanton Bern. Kosten hängen stark vom zeitlichen Umfang der Betreuung und Hilfe bei den Hausaufgaben ab. Bei 905‘000 Schülern (inkl. Kindergarten bis und mit Oberstufe) ergibt sich ohne Beteiligung der Eltern Fr. 10.8 Milliarden. Bei einer 30% Kostenbeteiligung der Eltern sind es noch Fr. 7.6 Milliarden. In dieser Berechnung sind die Investitionskosten für den Umbau der Strukturen (z.B. der Schulhäuser) noch nicht berücksichtigt. Fr. 7.6 Milliarden
Krippenplätze für Kinder von 0-4 Jahren Im Durchschnitt kostet ein Krippenplatz rund Fr. 30‘000.-, ob privat oder vom Staat geführt. Gemäss BFS leben rund 320‘000 0-4-jährige in der Schweiz – d.h. wenn man das hochrechnet ergeben sich Kosten von Fr. 9.6 Milliarden – bei einem Ausbau wie in Europa allgemein angestrebt, muss der Staat für 33% aller Kinder einen Platz anbieten, dann sind dies Fr. 3.2 Milliarden. Fr. 3.2 Milliarden
Total jährliche Kosten Für alle Steuerzahler (unabhängig, ob kinderlose Paare, Rentner, Singles) Fr. 12 Milliarden

Jährliche staatliche Mehrausgaben von 12 Milliarden Franken würden für den Steuerzahler zum Beispiel eine Erhöhung der MwSt. von rund 4.4% bedeuten. Am meisten betroffen von höheren Steuern wären dabei ausgerechnet die Familien! Dies hätte zur Folge, dass junge Eltern aus finanziellen Gründen nicht mehr die Wahlfreiheit hätten, welches Familienmodell sie leben möchten. Sie wären gezwungen, dass beide Elternteile arbeiten gehen müssen, um ihr Leben finanzieren zu können (siehe Schweden). Gegen einen solchen staatlichen Eingriff in die Eigenverantwortung und Selbstbestimmung der Familien wehre ich mich.

Da Eltern am besten wissen, was für ihr Kind gut ist, überlassen wir die Eigenverantwortung weiterhin den Eltern. Sagen wir deshalb NEIN zu Staatskindern und NEIN zum schädlichen und familienfeindlichen Bundesbeschluss über die Familienpolitik!

 

Nadja Umbricht-Pieren
Nadja Umbricht-Pieren
Nationalrätin Kaltacker (BE)
 
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