Sozialpartnerschaft in der Transportbranche

Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband ASTAG ist der einzige Arbeitgeberverband für den Waren- und Personentransport zu gewerblichen Zwecken. ASTAG zählt schweizweit etwa 4200 Mitglieder (zum grossen Teil KMU). Dies entspricht einem Organisationsgrad von rund 70 Prozent.
Die Mitglieder der ASTAG beschäftigen ungefähr 42’000 Chauffeure.

Referat von Jean-Daniel Faucherre, Unternehmer und Vizepräsident ASTAG Schweiz

Sehr geehrte Damen und Herren

Sozialpartnerschaft
Seit mehr als zehn Jahren besteht eine nationale Sozialpartnerschaft mit dem Verband der Berufskraftfahrer, Les Routiers Suisses (LRS), der mit 17’000 Mitgliedern einen Organisationsgrad von rund 40 Prozent aufweist. Diese Sozialpartnerschaft wurde auf der Grundlage regelmässiger Verhandlungen im Rahmen eines alle zwei Jahre stattfindenden Runden Tisches gemeinsam entwickelt. So konnte eine neue Schwelle zugunsten der Fahrer überschritten werden. Konflikte, Streiks oder „wilde Aktionen“, wie sie in anderen Branchen üblich sind, gibt es bei uns nicht.

Eine Ausweitung des Geltungsbereichs der bestehenden Sozialverträge durch den Bund oder den Kanton zwischen der ASTAG und LRS kommt nicht in Frage. Wir verzichten auch auf Vollstreckungs- und Solidaritätsabgaben auf Kosten der Arbeitnehmer und der Unternehmen. Solche Abgaben entsprechen nach unserer Auffassung einer indirekten Querfinanzierung von weiteren Verbänden auf Kosten unserer Mitglieder.

Zum Vergleich: Stellen Sie sich vor, Sie wären der Leiter eines Unternehmens mit 100 Mitarbeitern, von denen 40 einer Gewerkschaft angehören und dennoch gibt es keine grossen Streitpunkte. Die UNIA hat keine Freude an unserer Sozialpartnerschaft, weshalb sie schon seit Jahren unermüdlich einzugreifen versucht. Dies, obwohl nur 2 bis 3 Prozent der Chauffeure Gewerkschaftsmitglieder sind.

ASTAG und LRS sind die Sozialpartner des kommerziellen Strassenverkehrs, die einen hohen Organisationsgrad aufweisen und damit legitime Interessenvertreter sind. Ganz im Gegensatz zu den Gewerkschaften wie UNIA oder SEV. Vor kurzem hat die UNIA sogar ASTAG und LRS vor Gericht gebracht mit dem Ziel, dass sie ebenfalls an der Sozialpartnerschaft teilnehmen kann. Aufgrund der sehr geringen Repräsentativität in der Branche (nur 2 bis 3 Prozent der Chauffeure sind Mitglied der Gewerkschaften), hat das Gericht sein endgültiges Urteil in dieser Sache gefällt, indem es die UNIA als nicht repräsentativ im Strassenverkehr einstufte.

Die ASTAG hat die «Werbekampagne» der Gewerkschaften UNIA, SEV und syndicom zur Kenntnis genommen, die am 19. Dezember 2017 stattfand – die sogenannte «Allianz» für den Güterverkehr, FAIRLOG. Die Argumente, die hinsichtlich der Notwendigkeit einer solchen «Allianz» vorgebracht werden, sind unbegründet, Beweis für eine mangelnde Branchenkenntnis oder gar arrogant. Um dies besser zu verstehen, sind hier drei Argumente dieser «Allianz» aufgeführt.

Argument 1: Prekäre Arbeitsbedingungen
Im Strassentransport gibt es – entgegen den Aussagen der «Allianz» – keine prekären Arbeitsbedingungen. Dies wird unter anderem durch den jüngsten SECO-Bericht über die Umsetzung der flankierenden Massnahmen bestätigt.

Argument 2: Zu wenig Kontrollen
Es ist allgemein bekannt, dass die Strassenverkehrsbranche zu den am stärksten regulierten und kontrollierten zählt. Beispiel:

  • Die Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer und -führerinnen (Chauffeurverordnung, ARV 1) schreibt genau vor, wann ein Chauffeur eine Pause einlegen muss. Die Einhaltung dieser Verordnung wird von der Polizei und den Behörden genau kontrolliert.
  • Die Lizenz wird erteilt, sofern der Unternehmer die erforderlichen Fachkenntnisse aufweist, einen guten Leumund hat und eine definierte finanzielle Rendite erzielt. Wenn die Bedingungen nicht mehr erfüllt sind, wird die Lizenz entzogen.
  • Verschiedene Schwerverkehrskontrollzentralen führen, neben den verkehrspolizeilichen Kontrollen, Prüfungen von LKW und deren Fahrern durch.
  • Die zuständigen Behörden kontrollieren die Unternehmen also genau, um zu wissen, ob die ARV eingehalten wird.

Argument 3: Stress und längere Arbeitszeiten
Für die Fahrer bzw. die Transportunternehmen ist dies das Ergebnis von Staus und zu wenig LKW-Parkplätzen, auf denen der Fahrer eine Pause einlegen könnte. Um diesem Problem Abhilfe zu verschaffen, bräuchte es aber den entsprechenden Ausbau der Strasseninfrastruktur. Ein Bündnis der Gewerkschaften bietet hier dagegen keine Hilfe.

Darüber hinaus ist es bekannt, dass die Transporte keinen Selbstzweck haben, sondern den Bedürfnissen der Verbraucher (E-Commerce) und der Wirtschaft entsprechen. Nutzfahrzeuge werden nicht einfach zum Vergnügen gefahren.

Die wahren Absichten hinter FAIRLOG sind offensichtlich

a) Einen Organisationsgrad von mindestens 50 Prozent in der Transport- und Logistikbranche zu erreichen

b)  Sicherung der Verbandsfinanzierung – Gewerkschaften finanzieren sich vor allem durch folgende Quellen:

  • Mitgliederbeiträge
  • Beiträge für die Anwendung von GAV (z. B. das Übereinkommen über die nationale Bauindustrie), die von den der Vereinbarung unterliegenden Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu zahlen sind.
  • Zusätzlich erhalten die Gewerkschaften vom Bund eine Entschädigung, weil sie die Arbeitslosenkasse verwalten (Zahlungsbehörde).

c) Erhalt der Einkommensquellen

  • Aggressive Mitgliederrekrutierung in allen Branchen und Sektoren
  • Wenn möglich eine grosse Anzahl von Gesamtarbeitsverträgen (GAV) abschliessen und die mit diesen im Zusammenhang stehenden Gebühren einkassieren.
  • Verwaltung der Arbeitslosenkasse, die auch als «Rekrutierungsfeld» für künftige Gewerkschaftsmitglieder dienen kann.

Es ist leicht zu verstehen, dass erweiterte GAV ein profitables Geschäft für die Gewerkschaften darstellen – dank den flankierenden Massnahmen ganz legal.

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die von einem GAV betroffen sind, sind solche Verträge sehr teuer und stören den reibungslosen Geschäftsprozess innerhalb des Unternehmens.

Ein praktisches Beispiel bietet der GAV für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR): Die FAR-Stiftung musste zuletzt wegen Geldmangels die Beiträge der Arbeitgeber und -nehmer um 7 Prozent erhöhen. Genauso ist die RETABAT-Stiftung im Wallis, die das gleiche Ziel anstrebt, in ernste finanzielle Schwierigkeiten geraten. Darüber hinaus ist ein Freizügigkeitsrecht für den Arbeitnehmer, wie es sonst bei allen Pensionskassen bei einem Stellenwechsel üblich ist, in der FAR- und RETABAT-Stiftung nicht bekannt. Wenn also ein 56-jähriger Bauarbeiter seine Stelle wechselt, bleiben alle seine Beiträge und die des Arbeitgebers in den Kassen der FAR-Stiftung.

Oder denken Sie an die Massendemonstrationen der UNIA, die 2015 auf den Baustellen des Kantons Zürich stattgefunden haben, um das Lohndumping einer grossen Gipserfirma anzuprangern. In diesem Fall musste sogar das Handelsgericht Bern der UNIA verbieten, auf den Baustellen in Zürich weiter zu demonstrieren. Das betroffene Unternehmen erlitt erhebliche finanzielle Verluste.

Fazit

  • Ziel und Zweck einer Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten immer bilateral sein.
  • Die beiden Sozialpartner sollten in den Tätigkeitsbereichen oder Branchen, in denen sie ihre Interessen vertreten, ausreichend repräsentativ sein.
  • Sozialpartnerschaften sollten darauf abzielen, den Konsens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu fördern, die wirtschaftliche Entwicklung auf beiden Seiten zu verbessern und den Arbeitsfrieden zu gewährleisten. Es geht nicht um die Finanzierung von Vereinigungen und Gewerkschaften als Selbstzweck.

Wie Sie es am Beispiel der ASTAG erkennen können, ist das auch ohne erweiterte GAV möglich. Aus diesem Grund fordere ich Sie, Unternehmer und verantwortungsbewusste Bürger, auf, NEIN zu einem noch umfassenderen Gesamtarbeitsvertrag zu sagen.

 
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