Direkter Gegenentwurf zur Volksinitiative «Wahrung der schweizerischen Neutralität (Neutralitätsinitiative)»

Die Neutralität gehört zum Fundament und zur Identität der Schweiz. Ohne die Neutralität würde es unser Land nicht mehr geben. Wir wären schon lange an den äusseren und inneren Konflikten zerbrochen. Die Neutralität hat der Schweiz Frieden und Stabilität gebracht.

Die Schweiz hat seit fünfhundert Jahren keinen Krieg mehr geführt. Seit zweihundert Jahren ist unser Land von militärischen Konflikten und zwei Weltkriegen verschont geblieben. Welcher Staat in Europa kann solches von sich behaupten? Die bewaffnete Neutralität ist ein wesentliches Element unserer Friedensstrategie.

«Meidet den Krieg»

Die Wurzeln der Schweizer Neutralität reichen weit zurück. Als wichtigster Fürsprecher der Neutralität gilt Bruder Klaus (1417-1487) und sein berühmtes Wort «Machet den zun nicht zuo wit!». Macht den Zaun nicht zu weit, mischt euch nicht in fremde Händel! Im ganzen Wortlaut heisst das ihm zugeschriebene Zitat: «O liebe Freunde, macht den Zaun nicht zu weit, damit ihr um so besser in Frieden, Ruhe, Einigkeit und in eurer sauer erworbenen, löblichen Freiheit bleiben könnt. Beladet euch nicht mit fremden Angelegenheiten! Bindet euch nicht an fremde Herrschaften! Hütet euch vor Spaltung und Eigennutz! Hütet euer Vaterland, bleibt dabei und meidet den Krieg. Wenn jedoch jemand euch überfallen will, dann kämpft tapfer für eure Freiheit und für das Vaterland.»

Lebt in Frieden und Ruhe. Bindet euch nicht an fremde Herrschaften. Meidet den Krieg. Doch wenn es nötig ist, verteidigt eure Freiheit. Selbst wenn Niklaus von Flüe diese Botschaft in den Mund gelegt wurde: Die bewaffnete Neutralität hat sich bis heute bewährt. Sie hat unser Land vor Kriegen verschont, sie hat den Menschen ein Leben in Sicherheit ermöglicht. Die bewaffnete Neutralität ist Selbstschutz für den Kleinstaat Schweiz. Die Neutralität hilft der Schweiz, glaubwürdig ihre guten Dienste für alle Konfliktparteien anzubieten. Es gibt keinen Grund, diese Erfolgsmaxime leichtfertig aufs Spiel zu setzen.

Stabilität und Frieden

Neutral zu sein, ist nicht einfach. Es kostet viel Kraft, weil man von allen Konfliktparteien bedrängt wird, Position zu beziehen. Leider ist der Bundesrat unter diesem Druck eingebrochen. Darum braucht es die Neutralitätsinitiative: Sie schützt die Schweizer Neutralität vor schwachen Politikern.

Die beste Aussenpolitik für die Schweiz ist jene, die nicht in den Schlagzeilen landet. Wenn alle Staaten sich wie die Schweiz verhielten, würde es keinen Krieg geben. Oder andersrum gesagt: Die Welt wird nicht besser, wenn die Schweiz ihre Neutralität aufgibt. Vor allem aber gefährden wir damit den inneren Frieden und die Stabilität unseres Landes – und damit eine einzigartige Erfolgsgeschichte mitten in Europa.

Zur konkreten Vernehmlassung

Die SVP Schweiz unterstützt die Neutralitätsinitiative: Sie stärkt die Neutralitätspolitik unseres Landes. Vor allem schränkt sie den fahrlässigen Umgang mit der Neutralität ein, den der Bundesrat in den letzten Jahren betrieben hat.

Die SVP ist nicht grundsätzlich gegen die Idee eines direkten Gegenentwurfs, die vorgeschlagene Version lehnt die Partei jedoch ab. Obwohl der Gegenentwurf den Grundsatz der ewigen und bewaffneten Neutralität in der Bundesverfassung verankert, bleibt der Text zu vage. Damit wird die erodierte Glaubwürdigkeit der Schweizer Neutralität nicht korrigiert.

Aus Sicht der SVP sollte der direkte Gegenentwurf gemäss folgendem Antrag ergänzt werden:

  • Art. 54a
    Schweizerische Neutralität
  • Abs. 1
    Die Schweiz ist neutral. Ihre Neutralität ist immerwährend und bewaffnet.
  • Abs. 1bis
    Die Schweiz tritt keinem Militär- oder Verteidigungsbündnis bei. Vorbehalten ist eine Zusammenarbeit mit solchen Bündnissen für den Fall eines direkten militärischen Angriffs auf die Schweiz oder für den Fall von Handlungen zur Vorbereitung eines solchen Angriffs
  • Abs. 1ter
    Die Schweiz beteiligt sich nicht an militärischen Auseinandersetzungen zwischen Drittstaaten und trifft auch keine nichtmilitärischen Zwangsmassnahmen gegen kriegführende Staaten. Vorbehalten sind Verpflichtungen gegenüber der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) sowie Massnahmen zur Verhinderung der Umgehung von nichtmilitärischen Zwangsmassnahmen anderer Staaten.
  • Abs. 2
    Der Bund nutzt die Neutralität, um die Unabhängigkeit und Sicherheit der Schweiz zu gewährleisten, Konflikte zu verhindern oder zu Lösung von Konflikten beizutragen. Er steht als Vermittler zur Verfügung.

Am 19. Juni 2025 beschloss der Ständerat mit 33 zu 9 Stimmen und 1 Enthaltung, einen direkten Gegenentwurf zur Neutralitätsinitiative zu erarbeiten. Dieser Gegenentwurf umfasst zwei Absätze, im Gegensatz zu den vier Absätzen der Initiative. Absatz 1 der Initiative, der die explizite Verankerung der Neutralität in der Bundesverfassung vorsieht, wird übernommen. Absatz 2 orientiert sich an Absatz 4 der Initiative und betont den instrumentellen Charakter der Neutralität. Aus Sicht der SVP ist die Übernahme von Absatz 1, der die ewige und bewaffnete Neutralität der Schweiz in der Verfassung verankert, ausdrücklich zu begrüssen. Diese Massnahme würde zweifellos zur Klärung der Bundesverfassungsartikel 173 und 185 beitragen.

Insgesamt ist jedoch die absichtliche Unschärfe des Gegenentwurfs problematisch: Der Gegenentwurf behält den Begriff des «instrumentellen Charakters» der Neutralität bei (zitiert auf Seite 6 des erläuternden Berichts). Nach Ansicht der SVP ist genau diese Interpretationsflexibilität der Grund für die Erosion unserer Glaubwürdigkeit als neutraler Staat. Oder wie Paul Widmer, ehemaliger Schweizer Diplomat, es formuliert: «Die Neutralität verfügt nur über ein Kapital: ihre Glaubwürdigkeit.»

Diese Glaubwürdigkeit muss wiederhergestellt werden. Dafür müssen im Gegenentwurf weitere Bestimmungen der Neutralitätsinitiative aufgenommen werden. Nach Ansicht der SVP muss die Schweiz ihren Verpflichtungen gegenüber den Vereinten Nationen nachkommen und die vom Sicherheitsrat beschlossenen Wirtschaftssanktionen umsetzen. Unbestritten ist auch, dass die von anderen Staaten beschlossenen Sanktionen nicht über die Schweiz unterlaufen werden dürfen. Doch darüber hinaus darf sich die Schweiz an keinen nichtmilitärischen Zwangsmassnahmen gegen kriegführende Staaten beteiligen. Sonst wird sie nicht mehr als unparteiisch wahrgenommen und verliert damit eine wesentliche Voraussetzung, um als Vermittlerin auftreten zu können.

Historisches Vorbild

Bundesrat und Parlament sollten sich an ihre historischen Vorgänger in den 1930er und 1940er Jahre erinnern. Unter weitaus schwierigeren Bedingungen kehrte die Schweiz damals zur integralen Neutralität zurück. 1938 erklärte der Bundesrat gegenüber dem Rat des Völkerbundes, dass «die Neutralität [der Schweiz] nicht von den Umständen abhängig sein darf; sie ist ein für alle Mal gegeben». Dieses Prinzip hielt die Schweiz auch im folgenden Weltkrieg hoch – was wesentlich dazu beitrug, dass unser Land und unsere Bevölkerung von den Kriegsereignissen verschont blieben.

 
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