Referat

Dem Wählerauftrag verpflichtet!

Ueli Maurer
Ueli Maurer
Nationalrat Wernetshausen (ZH)

Die Wahlen vom vergangenen 19. Oktober werden die politischen Diskussionen und hoffentlich auch die politische Richtung in unserem Land prägen. Erneut ging die SVP als grosse Siegerin aus den Wahlen hervor. Unser Wähleranteil liegt bei knapp 27%, wir halten 55 der 200 Nationalratssitze. Sie, liebe Delegierte, haben in den Kantonen damit die zurzeit maximal möglichen Ziele erreicht – Ziele, die uns weder von den Medien, noch von den anderen Parteien, noch von den politischen Schriftgelehrten zugetraut wurden. Wir haben daran geglaubt, wir haben dafür gearbeitet und gekämpft. Dem Erfolg unserer Partei kommt historische Bedeutung zu. Seit Jahrzehnten war keine Partei mehr so stark wie die SVP. Für schweizerische Verhältnisse hat tatsächlich eine gewaltige Umschichtung stattgefunden. Und noch nie seit ihrer Gründung waren die Mitte-Parteien FDP und CVP so schwach. Der jahrelange Krebsgang der beiden hat sich massiv beschleunigt und ist im gleichen Ausmass als historisch zu bezeichnen wie der Aufstieg der SVP.

 

Vor vier Jahren hat man uns vorgeworfen, wir seien eine nur regional verankerte Partei. Dies sagte uns ausgerechnet die CVP, welche in den bevölkerungsreichsten Kantonen Zürich, Bern und Waadt kaum über fünf Prozent Stimmenanteil hinauskommt. Die SVP ist mehr denn je eine echte Volkspartei. Sie ist jetzt auch die erste bürgerliche Partei der französisch sprechenden Schweiz. Sie ist – wer hätte das geahnt – heute die Partei der Jungen. Sie ist die Partei für eine weltoffene, liberale, dynamische Schweiz. Sie ist die Partei für einen friedlichen, neutralen, unabhängigen, demokratischen und föderalistischen Kleinstaat im Herzen Europas. Sie ist die Partei, die Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt und für Sicherheit und Wohlstand kämpft.

Die Gründe für den Erfolg

Noch tut man sich schwer, unseren Sieg anzuerkennen. Politologen, Kommentatoren und Medienschaffende, die uns schon mehrmals totgesagt haben, versuchen der staunenden Öffentlichkeit ihr eigenes Unvermögen zu erklären. Ich habe noch kaum Analysen gelesen, die der Sache wirklich auf den Grund gehen. Es gibt aus meiner Sicht drei wesentliche Gründe für den Erfolg der SVP.

1. Wir haben seit Jahren eine gründliche und umfassende politische, programmatische Arbeit geliefert. Wer das als Schlagwortpolitik oder als bessere Kommunikation abtun will, verkennt die politischen Sensibilitäten in unserem Land. Es kann sich niemand auf die Dauer mit Schlagworten durchschlagen. Die Politik der SVP ist lösungsorientiert. Das beweist unter anderem die Tatsache, dass viele unserer Vorschläge Jahre später durch den Bundesrat und die anderen Parteien aufgenommen werden. Ich denke etwa an die Finanz- und Steuerpolitik, die Europa- oder Asylpolitik. Wählerinnen und Wähler haben längst gespürt, dass hier eine Partei am Werk ist, die weiter denkt, zuverlässig und verlässlich zu ihrer Meinung steht, mit allen Kräften dafür kämpft und sich nicht zu schade ist, auch heikle politische Tabus anzusprechen. Wir sind hier auf dem richtigen Weg, aber noch lange nicht im Ziel. Im Radsportjargon haben wir die Einrolletappen abgeschlossen, und langsam geht es in die Berge.

2. Wir sind besser strukturiert und organisiert als die anderen Parteien. In den letzten zwölf Jahren haben wir rund 500 neue Parteisektionen gegründet. Wir führen die Partei straffer und bieten auf allen Ebenen Hilfen an. Freuen Sie sich aber nicht zu früh: Wir sind keineswegs gut, nur etwas weniger schlecht als die andern.

3. Wir haben in den letzten Jahren von einem eigentlichen Pioniergeist profitiert. Wer sich in der SVP engagierte, kämpfte nicht um Ansehen, Pöstchen, Pfründen und Würden – er wurde eher verspottet und verhöhnt -, sondern für eine bessere Schweiz. Dieser gemeinsame Wille, Missstände zu ändern und zu verbessern, hat uns als Team zusammengeschweisst. Das hat uns glaubwürdig gemacht. Und genau hier in dieser Stärke liegt auch die grosse Gefahr. Unsere Politik darf sich auch in Zukunft nicht auf Pöstchen, Würden und Pfründen ausrichten, sondern wir müssen uns für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes engagieren und Probleme lösen.

Der Wählerauftrag

Wir müssen den Wählerauftrag, den man uns mit den Wahlen erteilt hat, erfüllen. Nehmen wir als Beispiel den Kanton Neuenburg. Vor knapp drei Jahren haben wir diese Partei gegründet. In den Zeitungen prophezeite man uns eine Totgeburt oder mindestens ein kurzes Leben. Auch die CVP sei nie auf Touren gekommen, die Verhältnisse seien stabil, die Neuenburger zufrieden mit ihren Parteien. Das äussere sich unter anderem in der traditionell tiefen Wahlbeteiligung. Nun, was ist passiert? Erstmals hatten die Neuenburgerinnen und Neuenburger mit der SVP eine echte Alternative. Die Stimmbeteiligung stieg von 35% auf 52%, und die SVP wurde auf Anhieb mit 22,4% Wähleranteil stärkste bürgerliche Partei. Der Frust über die bisherige Politik muss gewaltig sein – das Vertrauen in die SVP ist gross. Die Neuenburger Wähler geben uns einen wichtigen Auftrag – und eine Chance, unsere Wahlversprechen mit noch mehr Nachdruck in Bern umzusetzen.

– Weniger Steuern, Abgaben und Gebühren!

Wir müssen uns also mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Steuerbelastung abnimmt, die Staatsquote sinkt und die Wirtschaft wieder wachsen kann – weil den einzelnen Bürgern wieder mehr zum Leben bleibt. Wir haben versprochen, die Staatsausgaben zu senken. Der Begriff „Sparen“ kann einen sehr kurzfristigen Effekt auslösen, indem man die aktuelle finanzielle Situation ändert. Sparen muss aber auch mit dem Begriff der vorsorglichen Weitsicht in Verbindung gebracht werden. Sparen heisst darum etwas gewinnen – und nicht etwas verlieren. Wenn wir sparen, gewinnen wir mittel- und längerfristig Handlungsfähigkeit zurück, der Staat erhält neuen Spielraum, und künftige Generationen sind nicht mehr auf ewige Zeiten fremdbestimmt. Wer sich mit dem Brett vor dem Kopf über das Sparen ärgert, denkt in zu kurzen Zeiträumen und ist von der Zukunft längst überrollt.

– Für eine unabhängige und neutrale Schweiz!

Wir haben versprochen, für eine unabhängige, neutrale Schweiz zu kämpfen. Wir werden schon bald auf die Probe gestellt. Die bilateralen Verhandlungen mit Schengen stehen vor dem Abschluss, weitere internationale Verträge sollen genehmigt werden – und der Bundesrat denkt offenbar nicht daran, das EU-Beitrittsgesuch zurückzuziehen. Die Eigenständigkeit und Selbstbestimmung des Volkes muss auch bei den Einbürgerungen gewährleistet sein. Die SVP ist daran, die entsprechende Volksinitiative vorzubereiten. Auch hier wehren wir uns gegen das Diktat der Richter und Bürokraten; wir kämpfen gegen die Entmündigung des Volkes.

– Nein zum Asylrechtsmissbrauch!

Die SVP hat versprochen, den Missbrauch unseres Asylrechtes zu bekämpfen. Die Laisser-faire-Politik des Bundesrates und die leeren Versprechen der anderen Parteien haben die Bevölkerung über weite Teile erzürnt. Die entsprechende Volksinitiative ist startbereit. Wir setzen uns dafür ein, dass die Sicherheit in unserem Land gewährleistet werden kann. Das ist leider nicht immer der Fall.

Glaubwürdigkeit ist der Massstab für politisches Handeln

Die anderen Parteien haben mit ihrer unzuverlässigen Politik der letzten Jahre viel von ihrer Glaubwürdigkeit verspielt. Personell und programmatisch nicht überzeugend, sind ihnen die Wähler davongelaufen. Man hat genug von Parteien, die vor den Wahlen rechts blinken und nach den Wahlen links abbiegen, nur um ein paar Ämtchen und Pöstchen zu retten. Geradlinigkeit und Konsequenz sind zentral: Wer am Montag anders stimmt als am Sonntag versprochen verliert den Kredit. Wer Bürgerinnen und Bürger in der Politik als notwendiges Übel auf dem Weg zu Pöstchen und Ansehen betrachtet, zahlt irgendwann die Quittung. In der Politik mag es Filz und Pöstchensammlerei nicht mehr leiden. Die Quittung folgt auf dem Fuss. Hier kommt in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten und Jahren die Bewährungsprobe für die SVP. Man wird mit Argusaugen beobachten, ob die SVP ihre Wahlversprechen einlöst, oder ob sie auch ins Fahrwasser der übrigen Parteien gelangt und die Pfründen- und Vetternwirtschaft zur Parteimaxime macht.

Es ist glaubwürdiger, auf eine Vertretung im Bundesrat zu verzichten, als deswegen Kompromisse bei den Wahlversprechen einzugehen. Das würde man uns nicht verzeihen. Wir haben eine Chance erhalten, Verbesserungen für unser Land zu realisieren. Das ist mit zwei Vertretern im Bundesrat – Samuel Schmid und Christoph Blocher – oder in der Opposition möglich. Wichtig ist, dass unsere Partei glaubwürdig bleibt. Wenn wir hier Kompromisse eingehen, wird die Partei an Ansehen und Wählerstärke rasch und massiv verlieren, und die Probleme des Landes werden nicht gelöst. Wenn wir die Verantwortung für das Wohl unseres Landes wahrnehmen wollen, heisst das mit den besten Kräften im Bundesrat zu sein, oder aber unsere Politik ausserhalb des Bundesrats mit allen Mitteln umzusetzen. Genau so, wie wir das in zahlreichen Kantonen mit Erfolg machen. Wehe, wenn man uns den Vorwurf macht, wir seien zum Verrat der Wählerinnen und Wähler bereit, um uns selbst Pöstchen zu beschaffen. Die nächsten vier Jahre ist es unser höchstes Gut, glaubwürdig zu bleiben. Es wird sich weisen, ob unsere Partei die Reife und den Charakter hat, diesen Test zu bestehen. Für unser Land ist dies ebenso bitter nötig wie für unsere Partei.

 

Ueli Maurer
Ueli Maurer
Nationalrat Wernetshausen (ZH)
 
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