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Referat

Energiesouveränität der Schweiz

Seit dem letzten Jahr führt die Schweiz, und dies zum ersten Mal, mehr elektrische Energie ein, als sie ausführt. Es ist ein Unsinn zu glauben, dass wir künftig unseren Verbrauch an elektrischer Energ

André Reymond
André Reymond
Nationalrat Veyrier (GE)

Seit dem letzten Jahr führt die Schweiz, und dies zum ersten Mal, mehr elektrische Energie ein, als sie ausführt. Es ist ein Unsinn zu glauben, dass wir künftig unseren Verbrauch an elektrischer Energie drastisch zurückfahren könnten. Dieses Trugbild, von dem unser Bundespräsident träumt, könnte sich sehr leicht als Albtraum entpuppen. Die technischen Fortschritte in der Energieproduktion und neue Strom sparende Haushaltapparate können nie und nimmer mit unseren Komfortansprüchen, unserem Lebensstil und mit der Zunahme der Bevölkerungszahl Schritt halten. Laut einer seriösen Studie der AXPO wird das Energiedefizit der Schweiz in 25 Jahren 15 bis 33 Prozent betragen.

Selbstverständlich setzen unsere Universitäten und Technischen Hochschulen ihre Forschung im Bereich einer höheren Rentabilität der erneuerbaren Energiequellen fort. Die auf unserem Boden produzierte Biomasse wird sich mit Bestimmtheit zu einer Hilfs-Energiequelle entwickeln. Das Gleiche gilt für das Holz, ein natürlicher Reichtum, der bisher zu wenig Beachtung gefunden hat.

Es ist illusorisch zu glauben, dass wir mit der (ausserordentlich kostspieligen) Sonnenenergie, mit der Geothermie (erstes Experiment in Basel) oder mit den Windturbinen unseren dringlichen Energiebedarf decken können. Ihre gemeinsame Produktion würde knapp zehn Prozent unseres Bedarfs decken.

Wir müssen die Forschung vorantreiben und Realisierungen in Bereichen begünstigen, in denen wir unser Know-how unter Beweis gestellt haben. Das sind die Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, um unsere Arbeitsplätze sowie unsere Gesamtwirtschaft aufrecht zu erhalten. Wir müssen unserem Land bei der Produktion von elektrischer Energie eine Stabilität garantieren, um die Unternehmen zu ermutigen, weiterhin in unserem Land zu bleiben. Aus Angst davor, dass der Energiebedarf von Lieferungen aus dem Ausland abhängt, suchen diese ihre Zukunft sonst wo anders.

Ein Land wie Frankreich, welches seinen Bedarf nach elektrischer Energie zu 80 Prozent mit Kernkraftwerken deckt, wird unter Umständen seine Lieferverträge mit der Schweiz nicht mehr erneuern. Diese laufen bereits im Jahr 2020 aus. Denn auch in Frankreich wächst der Strombedarf.

Die einzige Lösung, um bei der Versorgung mit elektrischer Energie unsere Unabhängigkeit zu bewahren, besteht darin, den Weg zu begehen, den bereits unsere Eltern beschritten haben: Unterstützung der Wasser- sowie der Kernkraft. Wir können ebenfalls die Kapazität unserer Wasserkraftwerke durch effizientere Turbinen und Zuleitungen verbessern. Es scheint möglich zu sein, dadurch die jährliche Produktion um zehn Prozent zu steigern.

Unabhängig bleiben und gleichzeitig kostengünstige Energie produzieren: Ohne Kernkraftwerke ein Ding der Unmöglichkeit.

Die Studien bezüglich der Endlagerung radioaktiver Abfälle haben die technische Machbarkeit aufgezeigt. Der von der NAGRA im Jahre 2002 eingereichte Entsorgungsnachweis wurde vom Bundesrat in seiner Sitzung vom 28. Juni 2006 als erbracht beurteilt. Abfälle aus Kernkraftwerken, Medizin, Industrie und Forschung können damit in der Schweiz entsorgt werden.

Alle Länder, die laut darüber nachgedacht haben, auf die Kernkraft zu verzichten, haben diese Idee wegen des Verlusts der Unabhängigkeit bei der Energieversorgung wieder aufgegeben. Ihre Produktion – die Forschung, der Bau, die Demontage nach Abschaltung sowie die Endlagerung der Abfälle mitgerechnet – ist die günstigste aller Produktionsarten von elektrischer Energie. Dazu kommt, dass sich die Betreibergesellschaften der Uran-Minen in politisch stabilen Ländern (Kanada und Australien) befinden. In Kanada ist deren Zahl von sechs im Jahr 2003 auf unterdessen über 100 gestiegen.

In der Schweiz gelangen wir in einen Rückstand. Um unsere Unabhängigkeit im Bereich elektrischer Energie zu behalten, müssten wir zügig mit der Planung und dem Bau für den Ersatz bestehender Kernkraftwerke beginnen. Gaskraftwerke zur Stromerzeugung sind diesbezüglich keine Lösung, da sie unser Land vor erhebliche Probleme bei der Gasversorgung stellen. Wir müssen damit nur an die Transportschwierigkeiten dieser Energie erinnern, die aus Russland kommt, ganz zu schweigen von den bedeutenden CO2-Ausstössen, die uns in einen Widerspruch zum Kyoto-Protokoll versetzen würden.

Eine günstige Stromversorgung ist der Garant für eine florierende Wirtschaft und schafft Wachstum und Wohlstand. Davon profitiert neben Industrie und Gewerbe die gesamte Gesellschaft. Durch Wachstum und Wohlstand steigt aber auch der Stromverbrauch. Dieser steigende Verbrauch kann in der Zukunft nicht mehr durch Stromimporte gedeckt werden. Zum einen wird auch in den umliegenden Ländern die Ressource Elektrizität immer knapper und dementsprechend teurer. Zum anderen schaffen erhöhte Stromimporte eine kaum steuerbare Abhängigkeit vom Ausland.

Es ist deshalb unabdingbar, dass der Ausbau der inländischen Stromproduktion verstärkt in die Hand genommen wird. Solch ein Ausbau hat mehrere Vorteile. Einerseits ist die Strombranche ein wichtiger Wirtschaftszweig mit hoch qualifizierten Arbeitsplätzen. Ein Ausbau würde also neben dem Wachstum in der übrigen Industrie und dem Gewerbe auch im Stromsektor zusätzliche Arbeitsplätze generieren. Andererseits schafft eine verstärkte inländische Stromproduktion ein umfangreiches Wissen in diesem wichtigen Industriezweig. Dies führt zu verstärkten Exportmöglichkeiten unserer Maschinenindustrie – ein Mitnahmeeffekt von dem wiederum die ganze Schweiz profitieren kann.

Eine günstige, unabhängige, umweltfreundliche und einheimische Stromproduktion ist deshalb für die nachhaltige, positive Entwicklung unseres Landes von unschätzbarem Wert. Unsere Nachkommen werden uns dafür dankbar sein.

André Reymond
André Reymond
Nationalrat Veyrier (GE)
 
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