Vernehmlassung

Revision des Zivilgesetzbuchs (Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten)

Die Heirat mit einer minderjährigen Person ist in der Schweiz eigentlich nicht möglich. Kommt aber eine im Ausland minderjährig verheiratete Person in die Schweiz, kann die Eheungültigkeitsbestimmung nicht mehr angerufen werden, sobald die betroffene Person volljährig geworden ist (sog. Heilung).

Die Vorlage sieht nun vor, dass nach Ablauf einer gewissen Zeit trotzdem eine Heilung eintritt, diese aber erst mit Erreichen des 25. Altersjahres. Die Geltendmachung einer Zwangsheirat ist demgegenüber nach wie vor zeitlich unbeschränkt möglich.

Aus Sicht der SVP ist die vorliegende Revision abzulehnen. Immerhin ist die Verlängerung der Klagefrist auf das 25. Altersjahr eine kleine Verbesserung zur heutigen Situation. Doch aus Sicht der SVP sollten Minderjährigenehen per se nicht anerkannt werden bzw. überhaupt nicht mittels einer «Interessensabwägung» möglich sein. Darüber hinaus sollen bei Eheschliessungen bei einem minderjährigen Ehepartner zu Gunsten des Kindeswohls von Gesetzes wegen vermutet werden, dass der Straftatbestand der Zwangsheirat erfüllt ist.

Die Verlängerung der Klagefrist auf das 25. Altersjahr ist aus Sicht der SVP ein Schritt in die richtige Richtung, denn eine Verlängerung des zeitlichen Rahmens hilft den Klageberechtigten Behörden mit Blick auf die übliche, lange Verfahrensdauer offensichtlich zur Durchsetzung einer Eheungültigkeit.

Jedoch missachtet die vorliegende Revision den Willen des historischen Gesetzgebers die sog. Minderjährigenheiraten nicht mehr zu tolerieren. Ganz offensichtlich handelt es sich auch um ein mit der Migration zusammenhängendes Problem: Der Bericht hält fest, dass «wenn die Anwendung des Eheungültigkeitsgrundes zur Debatte steht», es ausschliesslich darum geht, «den Umgang mit einer im Ausland geschlossenen Ehe – mit einer also bereits bestehenden Situation, in der die Betroffenen bereits mehr oder weniger lang leben – zu finden».

Weiter hält der Bericht wortwörtlich fest, dass diese Ehen oft in «prekären Situationen» geschlossen werden: «Sie stehen vielfach in einem Kontext von Armut, Bildungsferne oder allgemeiner Perspektivenlosigkeit für die Betroffenen».

Die Ausführungen im Bericht werden im Anschluss noch alarmierender, wenn festgehalten wird, dass davon auszugehen ist, «dass eine gewisse Anzahl der unter dem Ungültigkeitsgrund der Minderjährigenheiraten abgehandelten Fälle gleichzeitig auch als Zwangsheiraten zu qualifizieren wären». Dass es – wie ebenfalls im Bericht festgehalten wird – schwer ist, eine Zwangssituation nachzuweisen, muss auch im Lichte von Migration bzw. von Kulturkonflikten gewürdigt werden, wird doch dieser Zwang gemäss Bericht «regelmässig von einem oder mehreren Akteuren des familiären Umfelds ausgeübt».

Auf den Punkt gebracht: Aus Sicht der SVP ist es geradezu stossend, dass der Bundesrat bei «diesen Umständen» im Bericht unter dem Titel «Zwangsheirat» keine Möglichkeit gesehen habe, mit einer erneuten Gesetzesrevision eine Verbesserung der Situation der betroffenen Personen zu erwirken – und deshalb auf eine Anpassung von Artikel 105 Ziffer 5 ZGB (sog. Zwangsheirat) verzichtet.

Diese Würdigung ist ein Armutszeugnis sondergleichen und auch im Lichte der fehlgeleiteten Migrationspolitik bzw. der Nichtintegration von bestimmten Migranten, insbesondere Asylanten, zu sehen.

Die Ausgangslage scheint sonnenklar: Eine der gesetzlichen Ehevoraussetzung um die Ehe in der Schweiz eingehen zu können ist, dass Braut und Bräutigam das 18. Altersjahr zurückgelegt haben und urteilsfähig sind. Weil die Ehevoraussetzungen sowie die besonderen Umstände der (regelmässig symbolischen bzw. religiösen) Eheschliessungen im Ausland bei Minderjährigen kaum nachvollzogen bzw. überprüft werden können, scheint es mehr als geboten, dass eine «Minderjährigenehe» nicht einer «Interessenabwägung» unterliegt (mit den einhergehenden, langen Verfahrensdauer) und so nicht einfach weitergeführt werden kann, sondern dass diese in jedem Fall als ungültig gilt. Es ist den Ehewilligen in der Schweiz gemeinhin zumutbar, (jeweils) dass 18. Lebensjahr abzuwarten um die gesetzlich vorgesehene, normale Ziviltrauung vorzunehmen.

Mit Blick auf die Zwangsheirat im speziellen sind gemäss einem Artikel der NZZ vom 6. März 2021 mit dem Titel «Es gibt so viele Zwangsheiraten wie noch nie» im Jahr 2020 von rund 361 Fällen von erzwungenen Ehen durch die Fachstelle Zwangsheirat Kenntnis genommen worden, davon waren rund 1/3 minderjährig (die Dunkelziffer ist offensichtlich unbekannt). So werde das Verbot einer religiösen Vermählung vor der zivilen Hochzeit laut einer Expertin vor allem unter neu Zugewanderten missachtet, etwa im Asylbereich. Auch in solchen Fällen würde aus Sicht der SVP ein generelles Verbot bzw. keine Anerkennung von – irgendwie zustande gekommenen– Minderjährigenehen im Ausland helfen.

Darüber hinaus besteht aus Sicht der SVP auch ein strafrechtlicher Handlungsbedarf. Die Rechtsfolge einer Kinderehe ist heute lediglich, dass die Ehe für ungültig erklärt werden kann (mittels der vorgenannten Interessensabwägung). Strafbar ist die Ehe nur dann, wenn sie als Zwangsheirat qualifiziert wird.

Minderjährige sind jedoch leichter beeinflussbar, können die Folgen ihrer Entscheidungen nur schwer abschätzen und stehen in der Regel in einem Abhängigkeitsverhältnis, entweder gegenüber ihrem Ehepartner oder ihren gesetzlichen Vertretern, welche die Kinderehe mitarrangieren. Aus diesen Gründen soll bei Eheschliessungen bei einem minderjährigen Ehepartner von Gesetzes wegen vermutet werden, dass der Straftatbestand der Zwangsheirat erfüllt ist. Denn eigentlich muss doch das Kindeswohl im Zentrum stehen, dabei sind die Umstände besonders sorgfältig abzuklären – mithin die geistige Reife bzw. die Urteilsfähigkeit der betroffenen «Kinderbräute». Eine Beweislastumkehr in einem geeigneten strafrechtlichen Verfahren kann dabei helfen, schreckliche Schicksale von «Kinderehen» aufzuklären und so gleichzeitig minderjährige Opfer zu schützen.

Schlussendlich sei noch auf die Europaresolution 2233 [2018] hingewiesen:«[…] le mariage d’enfants constituant une forme de mariage forcé, car un enfant ne peut pas être considéré comme ayant exprimé son consentement plein, libre et éclairé au mariage. Un mariage auquel l’une des parties au moins n’est pas libre de mettre un terme ou dans lequel elle n’est pas libre de quitter son conjoint est également un mariage forcé».

 
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