Referat

Eine geopferte Jugend – die Folge der 68er Bewegung

Es reicht nicht aus, einen Teil der heutigen Jugend wegen ihrer Gewaltbereitschaft, wegen ihrer Tendenz zur Selbstzerstörung oder Selbstmord mittels Drogen, wegen ihrer generellen Apathie dem Leben ge

Oskar Freysinger
Oskar Freysinger
Nationalrat Savièse (VS)

Es reicht nicht aus, einen Teil der heutigen Jugend wegen ihrer Gewaltbereitschaft, wegen ihrer Tendenz zur Selbstzerstörung oder Selbstmord mittels Drogen, wegen ihrer generellen Apathie dem Leben gegenüber, ihres Materialismus und ihrer Einfallslosigkeit zu verurteilen. Die eigentlichen Gründe sind bei uns Erwachsenen zu suchen, in der Doktrin der ins Alter gekommenen 68er und den Folgen davon. Was haben wir unseren Kindern in den letzten Jahrzehnten mitgegeben? Welches Erbe haben wir ihnen hinterlassen?

Zuerst haben wir uns, um die sozialen Beziehungen auf eine Horizontale zu bringen, die Ablehnung jeglicher Autorität auf die Fahne geschrieben. Heute ist der Lehrer nicht mehr ein Lehrer und der Schüler nicht mehr ein Schüler. Jedermann ist Alles gleichzeitig und niemand mehr ist an seinem Platz. Wir haben versucht, die menschlichen Wesen zu „befreien“, indem wir die natürlichen Barrieren niedergerissen haben. Wir haben die Familie und damit jeden relevanten Rückhalt im Leben zerstört. Wir haben dies alles durch eine planetarische Anbiederung ersetzt, die von guten Absichten nur so tropft, durch eine Welt umfassende Unkultur, die wir „Multikulti“ nennen.

Unsere Familienpolitik hat sich nach und nach auf die Forderung nach Kinderkrippen reduziert. Der Dialog zwischen Eltern und Kindern hat dem Fernsehbildschirm den Platz überlassen. Wir kommunizieren in vollkommener Einsamkeit mit unseren Computern. Wir sind mit der ganzen Welt vernetzt, sind gleichzeitig aber unfähig, mit unseren Nächsten zu sprechen.

Indem wir um jeden Preis das Böse verdrängen wollen, haben wir unseren Königskindern nur eine Seite des Lebens gezeigt, die glückliche und anziehende Seite, die Sonnenseite. Wir haben unter dem Motto „um jeden Preis jugendlich“ den Tod, das Alter und die Krankheit verschwiegen. Wir haben wohl gehofft, dabei unsere eigenen Ängste vor dem Unvermeidlichen verdrängen zu können. Vor lauter Botox ist unsere Lebensfreude erstarrt, wir haben den gesunden Menschenverstand zu Tode gestylt und der Wahrheit dermassen viele Liftings verpasst, dass sie mit der Zeit fadenscheinig wurde und sich selber auflöste.

Nebenbei haben wir auch den kritischen Geist vernichtet, jegliche Konfrontation über Grundsätzliches aus dem Weg geräumt und durch formelle Scheingefechte ersetzt, um die immer zahlreicheren Narren zu unterhalten. Wir haben die vergebliche Hoffnung genährt, die Dualität der Welt durch einen Einheitsgedanken zu ersetzen zu können, der seither die Absurdität des Lebens als absolutes Dogma aufgestellt hat.

Um diese Absurdität erträglich zu gestalten, haben wir unsere Jugend davon überzeugt, dass nur eine vom Geist geläuterte Welt Freiheit bedeute, weil nur eine sinnlose Welt alles möglich mache und alles rechtfertige. Diese Freiheit, die sich in der Konsumwut, im ungehemmten Genuss und in einem ungebremsten Hedonismus gefällt, hat unzählige unsichtbare Käfige gebaut, Seelengefängnisse, gegen die sich die früheren Einschränkungen wie unendliche Horizonte ausnehmen.

Indem wir die Grenzen des Wirklichen niedergerissen haben, haben wir die innere Landschaft zugemauert, den menschlichen Verstand einbetoniert. Und nun beklagen wir uns über die Härte der Welt. Nachdem wir das Geistige zum Abfall der Geschichte geworfen haben, wundern wir uns heute, dass die Jugend bis zum Exzess materialistisch geworden ist.

Eine abdriftende Schule
Wir haben jegliche Autorität abgeschafft und geben uns heute verwundert über das ständig schlechtere Benehmen sowie über den Mangel an Respekt der Jugendlichen. Die Lehrer, einst die Pfeiler dieser Autorität, büssen nach und nach ihren Status ein und werden je länger je weniger geachtet. Hinzu kommt, dass die Lehrpersonen bei den immer gewalttätigeren Konflikten mit den Jugendlichen von ihrer eigenen Hierarchie oft im Stich gelassen werden.

Um die Demobilisierung der Eltern und das Abdanken der Pädagogen zu kompensieren, haben wir unser Schulsystem in einer abwärts drehenden Spirale zu Tode reformiert. Seither lächelt die Chancengleichheit unter der traurigen Maske der Niveaulosigkeit.

Die Chancengleichheit wird von unseren Institutionen erbarmungslos nach unten nivelliert. Die notwendigen Kenntnisse in Hinsicht auf berufliche Zukunft und sozialen Aufstieg durch eigene Kraft sind dem kurzlebigen Wohlbefinden des Individuums zum Opfer gefallen. Laut diesem Credo ist jeder Mensch von sich aus genial, das Wissen ist von Beginn an in ihm drin, was ihm die Unannehmlichkeiten des harten Erlernens eines Berufes ersparen soll.

Die Gleichheit spielt sich auf Bodenhöhe ab und die so verpönten Eliteposten teilen jene Leute unter sich auf, die es sich leisten können. Unter ihnen, und nicht einmal knapp an der Zahl, die „Kaviar-Linken“, die für diesen Scherbenhaufen verantwortlich sind und dem selbst geschaffenen Chaos erleichtert den Rücken zuwenden.

Hurrah, der Mensch erhebt sich wieder, indem er wieder zurück auf die Bäume klettert. Die Kultur ist dem Kulturismus gewichen. Diese Übung sollte Das Baumklettern erleichtern, und wenn nicht, werden EPO, Wachstumshormone und Viagra die Bemühungen des Menschen zur physischen Erhebung unterstützen. Der Fall ist ja umso lustvoller, je tiefer man fällt.

Geistiges Vakuum und Krieg der Subkulturen
Was wir unseren Kindern mitgegeben haben, ist nicht auf die Dauer ausgelegt, trägt dem Unveränderlichen nicht Rechnung. Wir haben sie im Gegenteil in eine Lauge wechselnder Meinungen und vergänglicher Modetrends getaucht. Wir haben zwielichtige Gestalten sakralisiert und das Heilige banalisiert.

Heute sieht sich unsere ausgelaugte und apathische, knapp der Fristenlösung entronnene Jugend einer ständig wachsenden Zahl fanatischer junger Leute gegenüber, die in den Madrassas Indonesiens und Pakistans einer unbarmherzigen Hirnwäsche unterzogen worden sind. Hier das Vakuum, dort das Übermass, hier die Unlust am Leben, dort das Streben nach Martyrium und der Wunsch, das eigene Leben zu opfern. Aber das „Dort“ befindet sich immer öfter unmittelbar in der Nachbarschaft, in hermetisch abgeschlossenen Ghettos, wo eine Parallelkultur gepflegt und jegliche Integration strikte abgelehnt wird. All zu viele Lehrerinnen können die Unmöglichkeit bezeugen, sich gegenüber dem Patriarchengehabe, wenn nicht der Frauenfeindlichkeit durchzusetzen, die aus dem Balkan oder muslimischen Ländern importiert wurden.

Und was tun unsere Jugendlichen? Statt ihre Muttersprache besonders zu pflegen, versuchen sie in ihrer Aussprache und ihrer Kleidung, die importierten Subkulturen zu kopieren. Im gegenteiligen Fall kommt es zu offenen Konflikten, wie sie in unseren Strassen zwischen jugendlichen Schweizern und schlecht integrierten Ausländerbanden ständig öfter stattfinden.

Hirnwäsche via Fernsehen und Gewalt
Um diesem Antagonismus zu entrinnen gibt es dank „second life“ glücklicherweise ein paralleles, virtuelles Leben. Um unserer Jugend zu helfen, der Realität zu entfliehen, haben wir ihr die Verwendung der Fernbedienung beigebracht. Diese ermöglicht es, sich schnell abwechselnde, positive Bilder anzusehen und an der Oberfläche des Lebens zu bleiben. Jede Tiefe ist aus der Welt verbannt worden, aus einer Welt, in der wir von unseren Nachkommen verlangen, auf den Eisflächen der Gemeinplätze nach einer vorgegebenen, von Sex und Gewalt gekennzeichneten Choreografie Pirouetten zu drehen.

Denn mit dem Tod des Geistigen, des Unveränderlichen und der Tiefe haben sich auch die Kreativität und die Würde aus der Welt verabschiedet. Eine Menge junger Pseudo-Kreativer versucht, die Kulturlosigkeit als neuen Wert hoch zu stilisieren, ihr Genie durch leicht erworbenes Analphabetentum auszudrücken. Um uns dafür zu entschuldigen, ihnen das Erlernen der Tonleiter vorenthalten zu haben, haben wir ihnen immer teurere Klaviere gekauft. Nun spielen sie auf diesen Instrumenten, indem sie laut darauf herumtrampeln und sich grölend als neue Genies feiern lassen. Es kann auch mal vorkommen, dass die Füsse in Stiefel rutschen und auf Gesichter treten. Aber die Jugend muss sich ja ausleben und die Freiheit sich ausdrücken können.

In der heutigen Welt kann alles entschuldigt, erklärt und gerechtfertig werden, ausgenommen die Tatsache, das Opfer zu sein. Denn das Opfer passt einfach nicht in die Landschaft und schränkt den Freiheitsbereich ein. Pervers ist, dass das wirkliche Opfer immer der Vergewaltiger, der Geschädigte immer der Dieb, der Unterdrückte immer der Dealer oder Schläger ist. In der Welt, die wir unseren Kindern hinterlassen, hat Jedermann seine Rechte, ausser derjenige, der seine Aufgabe erfüllt.

Eine Hoffnung trotzdem
Es gibt aber einen Hoffnungsschimmer. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit und inmitten des kulturellen Ruinenfeldes, das wir zurückgelassen haben, rebellieren bestimmte Jugendliche und ermahnen uns Erwachsene zur Vernunft. Sie wollen ihre Wurzeln, den Respekt und die Würde wieder finden. Sie wollen an den Mehrwert gut verrichteter Arbeit glauben und wieder auf ein gegebenes Wort zählen können. Sie sprechen wieder von Treue, Abstinenz, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit. Nach authentischen Werten lechzend, reden sie uns demobilisierten Eltern, mutlosen Lehrern und pervertierten Vorbildern ins Gewissen.

Diese Jugend weckt neue Hoffnungen. Sie allein kann die Ehre unseres Nationalsymbols, des Schweizer Kreuzes, retten, und in einem weiteren Sinn auch unsere Zivilisation und unsere Menschlichkeit. Diese Jugend hat begriffen, dass die Freiheit Anstrengungen verlangt, dass sie mit Willenskraft erkämpft werden muss und die Würde des Menschen nur durch die Absteckung eines gewissen Rahmens garantiert werden kann.

Diese Jungen haben ein neues Freiheitsideal. Sie wissen auch, dass sie dieses Ideal nur erreichen können, wenn sie an sich arbeiten. Sie haben keine Ohren für den Lockruf des leichten Lebens und schmieden sich ihre Waffen im Kampf des Alltags. Sie wagen wieder von Moral zu sprechen, von unantastbaren, heiligen Werten. Sie wagen zu behaupten, dass das menschliche Leben lebenswert ist, und dass es sich lohnt, für sein Ideal zu kämpfen.

Nein, die Jugend ist nicht verloren und dies trotz unserer Bemühungen, sie zu pervertieren. Von der Jugend selbst wird der Impuls für die Bewegung ausgehen, die unseren Rechtsstaat, unsere Kultur und unsere Zivilisation retten wird.

Oskar Freysinger
Oskar Freysinger
Nationalrat Savièse (VS)
 
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