Referat

Ernährungssouveränität: Qualität und Versorgungssicherheit

Der Nationalrat hat sich in der Herbstsession mit 108 zu 45 Stimmen sehr deutlich für einen parlamentarischen Vorstoss zur gesetzlichen Verankerung der Ernährungssouveränität ausgesprochen, welcher…

von Ingeborg Schmid, Gemeindepräsidentin, Bühler (AR)

Der Nationalrat hat sich in der Herbstsession mit 108 zu 45 Stimmen sehr deutlich für einen parlamentarischen Vorstoss zur gesetzlichen Verankerung der Ernährungssouveränität ausgesprochen, welcher auch von der SVP vorbehaltlos unterstützt wird. Mit dieser Initiative soll der Zweckartikel im Schweizerischen Landwirtschaftsgesetz neu wie folgt umschrieben werden: Der Bund sorgt dafür, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige, auf den Markt und die Ernährungssouveränität ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur sicheren Landesversorgung. Der Bund würde mit dieser Ergänzung gesetzlich beauftragt, sicherzustellen, dass der Lebensmittelbedarf der Bevölkerung vorwiegend durch eine qualitativ hochwertige, nachhaltige und diversifizierte einheimische Produktion gedeckt wird.

Versorgungssicherheit
Eine Kernforderung der SVP ist eine unabhängige, freiheitliche und souveräne Schweiz. Um diese Unabhängigkeit zu gewährleisten will die SVP der EU nicht beitreten und die immer währende bewaffnete Neutralität beibehalten. Eine solche umfassend verstandene Unabhängigkeit basiert auf mehreren unverzichtbaren, nebeneinander stehenden Säulen. Von zentraler Bedeutung ist neben der Fähigkeit zur Landesverteidigung und der eigenen Energieversorgung auch die Fähigkeit, eine eigenständige und unabhängige Versorgung der Bevölkerung mit gesunden und hochwertigen Nahrungsmitteln, die aus dem eigenen Boden produziert werden, aufrecht zu erhalten. Ernährungssouveränität bedeutet, dass jedes Land eigenständig und selbstverantwortlich seine eigene ökonomische und ökologische Landwirtschafts- und Ernährungspolitik bestimmen und umsetzen kann.

Ein völlig ungehinderter freier Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Nahrungsmitteln der 1. und 2. Verarbeitungsstufe wird zu mehr Nahrungsmittelimporten in die Schweiz führen. Soweit sind sich alle einig. Bäuerliche Organisationen schätzen, dass sich die Nahrungsmittelproduktion nahezu halbieren könnte. Der Bundesrat ist zurückhaltender, kommt aber auch auf durchschnittlich mehr als 25 % Reduktion. Die Schweiz ist schon heute das europäische Land, das pro Kopf – gemessen am Wert der Produkte – am meisten Nahrungsmittel einführt. Wir produzieren gerade einmal noch gut 55 % aller bei uns konsumierten Nahrungsmittel und importieren rund 45 %. Bei einer Halbierung der Produktion hätten wir einen Selbstversorgungsgrad der unter 30 % liegen würde. Der Verfassungsauftrag der „sicheren Versorgung der Bevölkerung“ wäre damit sicherlich nicht mehr gewährleistet. Das dürfen wir nicht zulassen.

Schweizer Qualität
In der Schweizer Landwirtschaft hat die Ökologie einen hohen Stellenwert. Das ist gut so, das wird von den Konsumenten gewünscht, aber es ist eben auch nicht ganz gratis. Gemessen am durchschnittlichen Haushaltbudget geben wir Schweizer mit einem Anteil von 7 – 8 Prozent jedoch weit weniger für Lebensmittel aus, als praktisch alle unsere Nachbarn in der EU. Trotzdem können wir Nahrungsmittel von hoher Qualität geniessen, welche von Schweizer Bauern unter Einhaltung vieler Vorschriften so effizient wie irgend möglich produziert wurden. Diese Qualität können wir aber nicht mehr kontrollieren und aufrechterhalten, wenn wir nur noch kaufen können, was uns aus dem Ausland angeboten wird. Verschiedene Lebensmittelskandale (Gammelfleisch in Deutschland, Babynahrung aus verseuchtem Milchpulver in China etc.) zeigen, dass es sich hier nicht um Angstmacherei handelt, sondern um handfeste Probleme. Die SVP fordert, dass an sämtliche Importprodukte die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an die inländische Produktion. Dies betrifft insbesondere die ökologischen Auflagen, die Tierschutzbestimmungen sowie die sozialen Standards der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Der Bund soll den Handel zudem verpflichten, die positiven Deklarationsmerkmale der Schweizer Produkte entsprechend klarer und direkter zu kommunizieren.

Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft bedeutet nicht, dass einzig die Maximierung des Profits das Ziel ist, d.h. die Produktion einer möglichst grossen Menge zu einem möglichst tiefen Preis angestrebt wird. Nachhaltigkeit heisst vielmehr, dass eine dezentrale und multifunktionale Struktur in der Landwirtschaft gefördert wird, dass Know-how erhalten und erweitert wird und dass die wichtigsten Produktionsfaktoren wie Boden und Wasser gepflegt und geschont werden. Dafür wurden viele Vorschriften in der Schweiz erlassen. Zu einer nachhaltigen Sichtweise gehört auch die Berücksichtigung anderer, mit dem Agrarbereich eng verknüpfter Branchen wie die nachgelagerte einheimische Industrie der Nahrungsmittelverarbeitung sowie der Tourismus. Die Schweizer Bauern sind äusserst vielseitige Fachleute, welche weit mehr Aufgaben erfüllen als säen, ernten, melken usw. Sie sind imstande, auch in Zukunft und langfristig einen entscheidenden Beitrag an die Stabilität der Landesversorgung und damit an die Souveränität zu leisten, vorausgesetzt die Schweiz steht zu einer eigenen Landwirtschaft und unterstützt diese durch eine eigene und unabhängige Agrarpolitik.

Die Ernährungssouveränität als Teil einer gesamtheitlichen Politik für eine unabhängige und eigenständige Schweiz bedarf einer klaren Agrarpolitik, welche den Fortbestand der einheimischen Landwirtschaft und eines eigenen Bauernstandes sichert und unterstützt. Eine solche Agrarpolitik muss sich aber auch klar und deutlich abwenden von allen Bestrebungen nach einem globalen Agrarfreihandel. Sie muss den Schweizer Produzenten in der Landwirtschaft ein angemessenes Einkommen ermöglichen und die dazu notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.

 

 
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